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Nachwort

Nur wenige Autoren in der Science-Fiction-Literatur haben eine derart erstaunliche Karriere gemacht wie Robert Silverberg. Ganz ohne Zweifel gehört er heute in die kleine Gruppe jener Autoren, die ambitionierte Science Fiction schreiben und zugleich bei der breiten Masse der Leser auf Resonanz stoßen. Aber das war nicht immer so.

Der junge Silverberg begann einmal ganz unten, als Lohnschreiber, der für eine Art Gehalt schrieb, was gerade verlangt wurde. So verfaßte er sowohl unter eigenem Namen als auch unter mehreren Pseudonymen rund 50 000 Wörter im Monat für das Magazin Amazing: Stories mit vorgegebener Länge und der Direktive, nur ja recht viel Dialog einzubringen. (Der Redakteur des Magazins zu Silverberg: „Bringen Sie einen Haufen Anführungszeichen im Text unter. Anführungszeichen sind unheimlich beliebt.“)

Erstaunlich, daß er sich später so leicht von diesem anspruchslosen Stil und den meistens ebenso anspruchslosen Inhalten lösen konnte — vielleicht deshalb, weil er nach eigener Aussage zu jener Zeit Fingerspitzen und Gehirn weitgehend voneinander zu trennen suchte. Erstaunlich auch, daß ihm damals, trotz allem, hin und wieder thematisch überzeugende Stories gelangen, für deren Summe ihm die Leser 1956 einen HUGO als bestem Nachwuchsautor verehrten. (Erwähnenswert sind auch und vor allem die unter dem Pseudonym Robert Randall gemeinsam mit Randall Garrett 1956-1958 verfaßten Stories über den Planeten Nidor.)

Robert Silverberg wurde 1934 in New York geboren, studierte Englisch an der Columbia University und erwarb dort den akademischen Grad des Bachelor of Arts. Nachdem er sich als Jugendlicher schon für Science Fiction begeistert hatte, begann er mit dem Schreiben von SF-Stories in den frühen fünfziger Jahren. 1954 gelang es ihm, die erste Kurzgeschichte zu verkaufen, und schon 1955 begann er die eingangs zitierte Karriere als Lohnschreiber.

Wie er selbst äußert, machte ihn diese Art von Arbeit in der Tretmühle im Laufe der Zeit krank. Vorerst sah er jedoch keine Möglichkeit auszubrechen. Auch dann nicht, als der SF-Magazinmarkt weitgehend zusammenbrach und die überlebenden Magazine die ohnehin bescheidenen Honorarsätze kürzten. Er wandte sich von der Science Fiction ab und schrieb „die buntesten Abfälle aller Art“ (Zitat Silverberg) in anderen Genres zusammen. Dann, mehr durch Zufall, erhielt er die Möglichkeit, Sachbücher über archäologische Themen zu verfassen und damit ein früheres Hobby aufzuarbeiten. Zu seiner eigenen Überraschung fand er über dieser Arbeit, die ihn zu sorgfältigen Recherchen statt zu flinker Literaturproduktion zwang, zu einer neuen Identität als Autor.

