Выбрать главу

Hal Clement

Botschafter von ven Sternen

Utopischer Roman

Deutsche Erstveröffentlichung

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Titel der amerikanischen Originalausgabe CLOSE TO CRITICAL

Deutsche Übersetzung von Wulf H. Bergner

2. Auflage

1

Aus einer Entfernung von sechzehn Lichtjahren schien Sol etwas schwächer als der Stern, der die Spitze des Schwertes von Orion bildet, und konnte sich kaum in den Diamantlinsen der seltsamen Maschine widerspiegeln. Aber die Beobachter hatten trotzdem den Eindruck, das Ding werfe einen letzten Blick auf das Planetensystem zurück, wo es hergestellt worden war. Für ein lebendes, empfindsames Wesen wäre das ganz natürlich gewesen, denn es fiel jetzt bereits auf die riesige dunkle Masse zu, die nur noch wenige tausend Kilometer entfernt war.

Jeder gewöhnliche Planet wäre aus dieser Entfernung strahlend hell gewesen, denn Altair befand sich in bestmöglicher Position: Altair ist kein veränderlicher Stern, sondern rotiert so rasch, daß eine beträchtliche Abflachung entsteht, und der Planet erhielt das Licht aus den helleren Polarregionen. Trotzdem war die dunkle Masse gegen die Milchstraße im Hintergrund kaum auszumachen, denn das von Altair ausgehende Licht wurde förmlich aufgesogen, anstatt die Planetenoberfläche zu erhellen.

Aber die Augen der Maschine waren speziell für Tenebras Atmosphäre konstruiert worden. Der weiße Plastikwürfel drehte sich langsam um seine eigene Achse, als der Roboter sich auf sein Ziel konzentrierte. Das Metallgerüst, in dem er aufgehängt war, machte diese Bewegung mit, so daß die dicken Metallzylinder nun auf die Planetenoberfläche wiesen.

Noch war nicht zu erkennen, daß etwas aus ihnen strömte, denn die Atmosphäre war noch zu dünn, um unter dem Aufprall der Ionen zu glühen, aber die Tonnen von Metall und Plastik verlangsamten ihren Fall. Die Düsen verringerten die Anziehungskraft des Planeten, dessen Durchmesser das Dreifache des Erddurchmessers betrug, und sie leisteten so gute Arbeit, daß das Metallgerüst bis zum Eintritt in die Atmosphäre keinen Schaden davontrug.

Die Diamantaugen blitzten nicht mehr, als die Gasschwaden der Planetenatmosphäre die Maschine allmählich umhüllten. Jetzt sank sie langsam und gleichmäßig; der Ausdruck vorsichtig wäre vielleicht die beste Beschreibung dafür gewesen. Altair strahlte noch immer, aber schon kurze Zeit später konnten selbst die hochempfindlichen Fotozellen hinter den Diamantaugen das Licht der Sterne nicht mehr aufnehmen.

Dann kam die Veränderung. Bisher war das Ding nur eine ungewöhnlich geformte Rakete gewesen, deren Düsen ihren Fall verlangsamten, als sie zur Landung ansetzte. Daß die Strahlen aus den Düsen Flammenzungen glichen, bedeutete noch nichts; schließlich wurde die Atmosphäre ständig dichter.

Aber die Düsen selbst hätten eigentlich nicht glühen sollen.

Sie taten es aber. Die Öffnungen glühten heller, als wollten sie mit aller Gewalt den Fall daran hindern, in einen unkontrollierten Sturz überzugehen, und die Düsen leuchteten kirschrot. Das genügte den Männern, die diesen Vorgang verfolgt hatten; Lichtblitze zuckten entlang der Streben auf, an denen die Düsen befestigt waren. Die Verbindung löste sich sofort, und die Maschine fiel allein weiter.

Nur einen Augenblick lang. Schon eine halbe Sekunde nach der Trennung von den Triebwerken entfaltete sich ein riesiger Fallschirm über dem Plastikwürfel. Unter der hier herrschenden Schwerkraft hätte er sofort reißen müssen, aber seine Konstrukteure hatten ihr Handwerk verstanden. Er hielt. Die unglaublich dichte Atmosphäre — selbst in dieser Höhe wesentlich dichter als die irdische — bauschte den Fallschirm auf und leistete energischen Widerstand.

Aus diesem Grund wurde das Gerät selbst dann nicht beschädigt, als es hart auf der Oberfläche von Tenebra aufsetzte.

Unmittelbar nach der Landung geschah zunächst gar nichts. Dann bewegte sich der Würfel, ließ den Fallschirm mit der Aufhängevorrichtung hinter sich zurück, entfernte sich auf fast unsichtbaren Raupenketten von dem Gewirr aus Metallbändern und blieb stehen, als wolle er sich umsehen.

