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»Dofnup?« sagte er und musterte das Spielbrett mit gerunzelter Stirn. »Ein solches Wort gibt es nicht.«

»Das ist eine dreieckige Kappe, wie sie die Holzfäller tragen«, sagte sie.

»Holzfäller?«

»Wie Paul Bunyan[3]

»Holzfäller tragen Strickmützen, ähnlich wie die Schimützen, oder runde Ledermützen mit Ohrenkappen.«

»Ich rede nicht von den Mützen, die sie zur Arbeit in den Wäldern tragen«, erklärte sie geduldig. »>Dofnup< - das ist der Name der Mütze, die sie im Bett tragen.«

Er lachte und schüttelte den Kopf. »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen?«

Sie sah ihn an, ohne eine Miene zu verziehen. »Nein. Das ist wahr.«

»Holzfäller tragen also im Bett eine besondere Mütze?«

»Ja, den Dofnup.«

Allein der Gedanke, daß Nora ihn veräppeln könnte, war ihm fremd, also fiel er darauf herein. »Dofnup? Warum heißt die so?«

»Keine Ahnung«, sagte sie.

Einstein lag auf dem Boden, schaute sich ein Bilderbuch an und mühte sich auch mit dem Text ab. Er konnte von Büchern einfach nicht genug kriegen. Vor zehn Tagen, als die Besessenheit des Hundes für Bücher Noras Geduld, ihm die Bücher zu halten und umzublättern, überstrapaziert war, hatten sie versucht, sich eine Vorrichtung auszudenken, die es Einstein erlaubte, die Seiten selbst umzulegen. In einem Geschäft für Krankenhausbedarf hatten sie ein Gerät gefunden, das für Patienten bestimmt war, die weder ihre Arme noch ihre Beine gebrauchen konnten. Es handelte sich um ein Gestell aus Metall, an dem man die Umschlagdeckel des Buches festklammerte; elektrisch betriebene mechanische Arme, die von drei Druckknöpfen in Bewegung gesetzt wurden, legten die Seiten um und hielten sie fest. Ein Querschnittgelähmter konnte sie mit einem Stift, den er zwischen den Zähnen hielt, bedienen; Einstein benutzte dazu seine Nase. Dem Hund schien das Ding riesiges Vergnügen zu bereiten. Jetzt winselte er leise über irgend etwas, das er gerade gesehen hatte, drückte einen der Knöpfe und wandte sich der nächsten Seite zu.

Travis legte >gemein< auf und sammelte eine Menge Punkte, weil er ein doppelwertiges Feld benutzt hatte, worauf Nora ihre Steine dazu benutzte, >Treis< aufzulegen, was sogar noch mehr Punkte wert war.

>»Treis<?« sagte Travis zweifelnd.

»Das ist eine beliebte Speise«, sagte sie.

»Tatsächlich?«

»Ja. Dabei wird sowohl Truthahn als auch Reis verwendet, deshalb heißt es so ...« sie konnte nicht weiterreden und brach in Gelächter aus.

Er starrte sie verblüfft an. »Du veräppelst mich also doch.

Du veräppelst mich! Nora Devon, was ist nur aus dir geworden? Als ich dich das erstemal sah, sagte ich mir: >Das ist die ernsteste, verbissenste junge Lady, die mir je untergekommen ist.<«

»Und verschroben wie ein Eichhörnchen.«

»Nun, verschroben nicht.«

»Doch«, beharrte sie. »Du dachtest, ich sei ein Eichhörnchen.«

»Also schön, ja, ich hielt dich für eines und dachte, du hättest wahrscheinlich den Dachboden voller Walnüsse.«

Sie grinste und meinte: »Wenn Violet und ich im Süden gelebt hätten, dann wären wir wahrscheinlich Gestalten aus einem Faulkner-Roman gewesen, nicht wahr?«

»Selbst für Faulkner zu absonderlich. Aber sieh dich doch jetzt an! Du erfindest dumme Wörter und noch dümmere Witze, bringst mich dazu, daß ich drauf reinfalle, weil ich einfach nicht erwarte, daß ausgerechnet Nora Devon so etwas tut. Du hast dich in den letzten Monaten wirklich verändert.«

»Das verdanke ich dir«, sagte sie.

