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»Gute Idee, Julia«, sagte ich. Ich zündete mein Feuerzeug an und hielt es unter den Sprinklerkopf.

Julia kreischte: »Halt! Ricky, halt!«

Ricky gehorchte.

Ich sagte: »So ist das manchmal, wie man's macht, macht man's verkehrt.«

Julia drehte sich wutentbrannt um und zischte: »Ich hasse dich.« Ihr Körper wurde bereits grau, verblasste wie bei einem schwarzweißen Bild. Auch aus Ricky verschwand die Farbe. Das Virus in der Luft setzte den Schwärmen zu.

Ein kurzes Funkenprasseln, von hoch oben in den Krakenarmen. Dann noch ein schneller Blitzbogen. Ricky sah es und schrie:

»Vergiss es, Julia! Wir müssen es riskieren!« Er drückte die Tasten und schaltete das Sicherheitssystem wieder ein. Ein Alarm ertönte. Die Bildschirme blinkten rot von der übermäßigen Konzentration von Methan und anderen Gasen. Der Hauptbildschirm zeigte: »sicherheitssystem an.«

Und aus den Sprinklern sprühten plötzlich braune Wasserkegel.

Sie schrien, als das Wasser sie berührte. Sie wanden sich und schrumpften, schrumpelten vor meinen Augen. Julias Gesicht war verzerrt. Sie starrte mich mit blankem Hass an. Aber sie löste sich bereits auf. Sie fiel auf die Knie und dann auf den Rücken. Die anderen wälzten sich auf dem Boden, brüllten vor Schmerz.

»Komm, Jack.« Jemand zog mich am Ärmel. Es war Mae. »Schnell«, sagte sie. »Die Halle ist voller Methan. Wir müssen hier raus.«

Ich zögerte, blickte noch immer auf Julia. Dann drehten wir uns um und liefen los.

7. Tag, 9.11 Uhr

Der Hubschrauberpilot stieß die Türen auf, als wir angerannt kamen. Wir sprangen hinein. Mae sagte: »Los, weg hier!«

Er sagte: »Ich muss Sie bitten, sich vorher anzuschnallen ...«

»Fliegen Sie schon los!«, brüllte ich.

»Tut mir Leid, so sind die Vorschriften, und es ist zu gefährlich .«

Schwarzer Rauch quoll aus der Tür der Energiestation, aus der wir soeben gekommen waren. Er stieg in Schwaden in den blauen Wüstenhimmel.

Der Pilot sah das und sagte: »Festhalten!«

Wir hoben ab und flogen Richtung Norden, in einem weiten Bogen weg vom Gebäude. Jetzt drang schon Rauch aus allen Abluftschlitzen am Dach. Ein schwarzer Schleier trieb in der Luft.

Mae sagte: »Das Feuer verbrennt die Nanopartikel und auch die Bakterien. Keine Sorge.«

Der Pilot fragte: »Wo soll's denn hingehen?«

»Nach Hause.«

Er flog nach Westen, und binnen Minuten hatten wir das Gebäude weit hinter uns gelassen. Es verschwand hinter dem Horizont. Mae hatte sich zurückgelehnt, die Augen geschlossen. Ich sagte zu ihr: »Ich hab gedacht, es würde in die Luft fliegen. Aber sie haben das Sicherheitssystem wieder eingeschaltet. Also wird das wohl nicht passieren.«

Sie sagte nichts.

Ich sagte: »Wieso hatten wir es denn dann so eilig, da rauszukommen? Und wo warst du überhaupt? Keiner konnte dich finden.«

Sie sagte: »Ich war draußen, im Depot.«

»Was hast du da gemacht?«

»Nach Thermit gesucht.« »Noch welches gefunden?«

Es gab kein Geräusch. Bloß einen gelben Lichtblitz, der sich kurz über den Wüstenhorizont ausbreitete und dann verblasste. Man hätte fast meinen können, es wäre nichts geschehen. Aber der Hubschrauber tat einen Satz, als die Druckwelle uns einholte.

Der Pilot sagte: »Heiliger Strohsack, was war denn das?« »Betriebsunfall«, erwiderte ich. »Sehr bedauerlich.« Er griff nach seinem Funkgerät. »Ich mach lieber mal Meldung.«

»Ja«, sagte ich. »Unbedingt.«

Wir kamen weiter nach Westen, und ich sah die grüne Linie des Waldes und die sanften Ausläufer der Sierra, als wir die Grenze nach Kalifornien überflogen.

7. Tag, 23.57 Uhr

Es ist spät.

