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Der Computer meldete sich mit einem melodischen Laut betriebsbereit, und Braun tippte mit sorgfältigen Bewegungen eine achtstellige Ziffer in die Tastatur, bestätigte sie und gab sie dann noch einmal und in umgekehrter Reihenfolge ein.

Der Bildschirm wurde grün. Braun wandte seinen Blick der kleinen Kamera links neben dem Monitor zu, legte die flache Hand auf die Metallscheibe und sagte langsam und sehr deutlich: »Autorisation Braun 7947. Selbstzerstörungsprogramm aktivieren.«

Einige Sekunden lang geschah gar nichts. Dieser Computer hier war noch kleinlicher als der elektronische Zerberus, der den Safe in seinem Büro überwachte. Er kontrollierte und verglich nicht nur seine Fingerabdrücke, sondern auch seinen Netzhautscan und sein elektronisches Stimmprofil, und außerdem die vierstellige Codenummer. Hätte auch nur einer dieser drei Faktoren nicht gestimmt, so hätte Braun keinen zweiten Versuch gehabt. Der Computer hätte nicht nur das Programm abgebrochen, sondern auch den Sprengkörper unter dem Metallsarg auf eine Weise entschärft, daß selbst ein Spezialist Stunden brauchen würde, um ihn wieder einsatzbereit zu machen.

Der Computer akzeptierte seinen Code. Der Bildschirm wurde wieder schwarz, und als Braun die Hand zurückzog, sagte eine elektronische Frauenstimme: »Das Selbstzerstörungsprogramm wurde aktiviert. Bitte Zeitverzögerung eingeben.«

»Zehn Minuten«, antwortete Braun, dann verbesserte er sich: »Fünfzehn.«

»Der Countdown startet jetzt«, bestätigte die Stimme »Sie können ihn jederzeit durch einen Druck auf eine beliebige Taste abbrechen.« Auf dem Bildschirm erschien eine sechsstellige Anzeige, die Minuten, Sekunden und Zehntelsekunden darstellte. Das letzte Zahlenpaar wurde rasend schnell kleiner.

Braun drehte sich herum, und ein Schemen in einem weißen Kittel sprang ihn an und riß ihn von den Füßen. Braun fiel, prallte mit der Schläfe gegen das Metallbein eines Schreibtisches und keuchte vor Schmerz, als sich ein Knie in seinen Leib bohrte. Gleichzeitig trafen zwei, drei harte Schläge sein Gesicht mit solcher Kraft, daß er fast Angst hatte, das Bewußtsein zu verlieren. Trotzdem schlug er instinktiv zurück, traf etwas Weiches und fühlte, wie sich die erstickende Last von ihm löste. Ein schmerzhaftes Keuchen erklang, aber es war nicht seine Stimme.

Hastig wälzte er sich herum und erkannte zu seiner maßlosen Verblüffung, daß niemand anders als Grinner ihn attackiert hatte. Der junge Forschungsassistent richtete sich umständlich neben ihm auf, drehte sich herum und streckte die Hand nach der Tastatur des Computers aus, zweifellos aus keinem anderen Grund, als den, den Countdown zu unterbrechen, und Braun trat ihm vor den Knöchel.

Grinner brüllte vor Schmerz und kippte zur Seite. Seine ausgestreckten Hände verfehlten die Tastatur um Millimeter und schlugen mit solcher Kraft auf die Schreibtischkante, daß er sich vermutlich ein paar Finger brach.

Noch bevor er ganz zu Boden stürzen konnte, war Braun über ihm, riß ihn an den Haaren wieder in die Höhe und schmetterte ihm die Faust ins Gesicht. Dann packte er seinen linken Arm, wirbelte Grinner herum und ließ ihn mit solcher Wucht wieder los, daß Grinner hilflos durch das Labor stolperte und rücklings gegen die Glasfront der Isolierkammer prallte.

Braun zog seine Waffe und schoß ihm zwei Kugeln in die Brust.

Mindestens eines der Geschosse mußte Grinners Körper durchschlagen haben, denn die Glasscheibe hinter ihm zerbarst wie unter einem Hammerschlag. Eingehüllt in einen Hagel explodierender Scherben brach Grinner zusammen und kippte halb in die Isolierkammer hinein.

Braun überzeugte sich mit einem hastigen Blick davon, daß der Countdown noch weiterlief. Die Zahlen rasten unbeeindruckt der Null entgegen. Es war Grinner nicht gelungen, das Programm zu unterbrechen. Die Digitalanzeige verriet Braun sogar, daß der heimtückische Angriff nicht einmal eine halbe Minute gedauert hatte.

Er trat um das Pult herum, humpelte auf Grinner zu und schoß ihm eine weitere Kugel in den Leib.