»Vielleicht mehr Einstein als mir.«

»Nein, am meisten dir«, sagte sie. Und plötzlich hielt wieder jene alte Scheu sie gefangen. Sie wandte den Blick ab, schaute auf ihr Scrabble-Brett und sagte leise: »Dir vor allem. Einstein wäre ich nie begegnet, wenn ich nicht dir begegnet wäre. Und du ... du hast dich für mich interessiert ... warst um mich besorgt ... hast etwas in mir gesehen, das ich selbst nicht sehen konnte. Du hast einen anderen Menschen aus mir gemacht.« »Nein«, sagte er. »Da schreibst du mir zuviel zu. Man brauchte keinen anderen Menschen aus dir zu machen. Diese Nora hat es immer gegeben, in der alten Nora, so wie eine Blume verborgen und zusammengekauert im jämmerlich kleinen Samen wartet. Man brauchte dich bloß zu ermutigen, damit du ... nun, damit der wächst und blüht.«

Sie konnte ihn nicht ansehen. Ihr war, als hätte man ihr einen riesigen Stein auf den Nacken gelegt und sie gezwungen, den Kopf zu senken; sie spürte, wie ihr Gesicht sich rötete. Dennoch fand sie die Courage zu sagen: »Es ist so verdammt schwer zu blühen ... sich zu verändern. Selbst wenn man sich verändern will, es sich mehr wünscht als alles andere in der Welt, ist es schwer. Der Wunsch, sich ändern zu wollen, reicht nicht. Und die Verzweiflung reicht auch nicht. Ohne ... Liebe geht es nicht.« Ihre Stimme war ganz leise geworden, nur noch ein Flüstern, und sie brachte es nicht fertig, lauter zu werden. »Liebe ist wie das Wasser und die Sonne, die den Samen wachsen lassen.«

Er sagte: »Nora, sieh mich an.«

Der Stein in ihrem Nacken wog hundert Pfund, tausend. »Nora?«

Eine Tonne wog er.

»Nora, ich liebe dich auch.«

Irgendwie, unter großer Anstrengung, hob sie den Kopf. Sie sah ihn an. Seine braunen Augen, so dunkel, daß sie beinahe schwarz waren, warm und freundlich und schön. Sie liebte diese Augen. Sie liebte seine schmale Nase. Jede Einzelheit in seinem hageren, asketischen Gesicht liebte sie.

»Ich hätte es dir zuerst sagen sollen«, sagte er, »weil es für mich leichter ist als für dich. Vor Tagen hätte ich es sagen müssen, vor Wochen: Nora, bei Gott, ich liebe dich. Aber ich habe es nicht gesagt, weil ich Angst hatte. Jedesmal, wenn ich es zulasse, jemanden zu lieben, verliere ich ihn. Aber diesmal, denke ich, wird es vielleicht anders sein. Vielleicht wirst du das für mich so ändern, wie ich dir geholfen habe, dich zu ändern. Und vielleicht ist diesmal das Glück auf meiner Seite.« Ihr Herz schlug wie wild. Sie konnte kaum atmen. Aber sie sagte: »Ich liebe dich.«

»Wirst du mich heiraten?«

Sie war wie betäubt. Sie wußte nicht, was sie erwartet hatte, aber das sicherlich nicht. Einfach ihn sagen zu hören, daß er sie liebte; einfach fähig zu sein, ihm gegenüber dieselben Gefühle auszudrücken - das hätte schon gereicht, um sie Wochen, ja Monate glücklich zu machen. Sie hatte erwartet, genug Zeit zu haben, um ihre Liebe zu umkreisen, als wäre sie ein großes, geheimnisvolles Bauwerk, das man wie irgendeine neuentdeckte Pyramide von jedem Blickwinkel aus studieren und über das man nachgrübeln mußte, ehe man es wagte, an die Erforschung des Inneren zu gehen.

»Wirst du mich heiraten?« wiederholte er.

Das war zu schnell, unbesonnen schnell. Sie saß auf dem Küchenstuhl, wurde schwindlig, als hätte sie auf einem Karussell gesessen, das sich zu schnell drehte. Sie hatte Angst, wollte ihm sagen, er solle langsamer werden, versuchte zu sagen, daß sie genügend Zeit hätten, über den nächsten Schritt nachzudenken, ehe sie ihn taten. Aber zu ihrer eigenen Überraschung hörte sie sich sagen: »Ja. ja.«

Er streckte die Hände aus und ergriff die ihren. Dann weinte sie, aber es waren gute Tränen.

In sein Buch versunken, hatte Einstein dennoch wahrgenommen, was sich da anbahnte. Er kam zum Tisch, beschnüf felte sie beide, rieb sich an ihren Beinen und winselte glücklich.

Travis sagte: »Nächste Woche?«

»Heiraten? Aber es braucht doch Zeit für die Lizenz und das Aufgebot und alles.«

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3

Paul Bunyan: riesenhafter Holzfäller der amerikanischen Legende, der mit Hilfe seines blauen Ochsen Babe eine Reihe übermenschlicher Taten vollbringt. - Anm. d. Ü.