Aber er sah sich nicht um; im Augenblick war er noch nicht dazu fähig. Zunächst mußten Anpassungen vorgenommen werden. Selbst ein massiver Plastikklotz, der nur wenige bewegliche Teile aufwies, konnte unter einem Druck von über achthundert Atmosphären nicht völlig unverändert bleiben. Seine Abmessungen — außen und innen — hatten sich leicht verändert. Die Pause nach der Landung war erforderlich gewesen, damit die weit entfernten Beobachter feststellen konnten, auf welche Frequenzen er jetzt ansprach. Die Augen, die im luftleeren Raum so ausgezeichnet funktioniert hatten, mußten anders eingestellt werden, damit der veränderte Brechungsindex zwischen den Diamanten und dem neuen Medium nicht alle Bilder hoffnungslos verzerrte. Dieser Vorgang wurde durch die Atmosphäre selbst gesteuert, als sie durch winzige Öffnungen in den Raum zwischen den einzelnen Linsen drang.

Nachdem diese Anpassung vorgenommen worden war, bedeutete die fast vollständige Dunkelheit nichts mehr für diese Augen, denn die Verstärker multiplizierten jedes Strahlungsquant, das die Diamanten aufnahmen. Hoch über der Planetenoberfläche starrten Männer gespannt auf die Bildschirme, auf denen erschien, was der Roboter sah.

Auf den ersten Blick schien die Landschaft sich nicht allzu sehr von einer irdischen zu unterscheiden.

Am Horizont erhoben sich breite Hügel, deren Umrisse nur undeutlich erkennbar waren. Der Boden schien mit Gras bewachsen zu sein, obwohl die sichtbare Spur des Roboters darauf hindeutete, daß es sich dabei um ziemlich brüchige Pflanzen handeln mußte.

An höhergelegenen Stellen standen einzelne Buschgruppen. Nirgends war eine Bewegung feststellbar, obwohl die Mikrophone des Plastikwürfels ständig ein dumpfes Grollen und Dröhnen aufnahmen.

Die Maschine sah sich mehrere Minuten lang um.

Vielleicht hofften die weit entfernten Beobachter, daß die durch die Landung erschreckten Tiere wieder zum Vorschein kommen würden; diese Hoffnung erfüllte sich jedoch vorläufig nicht. Kurze Zeit später bewegte der Roboter sich wieder auf die Überreste der Fallschirmaufhängung zu, richtete seine Scheinwerfer darauf und betrachtete sorgfältig sämtliche Teile. Dann rollte er wieder fort; diesmal allerdings wesentlich zielbewußter.

In den nun folgenden zehn Stunden untersuchte er die Umgebung der Landungsstelle, wobei er gelegentlich anhielt, um einen Gegenstand oder eine Pflanze genauer zu betrachten. Von Zeit zu Zeit stieß er Töne in verschiedener Lautstärke und wechselnder Höhe aus. Dies allerdings nur, wenn er sich gerade in einem Tal oder wenigstens nicht auf dem höchsten Punkt eines Hügels befand; aus irgendeinem Grund schien er sich für die Echos zu interessieren.

In regelmäßigen Abständen kehrte er zu der Fallschirmaufhängung zurück und wiederholte dort die sorgfältige Untersuchung, als erwarte er bestimmte Veränderungen. Unter den hier herrschenden Verhältnissen — Oberflächentemperatur einhundertachtzig Grad Celsius, atmosphärischer Druck achthundert Atmosphären, Treibhausklima aus Wasser, Sauerstoff und Schwefeloxyden — dauerte es nicht lange, bis etwas geschah. Der Roboter registrierte die gleichmäßig fortschreitende Korrosion. Einige Teile widerstanden ihr länger als die anderen; ohne Zweifel hatten die Konstrukteure verschiedene Legierungen verwandt — vielleicht sogar, um eben diese Tatsache zu beweisen.

Der Roboter blieb in der Nähe des Landeplatzes, bis das Metall sich völlig aufgelöst hatte.

Während dieser Zeit erbebte der Boden in unregelmäßigen Abständen. Gelegentlich wurde das Beben von den unerklärlichen Geräuschen begleitet, die schon früher von den „Ohren“ der Maschine aufgenommen worden waren. Die Beobachter machten sich deswegen zunächst Sorgen, aber später stellten sie fest, daß die Hügel in der näheren Umgebung nur sanft anstiegen und daß der Boden weder Felsbrokken noch Spalten aufwies, so daß kein Grund bestand, wegen der Auswirkungen des Erdbebens auf die teure Maschine Befürchtungen zu hegen.