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8

Chester Smith war Fußlahm vom Scharwenzeln. Walter Falken­roth, der Chessys größter Kunde war, solange sein neues Haus gebaut wurde, war kein unfreundlicher Mensch, doch wenn er sagte: »Spring!«, erwartete er, daß Chessy fragte: »Wie hoch?« Sofern Chessy jedoch gehofft hatte, in der Küche seiner Mutter ein bißchen Frieden zu finden, wurde er schwer enttäuscht.

Chessys Mutter und seine Frau verachteten einander von gan­zem Herzen, und das schon, seit er und Juts sich kennen gelernt hatten. Am Tag ihrer Hochzeit waren alle Freunde beim Gottes­dienst versammelt, bis auf Mutter Smith, die Krankheit vor­schützte. Beide Frauen glücklich zu machen oder sie wenigstens davon abzuhalten, sich gegenseitig an die Gurgel zu springen, erforderte elegante Ausweichmanöver.

Mutter Smith, die gebaut war wie ein Schrank, schrubbte ihr Spülbecken, während sie ihn zusammenstauchte.

».unter dem Pantoffel.«

»Ich bitte dich, Mutter.«

»Doch, sie hat dich vollständig unter dem Pantoffel. Der Rest der Familie wird hier sein, und du solltest auch hier sein.«

»Das kauen wir jedes Jahr durch.« Er saß auf dem Fußboden, die Beine von sich gestreckt, und beugte sich zurück, um ein Scharnier an einem Schränkchen rechts vom Spülbecken zu reparieren.

»Du gehörst hierher, zu mir. Nicht zu diesen Hunsenmeirs. Die passen nicht zu uns. Sie kann zu ihren Leuten gehen, du kommst nach Hause.« Als ihr Sohn nicht antwortete, fuhr sie fort: »Du hast unter deinem Stand geheiratet, Chester.« Sie stieß einen gekonnten Seufzer aus. »So etwas kommt vor, aber du brauchst dich nicht mit ihnen gemein zu machen. Du gehörst am Ostersonntag hierher, mit deinen Brüdern. Oh, Onkel Will kommt aus Richmond, und Onkel Lou kommt mit dem Zug aus Harrisburg.«

Ächzend zog Chessy eine Schraube fest, und mit jeder Dre­hung spannten sich auch die kräftigen Muskeln seines Unterarms an. »Mutter, Weihnachtsessen hier, Osteressen dort. Laß uns nicht solche Umstände machen.«

»Ich mache keine Umstände. Ich versuche dich zur Einsicht zu bewegen.« Sie wrang ihren Spüllappen aus und drehte das Wasser ab. »Um in dieser Welt weiter zu kommen, muß man sich mit den richtigen Leuten verbinden.«

»Ich bin ganz zufrieden.«

»Es könnte besser sein.«

»Mir gefällt, was ich tue.«

»Du bist der Älteste, Chester. Du solltest mit gutem Beispiel vorangehen. Joseph ist schon wieder befördert worden.« Sie hielt inne, und bevor sie »bei Bulova Watch« sagen konnte, wo Joseph arbeitete, unterbrach ihr Sohn sie ruhig.

»Ich bin nicht so klug wie Joseph und nicht so ehrgeizig wie Sanford.« Chester nannte seine Brüder wohlweislich nicht bei ihren Spitznamen, die seine Mutter zu gewöhnlich fand. »Ich komme zurecht.«

Rupert Smith, wie Chester ein kräftiger Mann mit breitem Brustkasten, öffnete die Hintertür. »Hallo, mein Sohn.«

»Hi, Dad.«

»Chester, kein Slang in meiner Gegenwart.«

Rupert legte die zusammengefaltete Zeitung, die er unterm Arm trug, auf den Tisch, als sei sie aus zartem Porzellan. »Ich könnte ein kaltes Bier vertragen. Leistest du mir Gesellschaft?«

»Klar.«

»Wenn ihr Alkohol trinken wollt, dann geht nach hinten auf die Veranda. Ich will nicht, daß jemand ins Haus kommt und.«

»Jo, wir trinken unser Bier hier in der Küche.«

Sie schmiß einen Holzlöffel hin. »Dann könnt ihr es euch sel­ber holen.«

Rupert ging zu dem kleinen hölzernen Eisschrank mit dem Eiskasten oben drauf und holte zwei langhalsige braune Fla­schen mit gutem Pennsylvania-Bier heraus. Er reichte Chester eine, dann öffnete er seine Flasche und schlug die Zeitung auf. Ruperts Vorstellung von Unterhaltung bestand darin, die Schlagzeilen laut vorzulesen.

