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Beim Herrenfriseur wurde gescherzt, das würde sie mögli­cherweise müssen.

DasCurl 'n' Twirl platzte beinahe vor Klatsch über die Schwestern und Neuigkeiten von der Brandstiftung: O. B. hatte abgestritten, das Lagerhaus angezündet zu haben, und den teu­ren Edgar Frost beauftragt, ihn zu verteidigen. Man mutmaßte, daß das Geld vom alten Julius Rife kam.

Vaughn machte Maizie einen Heiratsantrag, doch angesichts der geladenen Atmosphäre beschlossen sie zu warten, bevor sie es öffentlich bekannt gaben. Nicht einmal Louise wußte davon.

Cora erklärte ihren Töchtern in aller Ruhe, wenn sie nicht zu­sammen gehängt würden, dann würden sie getrennt hängen. Darauf setzten sich beide Schwestern, von Cora am Schlafitt­chen gepackt, an ihren Küchentisch und schrieben noch einen Brief an denClarion. Diesmal entschuldigten sie sich für jegli­che Unannehmlichkeiten, die sie den Bürgern von Runnymede bereitet haben mochten.

Als sie den Brief unterschrieben hatten, ließ Cora sie los.

Mürrisch blieben sie am Tisch sitzen.

»Mädchen, ihr stellt die Geduld aller lebendigen Heiligen auf die Probe.«

»Ich hätte unser Geheimnis mit ins Grab genommen.« Louise berührte das kleine goldene Kreuz, das um ihren Hals hing.

»Wenn du stirbst, Wheezie, bist du so alt, daß du alles verges­sen hast. Nur die Guten sterben jung.«

Louise beschwor ihre Mutter, die sich vor ihnen aufgebaut hatte. »Da hast du's; was für eine Klugscheißerin. Setzt immer noch eins drauf. Ich hasse sie.«

»Du hast angefangen.«

»Hab ich nicht.«

»Louise, du bist einundfünfzig Jahre alt.«

»Mutter!«, winselte Louise.

»Julia, du bist jetzt siebenundvierzig. Das ist keine Art, sich aufzuführen.« »Ich hab ihr gesagt, sie soll Nicky nicht am Rennen teilneh­men lassen. Mit ihr ist nicht zu reden. Sie hört nie zu«, jammer­te Louise.

»Es ist ungerecht. Wenn Nicky ein Rennen fahren will, dann soll sie fahren. Wir haben kein Verbrechen begangen, Louise.«

»Und dann hast du auch noch Trudy Epstein geschubst. Nicht genug damit, zuzulassen, daß sich das Kind als Junge ausgibt, du mußtest auch noch in aller Öffentlichkeit auf diese Frau los­gehen.«

»Sie hat gesagt, er sei nur aus Pflichtgefühl bei mir geblieben. Daß er in Wirklichkeit sie liebt. Blöde Pute.«

»Hat sie das wirklich gesagt?« Louise beugte sich vor.

»Wenn du nichtUnsere Liebe Frau von den Schleiern gespielt hättest, hätte ich dir alles erzählt, aber du sprichst ja seit dem 4. Juli nicht mit mir. Es gibt vieles, was du nicht weißt«, sagte Julia geheimnisvoll. Sie wußte, daß sie damit Louises Neugier weckte.

»Aber warum hat sie das vor allen Leuten gesagt? Sie gibt sich doch sonst solche Mühe, rechtschaffen zu sein, die Ärm­ste.« Louise hatte nicht viel für Trudy übrig.

»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Vielleicht dachte sie, daß sie damit durchkommt. Daß es außer mir niemand hört.«

»Hat es jemand gehört?«

»Den Anfang nicht, aber als ich ihr eine geschmiert habe, klar, da haben es alle gehört, weil sie gleichzeitig mit dir rumge­schrieen hat, Wheezie.«

»Ich habe nur versucht, einer peinlichen Situation zuvorzu­kommen.«

»Deswegen bist du mitten auf die Straße gerannt? Um einer peinlichen Situation zuvorzukommen? Raffiniert«, erwiderte Juts trocken.

