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„Später, junger Mann“, unterbrach ihn Spradley ungehalten. Er winkte dem Botschaftsrat zu, und die beiden schlenderten von der Gruppe weg.

Eine bläuliche Sonne strahlte von einem dunklen Himmel. Retief betrachtete seinen Atem, der als weiße Wolke vor dem Mund stand.

Eben fuhr ein breiter Wagen vor, und die Yill wiesen die Terraner durch Gesten an, hinten einzusteigen. Abwartend blieben die Yill dann stehen, gespannt, was die Männer von der Erde tun würden.

Der Botschafter bestieg den Wagen, und seine Leute folgten ihm. Genau wie im Empfangsgebäude gab es auch hier keine Sitzgelegenheiten.

Ehe Retief einstieg, versuchte er, die Schrift auf dem Laster zu entziffern. Vergeblich! Er beherrschte zwar die Yill-Sprache, nicht aber die Schrift. — Vielleicht würde er noch Gelegenheit finden, dem Botschafter zu sagen, daß er als Dolmetscher fungieren konnte.

In der Mitte des Lasters lag schmutziges Papier, und auf diesem Haufen entdeckte Retief das Gerippe eines Elektronenrechners und einen Strumpf, gelbrot gestreift, offensichtlich für den breiten Fuß eines Yill gefertigt.

Retief sah sich nach draußen um. Die Yill unterhielten sich aufgeregt. Keiner von ihnen stieg in den Wagen ein. Jetzt wurde die Ladeklappe des Lasters geschlossen, und mit einem heiseren Aufheulen der verbrauchten Turbinen setzte sich das Gefährt in Bewegung.

Die Männer von der Erde taumelten und suchten verzweifelt nach einem Halt. Das Verdeck war niedrig, und so mußten sie mit gesenkten Köpfen dastehen, eine denkbar unbequeme Stellung.

Die ungefederten Räder holperten über Katzenkopf-Pflaster und durch Schlaglöcher.

Jetzt ging es in die Kurve, und Retief streckte den Arm aus. Gerade noch rechtzeitig, um Botschafter Spradley, der wie ein Betrunkener umhertorkelte, vor einem Sturz zu bewahren. Zum Dank blitzte ihn der Botschafter wortlos an, rückte seinen Dreispitz zurecht und blieb steif wie ein Zinnsoldat stehen, bis der Wagen erneut schlingerte.

Retief bückte sich zu dem winzigen verstaubten Fenster hinunter, um hinauszublicken. Er sah eine breite Straße, rechts und links standen niedrige Gebäude.

Der Wagen fuhr durch ein massives Tor, eine Auffahrt hinauf und hielt dann an. Jetzt wurde die Ladeklappe geöffnet, und Retief sah eine nackte graue Fassade, deren Eintönigkeit kleine Fenster unterbrachen, die in unregelmäßigen Abständen in die Wände eingelassen waren.

Ein scharlachroter Wagen hielt vor dem Laster, und das Empfangskomitee der Yill stieg aus. Durch die breiten Fenster konnte Retief die bequeme Polsterung des Wagens sehen, und auf der eingebauten Bar standen halbgefüllte Gläser.

P’Toi, der Yill-Dolmetscher, kam heran und wies auf eine kleine Tür in der grauen Hauswand. Magnan stürzte darauf zu und hielt sie dem Botschafter auf. Als Spradley vor der Tür stand, vertrat ihm ein Yill den Weg und blieb dann abwartend stehen.

Spradley richtete sich auf, funkelte den Yill an, verzog seine Lippen zu einem süßsauren Lächeln und trat zur Seite. Die Yill sahen einander an und gingen dann in das Haus hinein.

Retief folgte als letzter, und so konnte er einen schwarzgekleideten Diener beobachten, der einen Papierkorb in der Hand hielt. Jetzt trat der Diener zu einer großen Kiste, nahm deren Deckel ab und leerte den Papierkorb hinein. Überrascht verglich Retief die Aufschrift der Kiste mit den Schriftzeichen des Lasters, in dem er und die anderen Besucher der Erde gekommen waren. Er konnte zwar noch immer nicht entziffern, was die Zeichen bedeuteten, aber soviel erkannte er: Die Aufschriften auf Laster und Abfallkiste waren identisch.

Das Schrillen der Pfeifen und Jammern der Flöten hatte sich innerhalb einer Stunde zu einem ohrenbetäubenden Lärm gesteigert.

Retief verließ seine Kabine und schritt die Treppe hinunter zum Festsaal. Vor der geöffneten Tür zündete er sich eine schlanke Zigarre an und beobachtete aus schmalen Augenschlitzen, wie unterwürfig dreinblickende Diener in Schwarz mit hochbeladenen Tabletts über die Korridore flitzten.

