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»Studieren Sie die Protokolle! Das Triom handelt konsequent. In den nächsten Tagen wollte ich systematisch mit mathematischen Gesetzen anfangen. Nun müssen Sie das tun...«

Niemand antwortete ihm. Harald blickte abwechselnd auf seine Armbanduhr, auf das Steuergerät und zu mir. Sein Gesicht verriet höchste Sorge. Diese sinnlose Unterhaltung mußte abgebrochen werden. An mir war es zu handeln.

»Verschieben wir das, Herr Malloy. Eine Frage noch, bevor Sie in die Klinik gefahren werden: Kann in Ihrem Haus während Ihrer Abwesenheit irgendein Unheil geschehen? Auf Grund laufender Versuche etwa...«

Der Kranke schüttelte den Kopf, was ihm sichtlich Schmerzen bereitete. »Ich muß Ihnen das erzählen! Mein Triom unterscheidet eine Farbskala mit vierundzwanzig Nuancen...«

»Jaja«, sagte ich beklommen. Besaß dieses Wesen tatsächlich Funken von Intelligenz? Das wäre folgenschwerer als der erste Atombombenabwurf. Eine andersartige Vernunft auf der Erde durfte es nicht geben!

»Hören Sie!« stieß Malloy hervor. »Das Triom hat mir das Leben gerettet! Zählt das nichts? Oder was glauben Sie, wer die Fensterscheibe zerschlug, den Telefonhörer von der Gabel

nahm und die Notrufnummer wählte? Wenn es nur sprechen könnte!«

Harald stand auf. »Das führt zu nichts. Wir haben keine Zeit mehr. Malloy, Sie müssen sofort auf den Operationstisch. Die Anzeichen sind so ernst... Ich kann das nicht verantworten und will nicht für Ihren Starrsinn gerüffelt werden.«

Er eilte aus dem Zimmer.

»Solch ein Unsinn!« raunzte Malloy. »Die Verantwortung liegt bei mir, und mit mir ist’s sowieso aus. Ich merke es. Aber ein Vierteljahrhundert umsonst gearbeitet zu haben...«

»Wir kümmern uns um das Triom.«

Er lächelte erleichtert. Da verkrampfte sich das faltige Gesicht. Auf dem Kontrollschirm des Steuergeräts wetterleuchteten die Lämpchen einen schicksalsschweren Moment lang, dann unterlag die Elektronik, und die Zeiger fielen in die Ruhelage zurück.

Die Tür ging auf. Harald und die zwei Assistenten kamen herein. Auf halbem Weg blieben sie stehen. »Schon?«

»Schon.«

»Als ob er gewußt hätte, daß ihm keine Zeit mehr blieb«, meinte der Arzt nachdenklich. »Vielleicht ist es so am besten. Helft mir, die Anschlüsse abzumontieren!«

4

Ich setzte mich an Malloys Schreibtisch. Wo lägen die Daten über das Triom? In diesem Wust durcheinandergeworfener Papiere spezielle Unterlagen zu finden war eine Sisyphusarbeit. Das dauerte Stunden. Andererseits mußte ein Forscher wie er ein Expose haben, um selbst den Überblick zu behalten. Erfahrungsgemäß war das eine dicke Heftmappe.

Ach, da lag doch... die Große Direktive, wie wir es nannten: ein dünnes Buch mit fünfhundertzwanzig Paragraphen des IGRP. Ich blätterte: 410, das Verbot unkontrollierter Versuche, 415, die Strafandrohung für Gesetzesbrecher. Welcher Absatz betraf die Produkte genetischer Manipulationen? Da, 412!

Harald trat ein, sah mich an. Er sagte nichts.

Ich studierte den Text. Die Details hatten mich nie interessiert. Schweigend wies ich ihm den Artikel vor.

»>Nach Absicherung des Terrains sind illegal synthetisierte Produkte unter Beachtung der Sicherheitsvorschriften adäquat zu liquidieren. Eine Dokumentation ist der Bezirksbehörde vorzulegenc. Also Liquidation... Wie und womit?« fragte er.

»Mit einer größeren Dosis Thanatin. Ich habe allerdings nur die Normalpatrone im Gepäck. Bei einem so unklaren Metabolismus empfiehlt sich wohl eine Spraydose. Ich möchte das Triom nicht quälen.«

Auf den Lippen kauend; legte ich das Büchlein zurück und schnippte unsichtbare Stäubchen vom Kostüm.