»Du wolltest ja bei Nickel nicht einschreiten.«

»Nein, weil ich nicht fand, daß wir was Unrechtes taten.«

»Jungs machen, was Jungs machen, und Mädchen machen, was Mädchen machen.«

»So ein Quatsch.«

»Als Nächstes will sie noch bei den Orioles mitspielen. Na, warum eigentlich nicht? Wieso du dich überhaupt mit dieser Zweitligamannschaft abgibst, die auf dem letzten Loch pfeift, werde ich nie begreifen.«

»Wart's nur ab, Louise, eines Tages wird Baltimore wieder in der Ersten Liga spielen. Genau wie vor dem Ersten Weltkrieg. Wir werden eine richtig gute Mannschaft haben, und dann kön­nen wir die Yankees schlagen.«

»Träum schön weiter, Schwesterherz.«

»Wollt ihr zwei euch wohl vertragen! Mir ist es egal, wer in Baltimore bei was gewinnt. Ich will das hier jetzt bereinigen. Kein Ablenkungsmanöver.« Cora holte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.

»Was gibt's da zu bereinigen? Wir haben den Brief geschrie­ben.« Juts setzte sich seitlich auf ihren Stuhl.

»Du hast gesungen. Das gibt es zu bereinigen. Wir würden sonst nicht in diesem Schlamassel stecken. Julia, es steht auch noch in anderen Zeitungen. Die Leute lachen über uns!«

»Laß sie doch. Wenigstens lachen sie - und weinen nicht. Ich erweise der Öffentlichkeit einen Dienst.«

»Auf meine Kosten«, schmollte Louise.

»Ich hab nicht gesagt, daß Gänse deutsche Flugzeuge sind.«

Louise quollen schier die Augen aus dem Kopf, ihre Sehnen traten am Hals hervor. »Du hast mitgemacht! Das ist genauso schlimm wie falschen Alarm zu schlagen.«

»Seid still, alle beide. Zweimal Unrecht ergibt nicht Recht.«

»Ja, aber warum soll ich dafür büßen, daß sie so blöd war?«

»Julia Ellen, das ist keine Art, um diese Wunde zu heilen.«

Louise schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wunde? Wunde? Ich sag dir, was das ist, das ist ein Dolchstoß in den Rücken, von meiner Schwester, vor aller Welt! Wo bleibt deine christliche Nächstenliebe? Oh, ich erwarte nicht, daß du eine liebevolle Schwester bist. Nein, dazu kenne ich dich zu gut. Du zuerst, alle anderen zuletzt, aber um der christlichen Nächsten­liebe willen hättest du mir diese Demütigung ersparen können.«

»Es gab nur einen Christen, und der starb am Kreuz.« Julia stimmte mit Nietzsche überein, ohne daß es ihr bewußt war. Ihr gefiel der Ausspruch einfach.

»Julia.« Coras Ton war streng.

»Sie hat mir vorgeworfen, ich sei eine schlechte Mutter!« Juts stand auf. »In ihrem Vorgarten, mit Millionen Leuten drumrum. Ich laß mir den Mist keine Minute länger gefallen. Sie kann von Glück sagen, daß ich sie nicht umgebracht habe.«

»Ich habe nicht gesagt, daß du eine schlechte Mutter bist.«

»Und ob du das gesagt hast.«

»Ich habe gesagt, du stiftest Nicky an, gegen die Regeln zu verstoßen. Und« - sie gebot mit erhobener Hand Schweigen - »daß sie auch so schon genug durchzustehen hat.«

»Ach, nun bist du wohl Schwester Toleranzia? Das ist dassel­be wie zu behaupten, daß ich eine schlechte Mutter sei, was du hinter meinem Rücken sowieso tust. Mir kommt alles zu Ohren, weißt du. Alles, was du sagst, kommt mir zu Ohren. Wir sind schließlich in Runnymede. Das Letzte, was an den Leuten hier stirbt, ist ihr Mundwerk. Wahrscheinlich tratschen die Toten beim Bestattungsunternehmer weiter.«

»Ich habe nie gesagt, daß du eine schlechte Mutter bist.«

»Wie bitte? Mir scheint, ich hör nicht richtig.«

»Ich habe das nicht gesagt! Ich habe gesagt« - und sie klang wie eine Anwältin vor Gericht - »daß du eine besonders schwe­re Last zu tragen hast, weil Nicky nicht dein Kind ist.«

»Du hast gesagt, ich muß ein Kind haben. Nun hab ich eins.«

»Aber sie ist nicht deins.«

»Ich bin trotzdem eine Mutter!«

»So was Ähnliches.«

»Louise, das ist schlicht und einfach Blödsinn«, warf Cora ein.

»Ja, weil sie es nämlich war, die mir dauernd in den Ohren lag, ich würde nie wissen, was Glück ist, wenn ich kein Kind hätte. Schön, ich hab eins. Was fang ich jetzt damit an?«