»Du verdammter, undankbarer Hurensohn!« brüllte er. »Was hast du dir dabei gedacht?! Ist das der Dank für das, was ich für dich getan habe?!« Während er auf Grinner zuhumpelte, feuerte er wieder, und wieder, und noch einmal. Schließlich hatte er ihn erreicht, beugte sich über ihn und setzte die Waffe direkt über seinem Nasenbein auf. Er wollte sehen, wie Grinners Geist aus seinem blöden verräterischen Hirn spritzte.

»Dämliches Arschloch!« sagte er und drückte ab. Der Hammer schlug klickend ins Leere, und synchron zu diesem Geräusch hob Grinner die Lider und starrte ihn an.

Eine Mischung aus Unglauben und eisigem Entsetzen durchfuhr Braun. Für eine halbe Sekunde konnte er einfach nicht glauben, was er sah, und für die zweite Hälfte derselben Sekunde war er einfach unfähig vor Schrecken, sich zu rühren. Dann spürte er den Schmerz.

Ganz langsam senkte Braun den Blick und sah an sich herab. Grinner hatte eine blutige Hand gehoben und eine zwanzig Zentimeter lange, gekrümmte Glasscherbe ergriffen, die er ihm langsam, aber mit unwiderstehlicher Kraft in den Leib bohrte.

37

Das erste, was sie sahen, als sie aus dem Aufzug traten, war die Leiche eines von Brauns Agenten. Ein zweiter, regloser Körper lag nur ein kleines Stück entfernt. Der Boden und die Wände waren voller Blut, und der Zustand der beiden Leichen ließ keinen großen Zweifel daran aufkommen, wem sie zum Opfer gefallen waren.

Bremer machte einen schnellen Schritt aus dem Aufzug heraus, gab Angela mit einer Geste zu verstehen, daß sie zurückbleiben sollte (Er kam sich selbst dabei lächerlich vor, aber fünfzig Jahre alte Reflexe ließen sich nun einmal nicht so schnell abschütteln) und sah sich mit klopfendem Herzen um. Wenn ihn seine Erinnerung nicht täuschte, dann hatte Braun fünf Agenten bei sich gehabt, als er ihn das letztemal gesehen hatte. Zwei davon hatte der Dämon oben im Flur erledigt, und zwei weitere lagen hier. Wo war der fünfte Mann?

Als hätte sie seine Gedanken gelesen, berührte ihn Angela in diesem Moment an der Schulter und deutete gleichzeitig mit der anderen Hand den Gang hinab. In dem kalten Neonlicht, das hier unten herrschte, konnte Bremer erkennen, daß er nach einem knappen Dutzend Schritten vor einer massiven Stahltür endete. Brauns letzter Agent hockte auf den Knien vor dieser Tür und hatte die zu Krallen verkrümmten Hände gegen das Metall geschlagen. Sein Kopf fehlte.

Wortlos gingen sie weiter. Die Tür hatte keinen Griff oder irgendeinen anderen sichtbaren Öffnungsmechanismus, aber es gab eine kleine Zifferntastatur an der Wand daneben. Während Bremer vorsichtig den toten Agenten zur Seite schleifte, machte sich Angela mit geschickten Bewegungen daran zu schaffen.

Nach ein paar Sekunden sagte sie: »Sesam, öffne dich!« und die Tür sprang mit einem Summen zwei Fingerbreit auf.

Bremer hielt den Atem an. Nichts geschah. Braun schoß nicht durch den Türspalt auf sie, und es lauerte auch kein Dämon in der Dunkelheit. Er atmete hörbar aus, stemmte sich mit der unverletzten Schulter gegen die Tür und drückte sie mit einiger Anstrengung auf. Hinter ihm zog Angela ihre Waffe, wartete, bis der entstandene Spalt breit genug war, und schlüpfte dann mit einer Drehbewegung hindurch. Bremer selbst wartete noch zwei, drei Sekunden. Als weder Schüsse fielen, noch sonst etwas geschah, folgte er ihr auf die gleiche Art.

Angela hatte sich bereits hinter einem massiven Pult in der Nähe der Tür verschanzt. Er huschte geduckt zu ihr, kauerte sich hinter die gleiche Deckung und warf ihr einen fragenden Blick zu, aber Angela deutete nur ein Achselzucken an. Sie lauschten, hörten aber nichts anderes als das leise Summen der Klimaanlage und ihre eigenen Atemzüge.

Angela atmete tief ein, wieder aus und dann noch einmal ein und sprang dann mit einem Ruck in die Höhe. Die Waffe in ihren weit nach vorne gestreckten Händen beschrieb einen rasenden Dreiviertelkreis durch den Raum und bewegte sich dann etwas langsamer noch einmal zurück. Dann ließ sie mit unüberhörbarer Erleichterung die Arme sinken und sagte: »Es ist alles in Ordnung. Du kannst aufstehen. Es ist vorbei.«