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»Wenn Sie Kondome wollen«, pflegte Celia dann zu sagen, »da haben wir eine gute Auswahl.« Dann holte sie die verschiedenen Fabrikate unter dem Ladentisch hervor und stapelte die Kartons übereinander. Die Männer tätigten mit rotem Gesicht ihre Einkäufe und verschwanden schnell wieder.

Gelegentlich kam es vor, daß Celia gefragt wurde, ob sie beim Ausprobieren behilflich sein wolle. Darauf hatte sie eine Standardantwort: »In Ordnung. Wann Sie wollen. Ich glaube, meine Syphilis ist jetzt überstanden.« Manchen war natürlich klar, daß dies nur ein Scherz war, aber ein Risiko wollte wohl keiner eingehen.

Andrew lachte, hörte mit Rudern auf und ließ das Boot treiben.

Mit ihrem Abschlußdiplom bewaffnet, berichtete Celia, bewarb sie sich dann bei Felding-Roth Pharmaceuticals um einen Job als Chemikerin. Sie wurde eingestellt und arbeitete zwei Jahre im Labor.

»Dort hab' ich ein paar Dinge gelernt - vor allem, daß man ein begeisterter Wissenschaftler sein muß, um Laborarbeit nicht langweilig und eintönig zu finden. Verkauf und Marketing haben mich von Anfang an mehr interessiert. Und das ist noch heute so. Dort werden auch die großen Entscheidungen getroffen«, fügte sie hinzu.

Aber der Wechsel vom Labor in die Verkaufsabteilung erwies sich als schwierig. Celia versuchte es auf dem üblichen Weg, indem sie sich bewarb, und wurde abgewiesen. »Man sagte mir, es sei Firmenpolitik, im Verkauf Frauen nur als Sekretärinnen zu beschäftigen.«

Aber sie wollte die Entscheidung nicht akzeptieren und faßte einen Plan.

»Ich fand heraus, daß der einzige, der an dieser Politik etwas ändern könnte, Sam Hawthorne war.«

»Dein Boß, der regionale Verkaufsmaestro«, sagte Andrew, »der seine Zustimmung gegeben hat, daß wir zwei Kinder kriegen.«

»Ja - daß ich weiterarbeiten kann. Jedenfalls kam ich zu dem Schluß, daß der einzige Weg, Hawthorne zu beeinflussen, über seine Frau lief. Es war riskant. Fast hätte es nicht geklappt.« Mrs. Lilian Hawthorne war, wie Celia entdeckt hatte, in mehreren Frauengruppen tätig, und es schien durchaus möglich, daß sie den Karriereplänen einer Frau positiv gegenüberstand. Daher suchte Celia eines Tages, als Sam Hawthorne in der Firma war, seine Frau zu Hause auf.

»Ich war ihr noch nie begegnet«, berichtete Celia. »Und ich war nicht angemeldet. Ich ging einfach hin und klingelte.«

Der Empfang war nicht gerade freundlich. Mrs. Hawthorne, Anfang Dreißig und sieben Jahre älter als Celia, war eine starke Persönlichkeit, die für Kindereien wenig Sinn hatte. Sie hatte langes, rabenschwarzes Haar, das sie ungeduldig zurückschob, als Celia ihr Anliegen vorbrachte. Schließlich sagte Lilian Hawthorne: »Das ist ja lächerlich. Ich habe mit der Arbeit meines Mannes nichts zu tun. Er wird wütend sein, wenn er erfährt, daß Sie hergekommen sind.«

»Ich weiß«, sagte Celia. »Wahrscheinlich fliege ich raus.«

»Darüber hätten Sie sich vorher Gedanken machen sollen.«

»Das habe ich getan, Mrs. Hawthorne. Aber ich bin das Risiko eingegangen, weil ich annahm, daß Sie eine moderne Frau sind, und weil ich an die Gleichberechtigung der Frauen glaube und daran, daß sie nicht aufgrund ihres Geschlechts schlechter behandelt werden sollten.«

Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde Lilian Hawthorne in die Luft gehen. »Sie haben vielleicht Nerven!« fuhr sie Celia an.

»Richtig«, sagte Celia gelassen. »Deshalb würde ich ja auch eine großartige Vertreterin abgeben.«

Die Frau starrte sie an, dann brach sie plötzlich in Lachen aus. »Mein Gott!« sagte sie. »Ich glaube, Sie verdienen es.«

Und einen Augenblick später: »Ich wollte mir gerade einen Kaffee machen, Miß de Grey. Kommen Sie mit in die Küche, dann können wir weiterreden.«

Es war der Beginn einer Freundschaft, die Jahrzehnte währen sollte.