»Thanatin muß ein sehr spezielles Gift sein, wenn ich es nicht mal dem Namen nach kenne.«

»Es blockiert selbst den abartigsten Zellrhythmus schlagartig. Bei synthetischen Wesen kann man sich nicht auf Blausäure verlassen; darum wurde diese Chemikalie erfunden.«

»Und deine Dosis reicht nicht?«

Ich zuckte die Achseln. Neunundneunzig Prozent unserer Einsätze bezogen sich auf manipulierte Biomaten. Ein Triom war etwas anderes. »Ich müßte jemand herbitten...«

»Tue es, Schachschwester. Das Monster muß beseitigt werden!«

Ich schwieg. An sich gab es nichts zu bedenken. Paragraph 412... »adäquat liquidieren!« Dennoch, das Zitieren von Gesetzen ersetzte nicht das Wissen um ihre Gründe. An einiges erinnerte ich mich aber doch; vielleicht war es sogar gut, sich

diese Hintergründe zu vergegenwärtigen. Die Routine hatte manches verschüttet.

»Müssen wir gleich entscheiden? Können wir entscheiden?« Hatte ich es gesagt oder nur gedacht? »Weshalb soll das Triom unverzüglich sterben?«

»Das Gesetz«, erwiderte er. »Du kennst es besser als ich. Da liegt das Buch!«

Vor zwei Minuten noch würde ich es blind unterschrieben haben. Jetzt aber hatte ich angefangen nachzudenken. »>Unverzüglich< steht dort nicht. Wir sollten nachdenken, schon wegen der gewünschten Dokumentation.«

»Die Dokumentation ist gewiß nicht gemeint, sondern die über die Beseitigung.«

»Auch das steht nicht explizit dort. Malloy behauptete, das Triom zeigt Ansätze von Intelligenz. Wenn es nun tatsächlich Verstand hat?! Vielleicht ist das Wesen in ausgewachsenem Zustand so klug wie wir, nur eben ganz anders: Malloys Intention. Niemand wird ungehört verurteilt.

Um in deinen Worten zu reden, Schachbruder: Willst du jeden aus dem Club ausschließen, der eine unkonventionelle Eröffnung wählt?«

»Ja, willst du das Monster... großziehen?!«

»Das Triom existiert. Mir wäre bedeutend wohler, wenn man früher eingegriffen hatte. Aber es ist entstanden. In meinen Augen handelt es sich um... um ein ungewolltes, wegen Unkenntnis falsch erzogenes, verkrüppeltes Kind... Oder stell dir das vor: Ein junger Mensch erwacht nach einem Unfall gelähmt und geistig irreversibel gestört. Willst du ihn töten, nur weil er zeitlebens jenseits unserer Gesellschaft stünde?«

Er senkte den Kopf und schwieg.

»Im übrigen sage ich eins: Ein Gesetz, dessen Berechtigung mir niemand verständlich darlegen kann, bindet mich nicht«

»Ich bin nicht die Kommission«, warf er ein, »ich kann ihre Prinzipien nur schlecht formulieren.«

»Einverstanden. Aber das ist nicht schlimm Sobald wir den Fall gemeldet haben, kreuzen die Experten auf«

»Ich glaubte fast, du wolltest es verschweigen.«

»Harald! Nein, aber jenen Leuten gegenüber werde ich die Rechte des Trioms verfechten, und wenn ich vor den Internationalen Gerichtshof gehen müßte. Wir sind in diese Sache gestolpert, aber man muß sich mit Würde herausziehen.«

»Toni, du hast mich in eine Falle gelockt, aber matt bin ich noch nicht. Unterstellt, wir sprächen dem Triom die üblichen Rechte zu: Dürfte es dann nicht Partner fordern? Selbstverständlich, denn jeder hat ein Recht auf Gemeinschaft. Weitere Triome müßten produziert werden. Willst du das?«

Ich zögerte. Keine leichte Frage.

»Weiter: Es kann ein freies Leben beanspruchen, aber wo? Die Erde mit ihren biologischen, klimatischen und geographischen Verhältnissen scheidet für solche Wesen wohl aus. Im ganzen Sonnensystem gibt’s keinen geeigneten Planeten. Darüber hinaus wird unsere Raumfahrt in absehbarer Zeit kaum kommen. Die Hybriden müßten auf Generationen unter Glas leben vegetieren. Ausgeschlossen.«

Unrecht hatte er nicht. Oder? »Halt, halt! Vorerst wissen wir beinahe nichts über die Umweltbedingungen, die ihm Zusagen. Sie können sich kaum allzusehr von den unseren unterscheiden das Triom entstand schließlich aus ErdwesenChromosomen.« Da er nachdenklich wurde, bekam ich Oberwasser. »Außerdem ist noch nicht sicher, daß es intelligent ist und somit Rechte besitzt.«