Zehn Jahre lang blieb er den Sachbüchern treu, erwarb sich Reputation damit und erlangte zudem wirtschaftliche Unabhängigkeit. Es war ein neuer Silverberg, der nach dieser Zeitspanne zur Science Fiction zurückkehrte. Mit Thorns (1967, Der Gesang der Neuronen) gelang ihm auf Anhieb ein vielbeachteter neuer Start. Noch im selben Jahr erschienen mit Hawksbill Station (1967, Verbannte der Ewigkeit) und To Open the Sky (1967, Das heilige Atom, erstmals ungekürzte Neuherausgabe bei Moewig in Vorbereitung) zwei weitere bemerkenswerte Romane. In der Folge waren es Werke wie Up the Line (1969, Zeitpatrouille), The Man in the Maze (1969, Exil im Kosmos, Neuauflage bei Moewig in Vorbereitung), To Live Again (1969, Die Seelenbank, erstmals ungekürzte Neuherausgabe bei Moewig in Vorbereitung), Tower of Glass (1970, Kinder der Retorte), A Time of Changes (1971, Zeit der Wandlungen), Dying Inside (1972, Es stirbt in mir, Neuauflage bei Moewig in Vorbereitung) und das vorliegende Werk Bruderschaft der Unsterblichen (The Book of Skulls, 1972), die ihn bei den Lesern und bei der Kritik in die Gruppe der besten und beliebtesten Autoren beförderten. Nach mehrjähriger Pause legte er 1979 mit Lord Valentine’s Castle (Buchausgabe 1980, Krieg der Träume, als Moewig-Hardcover erschienen) einen mit Spannung erwarteten voluminösen neuen Roman vor. Robert Silverberg erhielt zweimal den Hugo-Gernsback-Award, einmal den Jupiter, einmal den Locus-Award und viermal den Nebula-Award; seine wichtigsten Werke wurden zudem fast immer zumindest für einen Preis nominiert. Ferner erwarb er sich Meriten als Verfasser von SF-Jugendbüchern.

Besonders in den frühen siebziger Jahren begann Silverberg damit, die Grenzen des Genres zu erkunden. Daß es ihm darum ging, Tabus zu brechen, mit denen die Science Fiction lange Zeit befrachtet war, wäre eine zu einfache, zu vordergründige Aussage, zumal hier insbesondere einige englische New-Wave-Autoren bereits neue Maßstäbe gesetzt hatten. Immerhin ist aber bemerkenswert, wie lässig-beiläufig in Bruderschaft der Unsterblichen (The Book of Skulls) ein Homosexueller und ein Jude, beides Angehörige von Minderheiten in Amerika und den Aggressionen ihrer Umwelt nicht eben selten ausgesetzt, zu Protagonisten dieses Romans werden. Gerade sie, die Schwachen, eigentlich von Anfang an dazu prädestiniert, Opfer des Unsterblichkeitsrituals zu werden, überleben, werden unsterblich.

Vorausgesetzt natürlich, die Unsterblichkeit erweist sich nicht letztlich doch als ein Schwindel. Und hier genau dürfte der größte Reiz des Buches liegen, nämlich in der Ambivalenz des Themas. Silverberg läßt in der Schwebe, ob die Verheißungen dieser Klosterbruderschaft in der Wüste von Arizona ernst zu nehmen sind oder nicht. Der Leser selbst muß sich entscheiden, was er glauben will, seine Interpretation bestimmt die Aussage des Buches. Diese spielerische Handhabung eines vertrauten SF-Themas gibt dem Roman eine starke innere Spannung und ermöglicht zudem eine selten anzutreffende Konzentration auf vier einprägsame Charaktere. So wird denn letztlich die Frage, warum die vier überhaupt unsterblich werden wollen, viel interessanter und wichtiger als jene andere Frage, ob der Traum nach Unsterblichkeit realisiert werden kann.

Hans Joachim Alpers

Robert Silverberg

Bruderschaft der Unsterblichen

MOEWIG

Deutsche Erstausgabe

Titel der Originalausgabe: The Book of Skulls

Aus dem Amerikanischen von Marcel Bieger

Copyright © 1972 by Robert Silverberg

Copyright © der deutschen Übersetzung 1980 by Moewig Verlag, München

Umschlagillustration: Carl Lundgren

Umschlagentwurf und -gestaltung: Franz Wöllzenmüller, München

Redaktion: Hans Joachim Alpers

Verkaufspreis inkl. gesetzl. Mehrwertsteuer

Auslieferung in Österreich: Pressegroßvertrieb Salzburg, Niederalm 300, A-5081 Anif

Printed in Germany 1980

Gesamtherstellung: Mohndruck, Gütersloh

e-Book by Brrazo 05/2012

ISBN 3-8118-3500-9