»Aber auch dann«, fuhr Celia fort, »mußte Sam erst mühsam überzeugt werden. Doch wenigstens redete er mit mir, und ich glaube, ihm gefiel, was ich sagte, und Lilian hat ihn auch noch bearbeitet. Dann mußte er die Zustimmung seiner Chefs einholen. Aber am Ende hat es geklappt.« Sie sah auf das Wasser, mit dem sich das Dinghy füllte; es reichte ihr schon bis an die Knöchel. »Andrew, ich hatte recht! Der Kahn säuft ab!«

Lachend sprangen sie über Bord und schwammen ans Ufer. Das Boot zogen sie hinter sich her.

»Als ich als Vertreterin in der Verkaufsabteilung begann«, setzte Celia ihren Bericht beim Abendessen fort, »wurde mir klar, daß ich nicht nur so gut wie ein Mann sein mußte. Ich mußte besser sein.«

»Ich erinnere mich an das, was erst neulich passiert ist«, warf ihr Mann ein. »Da warst du nicht nur besser als ein Mann, da warst du sogar besser als der Arzt.«

Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, sie nahm die Brille ab und legte eine Hand auf seine. »Das hat mir Glück gebracht, und nicht nur wegen des Lotromycin.«

»Du nimmst deine Brille oft ab«, bemerkte Andrew. »Warum?«

»Ich bin kurzsichtig, aber ich weiß, daß ich ohne Brille besser aussehe. Deshalb.«

»Du siehst immer gut aus«, sagte er. »Aber wenn dich die Brille stört, solltest du es mal mit Kontaktlinsen versuchen. Eine Menge Leute tragen Kontaktlinsen.«

»Ich werde mich danach erkundigen, sobald wir zurück sind«, erklärte Celia. »Sonst noch was, wenn wir schon dabei sind? Irgendwelche anderen Veränderungen erwünscht?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich mag an dir alles, wie es ist.«

Sie waren von ihrem Bungalow eine Meile zu Fuß gegangen, Hand in Hand, über eine gewundene, grob gepflasterte Straße, auf der es kaum Verkehr gab. Die Nachtluft war warm, die einzigen Geräusche kamen vom Sirren der Insekten und vom Klatschen der Wellen an ein Riff vor der Küste. Und jetzt aßen sie in dem kleinen, sparsam eingerichteten Cafe, dem Travellers Rest, das einheimische Standardgericht: gebratenen Barsch, Erbsen und Reis.

Auch wenn das Travellers Rest nicht gerade im Michelin erscheinen würde, gab es dort schmackhaftes Essen für hungrige Gäste.

Der Fisch war frisch und wurde vom Wirt, einem drahtigen Eingeborenen namens Cleophas Moss, in einem alten Tiegel über dem Holzfeuer gebraten. Er hatte Andrew und Celia einen Tisch gegeben, von dem aus sie aufs Meer blicken konnten. Zwischen ihnen stand eine Kerze, die in einer Bierflasche steckte. Am Himmel waren verstreute Wolken und ein fast voller Mond zu sehen. »In New Jersey ist es wahrscheinlich kalt und regnerisch«, sagte Celia.

»Bald werden wir wieder dort sein. Erzähl mir noch ein bißchen von dir und den Arzneimitteln.«

Bei ihrem ersten Einsatz als Vertreterin, berichtete Celia, war sie nach Nebraska gekommen, wo Felding-Roth zuvor noch keinen Repräsentanten gehabt hatte.

»Und das war gut für mich. Ich wußte genau, woran ich war, weil ich mit nichts anfing. Es gab noch keine Organisation, kaum Aufzeichnungen, niemanden, der mir sagte, wen ich aufsuchen oder wohin ich gehen sollte.«

»Hat das dein Freund Sam absichtlich getan - als eine Art Prüfung ?«

»Kann sein. Ich habe ihn nie danach gefragt.«

Statt dessen machte sich Celia an die Arbeit. In Omaha suchte sie sich eine kleine Wohnung, die sie als Stützpunkt benutzte und von der aus sie den ganzen Staat bereiste, von einer Stadt zur anderen. In jedem Ort riß sie die gelben Seiten mit den Adressen von Ärzten und Chirurgen aus dem Telefonbuch, legte eine Kartei an und begann herumzutelefonieren. Sie stellte fest, daß es 1500 Ärzte in ihrem Gebiet gab, und beschloß, sich auf 200 zu konzentrieren, die sie für die ergiebigsten Verschreiber von Arzneimitteln hielt.

»Du warst ziemlich weit weg von zu Hause«, sagte Andrew. »Hast du dich nicht einsam gefühlt?«

»Dazu hatte ich keine Zeit. Ich war viel zu beschäftigt.«

Eine Erfahrung machte sie gleich zu Beginn: wie schwierig es war, an Ärzte heranzukommen. »Ich verbrachte Stunden damit, in Wartezimmern herumzusitzen. Und wenn ich endlich vorgelassen wurde, räumte mir der Arzt vielleicht fünf Minuten ein, mehr nicht. Und schließlich warf mich ein Arzt in North Platte aus der Praxis. Aber er hat mir damit auch einen großen Gefallen getan.«