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»Besser?«, fragte er.

»Ja«, antwortete ich verhalten.

Er schüttelte den Kopf und brummelte leise etwas vor sich hin. Ich bildete mir ein, das Wort »Überreaktion« zu hören.

»Warum hast du das gesagt?« Ich flüsterte, weil meine Stimme sonst gezittert hätte. »Hast du genug davon, mir ständig das Leben zu retten? Willst du vielleicht, dass ich weggehe?«

»Nein, Bella, ich will nicht von dir getrennt sein. Natürlich nicht. Was redest du dir denn bloß ein! Mir macht es auch nichts aus, dir das Leben zu retten – aber ich bin es doch, der es erst in Gefahr bringt. Ohne mich würdest du nicht hier liegen.«

»Du hast vollkommen Recht.« Ich schaute ihn aufgebracht an. »Ohne dich wäre ich nicht mehr am Leben.«

»Mehr tot als lebendig – bewegungsunfähig und am ganzen Körper verbunden«, flüsterte er.

»Ich hab nicht von meiner jüngsten Todeserfahrung gesprochen«, sagte ich gereizt. »Sondern von den anderen – such dir eine aus. Ohne dich würde ich schon längst auf dem Friedhof von Forks verfaulen.«

Er zuckte zusammen, doch der gequälte Blick wich nicht aus seinen Augen.

»Aber es ist nicht einmal das Schlimmste, dich so zu sehen«, flüsterte er weiter, als hätte er mich gar nicht gehört. »Oder dich dort auf dem Boden zu sehen, mit verrenkten und gebrochenen Gliedern – auch das war nicht das Schlimmste. Auch nicht, als ich dachte, ich komme zu spät.« Seine Stimme erstickte. »Und noch nicht einmal deine Schreie und alles andere, woran ich mich bis in alle Ewigkeit erinnern werde. Am schlimmsten war es, zu denken … nein, zu wissen … dass ich nicht aufhören kann – dass ich dich selber töten werde.«

»Das ist nicht passiert.«

»Aber es hätte passieren können. Ohne weiteres.«

Ich wusste, ich musste ruhig bleiben, doch er war gerade dabei, sich einzureden, dass es das Beste für mich wäre, wenn er mich verließe, und alles in mir schrie verzweifelt auf.

»Versprich es mir«, flüsterte ich.

»Was soll ich dir versprechen?«

»Du weißt genau, was.« Ich wurde langsam richtig wütend – konnte er denn alles nur negativ sehen?

Er hörte meinen gereizten Tonfall. Seine Augen verengten sich, und seine Antwort war fast schon giftig. »Ich bin ja anscheinend sowieso nicht stark genug, um mich von dir fernzuhalten, also nehm ich mal an, dass du kriegst, was du willst … ob es dich nun umbringt oder nicht.«

»Schön.« Er hatte allerdings nichts versprochen, was mir keineswegs entgangen war. Ich war so panisch und kraftlos, dass ich meine Verärgerung nicht länger im Zaum halten konnte. »Ich weiß jetzt, dass du es geschafft hast aufzuhören«, sagte ich. »Jetzt will ich wissen, warum du überhaupt angefangen hast.«

»Wie meinst du das?«, fragte er misstrauisch.

»Warum hast du es getan? Warum hast du das Gift daran gehindert, sich auszubreiten? Wenn nicht, wäre ich nämlich jetzt wie du.«

Der Rest von Helligkeit schien aus Edwards Augen zu schwinden; wenn es nach ihm gegangen wäre, fiel mir plötzlich wieder ein, hätte ich diese Dinge nie erfahren. Entweder war Alice so sehr mit dem beschäftigt, was sie über ihre Vergangenheit erfahren hatte, oder sie hielt sich in Edwards Nähe mit ihren Gedanken zurück – jedenfalls war es offensichtlich, dass er bislang nicht geahnt hatte, dass ich über die Einzelheiten des Verwandlungsprozesses Bescheid wusste. Er fiel aus allen Wolken, und er war wütend. Seine Nasenflügel bebten, und sein Mund sah aus, als wäre er aus Stein gemeißelt.

Ich würde keine Antwort erhalten, so viel stand fest.

»Ich gebe gerne zu, dass ich nicht viel Erfahrung mit Beziehungen hab«, sagte ich. »Aber ich finde es falsch … wenn ein Mann und eine Frau einander nicht ebenbürtig sind. Es kann nicht immer der eine sein, der plötzlich auftaucht und die andere rettet. Sie müssen sich gegenseitig retten können.«

Er verschränkte seine Arme auf meiner Bettkante und legte sein Kinn darauf. Seine Miene hatte sich geglättet, sein Ärger war gut verborgen. Offensichtlich war er nicht auf mich böse. Ich konnte nur hoffen, dass ich die Chance haben würde, Alice zu warnen, bevor er sie traf.