»Hier steht, in Hagerstown wurde ein Mann verhaftet, weil er sich als Finanzier aus New York City ausgegeben hat.«

»Rupert«, warf Jo ein, »sag deinem Sohn, er soll zum Osteres­sen kommen.«

»Ich nehme an, das weiß er, Liebes.«

Entrüstet stürmte sie aus der Küche. »Ihr Männer haltet immer zusammen.«

Rupert beachtete sie nicht und las die nächste Schlagzeile. »Nevada von Stürmen heimgesuchte.« Er las schweigend wei­ter. »Da draußen sind fünf Zentimeter Regen eine Flut. Ich würde den Westen gern einmal sehen.«

»Ich auch.« Chester trank seine Flasche leer. Er mußte ma­chen, daß er nach Hause kam. »Dad, ich muß zurück.«

»Oh.« Rup sah von seiner Zeitung auf. »Kannst du nicht ver­suchen, Ostern nach der Kirche mal vorbeizuschauen? Das würde das Leben hier leichter machen.«

Chester hatte ein Gefühl, als würde sein Magen mit Batterie­säure überschwemmt. »Dad, das ist nicht so einfach.«

Rupert sagte nichts und wandte sich wieder seiner Zeitung zu. Chester wusch seine Bierflasche aus und warf sie in den Abfall­eimer unter dem Spülstein. Er ging durch den Flur, um sich von seiner Mutter zu verabschieden, die den großen Mahagoni­Eßtisch polierte.

»Bis dann, Mutter.«

Ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, brummte sie: »Du könntest wenigstens einmal eine Ausnahme machen. Vielleicht ist dies das letzte Mal, daß wir alle zusammen sind. Du weißt, Lou geht es nicht gut.«

Diese Masche war Chester allzu vertraut. Den Köder schluck­te er nicht. »Tut mir Leid, das zu hören.«

»Wenn du erst Kinder hast, werden wir unseren Feiertagsplan umstellen.«

»Es war eine lange Dürrezeit.« Er lächelte verkniffen. Auch seine Brüder hatten keine Kinder.

»Ihr habt lauter unfruchtbare Frauen geheiratet.«

»Vielleicht liegt es an uns.«

Scharf entgegnete sie: »O nein. Unsere Familie hatte nie die­ses Problem, die Familie deines Vaters auch nicht.« Sie schüt­telte den Kopf. »Es liegt an den Frauen.«

»Falls ich Sonntag nicht vorbeikomme, frohe Ostern, Mutter.«

Er ging zur Hintertür hinaus. Wortlos fuhr sie mit dem Polie­ren fort. Sein Vater steckte die Nase in die Zeitung.

Eine halbe Stunde später als angekündigt öffnete Chessy die Hintertür zu seinem Haus.

Juts, die ihre Schürze mit Blumenmuster trug, begrüßte ihn: »Du kommst spät, verdammt noch mal, und mir ist die Leber verbrannt.«

»Ich war bei Mutter.«

»Der alte Drachen hat dich festgehalten, bloß um mir eins auszuwischen.«

Chester küßte Juts auf die Wange, zog seinen Mantel aus, dann wusch er sich die Hände. »Bin gleich so weit.«

Sie rief ihm nach: »War sie wegen dem Osteressen auf dem Kriegspfad?«

»Weiß ich nicht, Schatz, das geht bei mir zum einen Ohr rein und zum anderen raus. Du weißt, daß ich nicht auf sie höre.«

Tat er aber. Chester hörte auf jeden, und früher oder später würde sein Schweigen zu einer unerträglichen Last werden.

9

»Aber Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmer­zen auf sich geladen. Doch Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt.<«

»>Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe: Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.<«

Als Pastor Neely den Karfreitagsintroitus las, sprach Juts, ele­gant in gedämpfte Farben gekleidet, einen Schleier vor dem Gesicht, automatisch die Antworten. Die Liturgie sagte ihr zu; sie kannte sie für den gesamten Kirchenkalender auswendig.

Sie teilte sich ein Gesangbuch mit ihrer Mutter, doch ihre Ge­danken schweiften ab, obwohl sie die richtige, schmerzliche Antwort auf den Lippen trug:»Erhöre mein Gebet, o Herr, und lasse mein Rufen zu dir kommen.<«

Juts zählte die Namen in der Gemeinde, hauptsächlich Frauen. Die Männer hatten sich heute nicht von der Arbeit frei genom­men oder frei nehmen können, aber sie wußte, daß jede Dame, die da in Trauerhaltung saß, ihren Ehemann pflichtschuldig zum Ostergottesdienst schleppen würde. Wer krank war, würde auf einer Trage gebracht. Niemand versäumte den Ostergottes­dienst.