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»Harper Wheeler wollte sie nicht dabehalten. Er sagte, für die zwei ist kein Gefängnis groß genug.« Cora seufzte. »Harmon Nordness ließ auch nicht zu, daß eine ins Gefängnis von Nord- Runnymede kommt.«

Celeste, die inzwischen aufgestanden war, um über Ramelles Schulter zu lesen, kicherte. »Verzeihung.« Sie fing sich wieder.

»Tu dir nur keinen Zwang an«, sagte Cora.

Bald lachten alle beide, Celeste und Ramelle.

Ramelle las Popeye Huffstetlers Kommentar laut vor: »... Die Auseinandersetzung wurde nach Aussage von Vaughn Cadwal­der durch die Frage ausgelöst, warum Mrs. Chester Smith sich freiwillig zum Militär melden würde. Mrs. Paul Trumbull nahm ihrer Schwester, Mrs. Smith, die Erklärung übel, sie würde sich bloß melden, um von ihr wegzukommen. Die beiden Damen sind gegen Kaution frei, die von ihren jeweiligen Ehemännern gestellt wurde. Sheriff Harper Wheeler wies Mr. Smith und Mr. Trumbull an, ihre Ehefrauen in Schach zu halten. Mr. Smith soll daraufhin gesagt haben:Nicht mal Adolf Hitler könnte Juts in Schach halten. < Mr. Flavius Cadwalder, der Besitzer von Cad­walders Drugstore, sieht von einer Anzeige ab, da Mr. Smith und Mr. Trumbull eingewilligt haben, in voller Höhe für den Schaden aufzukommen, der auf dreihundertachtundneunzig Dollar geschätzt wird.«

Ramelle holte Luft. »Dreihundertachtundneunzig Dollar! Mein Gott, Cora, was haben sie angestellt?«

»Kommt drauf an, wer die Geschichte erzählt.« Die korpulen­te Frau zuckte die Achseln.

»Was meinst du?«, fragte Celeste ihre Freundin und Ange­stellte seit vielen Jahrzehnten, während sie sich wieder hinsetz­te. Sie war zu hungrig, um weiter über Ramelles Schulter mitzu­lesen.

»Louise saß auf ihrem Dach fest.«

»Was?«, unterbrach Ramelle.

»Sie hat ein Vogelnest aus dem Schornstein geräumt. Die Lei­ter ist umgefallen, und Juts kam Stunden später vorbei. Aber sie wollte die Leiter nur aufstellen, wenn Louise ihr den schönen Osterhut schenkt, den sie sich bei Bear's gekauft hat.«

»Ich fand ja schon immer, daß Julia das Zeug zu einer großen Politikerin hat.« Celeste biß in ein federleichtes Biskuit.

»Wenn die eine hüh sagt, sagt die andere hott.« Cora schenkte Ramelle frischen Kaffee ein. »Zum Teil kommt es daher, daß Mary und Maizie ihre Mutter zum Wahnsinn treiben. Das biß­chen Geduld, das Louise hat, ist.« Cora wedelte mit der Hand, um anzudeuten, daß die Geduld sich verflüchtigt hatte.

»Es fällt schwer, sich Louise als Mutter vorzustellen«, sagte Celeste. »Es fällt sogar schwer, sich Louise als Ehefrau vorzu­stellen. Ich sehe immer noch das kleine Mädchen mit den lan­gen Locken vor mir, das in meinem Salon Klavier spielt.« Sie klopfte auf die Rückseite der Zeitung, die Ramelle eifrig las. »Natürlich fällt es auch schwer, sich dich als Mutter einer zwanzigjährigen Tochter vorzustellen.«

»Ja«, sagte Ramelle lachend, »aber meine ist eine erwachsene Frau in Kalifornien. Juts und Louise sind große Kinder direkt hier vor unserer Nase.«

»Sag mal, Cora, wie wollen die Ehemänner denn dreihundert­achtundneunzig Dollar aufbringen?«

»Ich hab sie nicht gefragt.«

»An deiner Stelle würde ich mich auch nicht genauer erkundi­gen.« Celeste ließ sich den köstlich knusprigen Speck auf der Zunge zergehen.

3

Chessy Smith fuhr mit den Fingern über die dunkle Kirsch­holzmaserung. Walter Falkenroth ließ seine geräumige Biblio­thek mit Kirschholz auskleiden. DerClarion mußte tonnenwei­se Geld abwerfen, denn Walters neues Haus war so groß wie ein Flugzeughangar. Chessy nahm das überschüssige Holz mit nach Hause, um für Juts zwei Nachtkonsolen zu zimmern. Chester Smith war der Besitzer der Eisenwarenhandlung. Als Neben­verdienst fertigte er in einer Werkstatt hinter dem Laden Schränke, Stühle und Tische an. Auf diese Weise verschwende­te er nie Zeit. Wenn das Geschäft schleppend lief, brachte er dennoch etwas zustande.