Fast Mitternacht. Im Haus ist es vollkommen still. Ich weiß nicht, wie alles ausgehen wird. Den Kindern ist fürchterlich schlecht, seit ich ihnen das Virus verabreicht habe, und sie übergeben sich. Ich höre, wie mein Sohn und meine Tochter in verschiedenen Badezimmern würgen. Vor einigen Minuten war ich bei ihnen, um zu überprüfen, was da hochkommt. Sie sind totenbleich im Gesicht. Ich sehe, dass sie Angst haben, weil sie wissen, dass ich Angst habe. Das mit Julia habe ich ihnen noch nicht erzählt. Sie haben nicht gefragt. Es geht ihnen zu schlecht, um zu fragen.

Am meisten Sorgen mache ich mir um Amanda, weil ich auch ihr das Virus geben musste. Es war ihre einzige Chance. Ellen ist jetzt bei ihr, aber auch Ellen muss sich übergeben. Amanda hat noch nicht richtig erbrochen. Ich weiß nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Kleine Kinder reagieren anders.

Mir geht es einigermaßen, zumindest im Moment noch. Ich bin hundemüde. Ich glaube, ich bin den ganzen Abend über immer wieder eingenickt. Jetzt sitze ich hier, schaue zum Fenster hinaus in den Garten und warte auf Mae. Sie ist hinten über den Gartenzaun gesprungen und kriecht jetzt wahrscheinlich durch das Gebüsch an dem kleinen Hang hinter dem Grundstück, wo die Rasensprenger sind. Sie meinte, irgendwo dort ein schwaches, grünes Licht gesehen zu haben. Ich wollte nicht, dass sie allein hinausgeht, aber ich bin zu müde, um ihr zu helfen. Wenn sie bis morgen wartet, kann die Armee mit Flammenwerfern alles abfackeln, was sich da verstecken mag.

Die Armee stellt sich in der ganzen Sache taub, aber ich habe Julias Computer zu Hause, und die E-Mails auf der Festplatte beweisen einiges. Ich habe die Festplatte vorsichtshalber ausgebaut, eine andere eingebaut und das Original in einem Schließfach in der Stadt deponiert. Wegen der Armee mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Sorgen mache ich mir wegen Larry Handler und den anderen bei Xymos. Die wissen, dass sie mit einer schier unermesslichen Flut von Gerichtsverfahren rechnen müssen. Die Firma wird diese Woche Konkurs anmelden, aber ihr droht dennoch ein Strafverfahren. Vor allem Larry. Ich würde ihm keine Träne nachweinen, wenn er ins Gefängnis müsste.

Mae und ich haben die Ereignisse der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren lassen und für die meisten eine einleuchtende Erklärung gefunden. Den Hautausschlag meiner Tochter hatten Gamma-Assembler ausgelöst - die Mikromaschinen, die aus Komponentenfragmenten Moleküle zusammenbauten. Sehr wahrscheinlich hafteten die Gammas an Julias Kleidung, wenn sie im Werksgebäude in Nevada gewesen war. Julia hatte das befürchtet, deshalb hatte sie sich immer als Erstes geduscht, wenn sie nach Hause kam. Das Werk hatte zwar ein gutes Dekontaminationssystem, aber Julia hatte auch außerhalb der Halle mit den Schwärmen Kontakt gehabt. Sie wusste, dass die Gefahr bestand. An dem betreffenden Abend jedenfalls hatte sie die Gamma-Assembler ins Kinderzimmer getragen. Die Gamma-Assembler sind dazu da, Mikrofragmente aus Silikon zu zerschneiden, doch eine geschmeidige Substanz wie menschliche Haut können sie nur zwicken. Es tut weh, und es verursacht ein Mikrotrauma, wie niemand es zuvor erlebt hat. Oder es für möglich gehalten hätte. Kein Wunder, dass Amanda kein Fieber hatte. Sie hatte keine Infektion. Sie hatte eine Schicht beißender Partikel auf der Haut. Das Magnetfeld des Kernspintomografen heilte sie binnen einer Sekunde; sämtliche Assembler wurden beim ersten Puls von ihr weggerissen. (Bei dem Biologen in der Wüste war es anscheinend genauso. Er war irgendwie mit Assemblern in Berührung gekommen. Er hatte nicht weit vom Xymos-Werk kampiert.)

Julia wusste, was mit Amanda nicht in Ordnung war, aber sie behielt es für sich. Stattdessen rief sie den Reinigungstrupp von Xymos, und der kreuzte mitten in der Nacht bei uns zu Hause auf, als ich mit Amanda im Krankenhaus war. Nur Eric bekam das mit, und jetzt weiß ich auch, was er gesehen hat. Denn derselbe Trupp war vor einigen Stunden hier, um mein Haus zu säubern. Es waren dieselben Männer, die ich in der Nacht von Julias Unfall in dem Van auf der Straße stehen sah.