»Du hast mich gerettet«, sagte er leise.

»Ich kann nicht immer nur Lois Lane sein«, sagte ich. »Ich möchte auch Superman sein.«

»Du weißt nicht, um was du mich da bittest«, sagte er sanft. Er blickte starr auf die Naht des Kopfkissenbezugs.

»Ich glaube schon.«

»Nein, Bella, eben nicht. Ich denke seit neunzig Jahren darüber nach, und ich bin mir immer noch nicht sicher.«

»Wünschst du dir, Carlisle hätte dich nicht gerettet?«

»Nein, das wünsche ich mir nicht.« Er hielt inne. »Aber mein Leben war vorbei. Ich hab nichts aufgegeben.«

»Du bist mein Leben. Du bist das Einzige auf der Welt, das ich um keinen Preis verlieren will.« Ich wurde immer besser in diesen Dingen – zuzugeben, wie sehr ich ihn brauchte, ging mir neuerdings ganz leicht über die Lippen.

Doch er war sehr ruhig und entschlossen.

»Ich kann das nicht tun, Bella. Ich werde dir das nicht antun.«

»Warum nicht?« Es kratzte in meiner Kehle, und die Worte klangen weniger energisch, als ich wollte. »Und erzähl mir nicht, es ist zu schwer! Im Vergleich zu heute oder, keine Ahnung, wie viele Tage das jetzt her ist … jedenfalls, im Vergleich zu dieser Sache sollte es dir leichtfallen.«

Er schaute mich böse an.

»Und was ist mit den Schmerzen?«, fragte er.

Es half nichts: Ich erbleichte. Doch ich riss mich zusammen, so gut es ging – er sollte mir nicht anmerken, wie deutlich ich mich an das Gefühl erinnerte … an das Feuer in meinen Adern.

»Das ist meine Sache. Ich komm schon klar damit.«

»Man kann’s auch übertreiben mit dem Mut. Bis es nichts als Wahnsinn ist.«

»Wo ist das Problem? Drei Tage – es gibt Schlimmeres.«

Meine Worte erinnerten ihn wieder daran, dass ich besser Bescheid wusste, als ihm lieb war. Ich sah, wie er seinen Ärger unterdrückte. Sein Blick wurde grüblerisch.

»Was ist mit Charlie?«, fragte er knapp. »Und Renée?«

Er wartete, ich schwieg. Eine halbe Ewigkeit lang rang ich um eine Antwort auf seine Frage. Ich öffnete meinen Mund, doch kein Ton kam heraus. Ich schloss ihn wieder. Ein siegessicherer Ausdruck trat in sein Gesicht – er wusste, ich hatte keine.

»Das ist auch kein Problem«, murmelte ich schließlich, doch es klang so wenig überzeugend wie immer, wenn ich log. »Renée hat von jeher die Entscheidungen getroffen, die für sie richtig waren. Und Charlie ist unverwüstlich – er ist es gewohnt, allein zu sein. Ich kann nicht ewig auf die beiden aufpassen. Ich muss mein eigenes Leben führen.«

»Völlig richtig«, sagte er. »Und genau deshalb werde ich es nicht beenden.«

»Falls du darauf wartest, dass ich im Sterben liege, dann lass dir gesagt sein, dass ich das gerade hinter mir hab.«

»Du erholst dich wieder«, erinnerte er mich.

Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und ignorierte den scharfen Schmerz, den das Heben und Senken der Brust auslöste. Wir starrten uns an. Seine Miene war unnachgiebig.

»Du irrst dich«, sagte ich langsam.

Er zog seine Stirn in Falten. »Quatsch. Vielleicht behältst du ein paar Narben, aber …«

»Du irrst dich«, beharrte ich. »Ich werde sterben.«

»Jetzt hör schon auf, Bella«, sagte er aufgewühlt. »In ein paar Tagen, maximal zwei Wochen, bist du hier wieder raus.«

Ich funkelte ihn an. »Vielleicht sterbe ich nicht jetzt … aber irgendwann schon. Mit jeder Minute rückt mein Tod näher. Und vorher werde ich alt.«

Er begriff und runzelte die Stirn. Dann presste er seine langen Finger an die Schläfen und schloss die Augen. »So ist es ja auch richtig. Genauso soll es sein. Und so würde es auch sein, wenn es mich nicht gäbe. Und es sollte mich nicht geben.«

»Pfff«, machte ich verächtlich. Erstaunt öffnete er seine Augen. »Das ist doch albern. Das ist dasselbe, als würde man im Lotto gewinnen und sagen: ›Es ist besser, wir nehmen das Geld nicht und leben so weiter, wie wir eigentlich leben sollten.‹ So was lass ich mir nicht einreden.«