Juts kam in seine Werkstatt getänzelt. Obwohl sie im Juni vierzehn Jahre verheiratet waren, stieß sie immer zunächst den Zweisigpfiff aus und klopfte dann an die Tür. Sie tat dies teils aus Respekt, teils aber aus Vorsicht. Wenn ihr großer, blonder Mann über eine Bandsäge oder eine Bogensäge gebeugt war, wollte sie ihn nicht erschrecken. Im Augenblick maß er aller­dings nur die Proportionen seiner Entwürfe für die Nachtkonso­len.

»Komm rein.«

Sie stieß die Tür auf. »Schatz, draußen sind es nur noch acht Grad. Mach lieber den Ofen an.«

»Ich bleib nicht lange hier. Bin gleich zu Hause.«

Sie setzte sich auf eine schwere Eichenbank. »Bist du mir noch böse?«

Julia Ellens gnadenlose Vitalität hätte einen Roboter klein ge­kriegt. Ihre schamlose Mißachtung jeglicher Schicklichkeit hatte ihn angezogen, als sie sich kennen lernten. Sie zog ihn noch immer an, doch es gab Momente, da Chessy eine fügsame Frau vorgezogen hätte, die nicht die Gewohnheit hatte, Gläser in der Bar des Drugstores zu zerschmettern, weil sie auf ihre Schwester wütend war. Sie hatten auch den riesigen Spiegel hinter dem Marmortresen zerschmettert. Er und Paul würden für den Rest des Jahrzehnts verschuldet sein.

»Ich weiß nicht, woher ich zweihundert Dollar nehmen soll.« »Einhundertneunundneunzig«, verbesserte sie ihn rasch.

Er kniff den Mund zusammen. »Ja.«

»Sie hat angefangen. Ich schwör's, seit sie vierzig ist, ist sie zickig. Und dann kommt hinzu, daß Mary es mit Extra Billy ein bißchen zu bunt treibt.« Julia sprach von Marys Freund, einem gut aussehenden Jungen, der der Ansicht war, Gesetze seien dazu da, gebrochen zu werden.

»Ich nehme eine Teilzeitarbeit in Rifes Rüstungsfabrik an. Pearlie auch.«

»Das könnt ihr nicht machen!« Sie hieb mit der Faust auf die Bank, daß ihre Hand schmerzte. »Autsch, verdammt.«

»Wir müssen, Juts. Nirgendwo sonst können wir sofort Arbeit kriegen. Entweder die Rüstungsfabrik oder die Konservenfa­brik, und beide gehören Rife.«

»Ihr könntet nach Hanover gehen und bei den Shepards arbei­ten. In der Schuhfabrik oder auf dem Gestüt gibt es immer Ar­beit.«

»Ich kann mir das Benzin nicht leisten.«

»Ach was. So arm sind wir nun auch wieder nicht.«

Er blickte mit seinen strahlend grauen Augen in die grauen Augen seiner Frau; sie hatten beide dieselbe ungewöhnliche Augenfarbe. »Liest du keine Zeitung? Julia Ellen, wir treten in den Krieg ein. Es ist nur eine Frage der Zeit, und wenn es so weit ist, gehört Benzin zu den ersten Dingen, die rationiert wer­den.«

»Blödsinn. Hat Roosevelt nicht deswegen das Leih- und Pachtgesetz durchgeboxt - damit wir nicht in den Krieg eintre­ten müssen?«

»Nein, damit versucht er England über Wasser zu halten.«

»Europa kann seine Rechnungen selbst begleichen. Wir waren schon einmal drüben. Noch einmal wird es das amerikanische Volk nicht dulden.«

»Ich sage dir doch - wir werden eintreten.«

»Woher weißt du das alles?«

»Aus Gesprächen.«

»Frauen klatschen. Männer führen Gespräche.« Sie lächelte. »Ihr seid allesamt größere Klatschmäuler als wir.« »Ist doch jetzt egal. Ich muß irgendwo die zweihundert Dollar auftreiben.«

»Hundertneunundneunzig!«, rief sie.

»Dieser eine Dollar ist dir wohl furchtbar wichtig.«

»Ja. Du kannst nicht für einen Rife arbeiten. Du weißt, was die Rifes unserer Familie angetan haben.«

»Das ist lange her. Brutus hat Blut mit seinem eigenen Blut vergolten. Pole und Julius sind ein bißchen besser als ihr Va­ter.« Er sprach von Napoleon und Julius Caesar Rife.

Sie knirschte mit den Zähnen. »Das kannst du mir nicht antun. Du und Pearlie, ihr werdet meiner Mutter das Herz brechen.«

»Hab schon mit deiner Mutter gesprochen.«