Drin im Festsaal deckten andere Bedienstete vier Tische, die, rechtwinklig zueinander aufgestellt, ein großes Quadrat bildeten, dessen Mitte frei blieb. Den Tisch, der parallel zum Eingang stand, deckten die Diener mit Brokattüchern, die beiden Tische rechts und links davon mit schweren weißen Decken, und auf den Tisch, der dem am Eingang gegenüberstand, stellten sie Blechnäpfe, ohne die rohe Platte mit Tischtüchern zu bedecken.

Ein Yill in prächtigem Gewand trat zur Tür und machte einem Diener Platz, ehe er selbst in den Festsaal trat.

Als er terranische Laute hörte, drehte sich Retief um. Der Botschafter kam heran, zwei Diplomaten folgten ihm auf den Fersen. Spradley schenkte Retief einen flüchtigen Blick, rückte seine Halskrause zurecht und blickte in den Festsaal.

„Offensichtlich will man uns wieder warten lassen“, brummte er ärgerlich. „Nach meinen Informationen sind die Yill entschlossen, keinen Fingerbreit von ihren Forderungen abzuweichen. In Anbetracht dessen wundert mich…“

„Herr Botschafter“, fragte Retief, „haben Sie schon bemerkt…?“

„Jedoch“, sagte Botschafter Spradley und betrachtete Retief, ohne ihn zu sehen, „muß ein hartgesottener Diplomat auch mal einen Nasenstüber einstecken können. Schließlich kommt es darauf an, wer zuletzt… Ah, da sind Sie, Magnan!“ Er wandte sich um und redete auf den Sekretär ein.

Irgendwo dröhnte ein Gong. Augenblicklich füllte sich der Korridor mit schnatternden Yill, die an den Besuchern vorbei in den Festsaal drängten. P’Toi, der Yill-Dolmetscher, trat heran und hob eine Hand.

„Warrrten hierrr!“ schnarrte er.

Immer noch drängten sich Yill in den Festsaal und nahmen ihre Plätze ein. Zwei Wächter mit Helmen auf den breiten Schädeln winkten die Terraner energisch zur Seite. Ein Hüne von einem Yill mit grauen Wangen watschelte zu der Tür. Ketten aus Perlen, Edelsteinen und wertvollen Metallen klirrten leise, als er in den Saal trat. Ihm folgten zahlreiche Wächter.

„Der Staatschef’, hörte Retief Magnan flüstern. „F’Kau- Kau-Kau, der Herrliche.“

„Ich hatte noch nicht einmal Gelegenheit, mich vorzustellen“, murrte der Botschafter. „Selbstverständlich ist auch rar bekannt, daß ein Protokoll hin und wieder durchbrochen wird. Aber ich muß gestehen.“ Er schüttelte den Kopf.

Der Yill-Dolmetscher meldete sich zu Wort.

„Sie werrrden nun legen auf Eingeweide und zu Festtafel krrriechen!“ Er deutete in den Saal.

„Eingeweide?“ Fassungslos sah der Botschafter die Leute seines Stabes an.

„Mr. P’Toi meint wohl unsere Bäuche“, vermutete Magnan. „Er verlangt lediglich, daß wir auf dem Bauch zu unseren Plätzen kriechen.“

„Zum Teufel, was gibt’s da zu grinsen, Sie Idiot!“ brüllte der Botschafter.

Magnan hörte augenblicklich auf zu lächeln und sah betroffen drein. — Spradley betrachtete die zahlreichen Orden, die seinen Bauch zierten.

„Das ist — ich habe noch nie.“

„Huldigung an Götterrr“, erklärte der Dolmetscher.

„Religion — auch das noch!“ sagte jemand.

„Nun, wenn es um religiöse Bräuche geht…“, sagte der Botschafter und sah sich unsicher um.

„Es sind ja nur ein paar hundert Meter“, tröstete ihn Magnan.

In diesem Augenblick trat Retief vor den Dolmetscher P’Toi und sagte: „Seine Exzellenz, der terranische Botschafter, wird nicht kriechen!“

„Augenblick, junger Mann“, mischte sich Spradley hastig ein. „Ich habe nichts dergleichen verlauten lassen.“

„Nicht krrriechen?“ Das Gesicht des Yill blieb unbeweglich und für die Terraner unergründlich.

„Es wäre gegen unsere religiöse Überzeugung.“

„Gegen?“

„Wir sind Jünger der Schlangen-Göttin“, erklärte Retief. „Es ist ein Sakrileg, zu kriechen.“ Er ging an dem Dolmetscher vorbei und schritt zu dem Tisch am anderen Ende des Raumes. Die Diplomaten von der Erde folgten ihm.