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Barbara hätte es nicht verstanden. Nein, das war das falsche Wort — auch Tom konnte nicht behaupten, dass er diese Ereignisse verstand. Enorme Rätsel waren noch zu lösen. Aber er akzeptierte sie.

Seine Bereitschaft, das offenbar Unmögliche anzunehmen, war nahezu grenzenlos. Sie existierte in dieser Form wahrscheinlich seit dem Abend, als er die Kellerwand durchbrochen hatte.

Er dachte an diesen Abend und an die Tage und Nächte danach. Es waren helle, leuchtende Erinnerungen, deren Glanz zunahm, je öfter er sie sich ins Bewusstsein rief.

Er stemmte große, staubige Stücke aus der Gipswand, bis das Loch groß genug war, damit er hindurchkriechen konnte.

Der Raum dahinter war dunkel. Er tastete ihn mit dem Strahl seiner Taschenlampe ab, aber die Batterien waren offenbar bereits ziemlich schwach — er konnte keine gegenüberliegende Wand finden. Es schien auch keine zu existieren.

Es sah aus…

Tja, es sah aus, als sei er in einen Tunnel vorgedrungen, der etwa so breit war wie dieser Kellerraum und der unter dem Garten neben dem Haus verlief und sich bis in den Hang des Hügels fortsetzte, auf dem sich die Post Road befand.

Er bewegte sich vorwärts. Die Tunnelwände waren glatt und konturlos grau; ebenso die Decke und der Fußboden. Es war keine feuchte unterirdische Kammer. Hier war es trocken, sauber und staubfrei — bis auf den Schmutz, den er mit seinem Brecheisen gemacht hatte.

Und es entstand Licht. Der Tunnel hellte sich auf, noch während Tom sich unschlüssig umschaute. Das Licht hatte keine fest umrissene Quelle, obgleich es vorwiegend von oben herabzustrahlen schien. Tom schaute nach unten, schaltete seine Taschenlampe aus und entdeckte, dass um seine Füße herum ein diffuser Schatten entstand.

Das Licht zog sich durch den Korridor, der an der Rückseite seines Kellers begann und in einer weiten Linkskurve sanft aufwärts führte. Dabei verlief er einige Meter weit parallel zur Post Road und schwenkte dann im Bereich des Highway nach Westen ab. Falls Tom sich nicht verschätzte, geschah das in einer Entfernung von rund einer Viertelmeile.

Tom blieb stehen und betrachtete diese Aussicht.

Seine erste Reaktion war ein ausgelassenes, nervöses Hochgefühl. Bei Gott, er hatte recht gehabt! Es gab tatsächlich hier unten etwas. Etwas Rätselhaftes, Seltsames, Großes, möglicherweise sogar Magisches. Etwas, von dem er noch nie in der Zeitung gelesen hatte, das er nicht aus dem Fernsehen kannte, von dem er noch nie durch einen Freund gehört hatte, das er nie erlebt oder zu erleben erwartet hatte. Etwas aus dem tiefen Brunnen von Mythos, Märchen und wilden Vermutungen.

Vielleicht lebten hier Oger. Vielleicht auch Engel.

Seine nächste Reaktion, fast genauso spontan, war ein heftiger Angstschauer. Wer immer diesen Ort geschaffen hatte — die Maschinenkäfer oder welche Macht sie auch lenken mochte —, musste ungemein stark sein. Es war eine mächtige Kraft, die sich lieber versteckt hielt. Eine mächtige Kraft, die er vielleicht mit seinem Brecheisen und seinem Hammer aufgestört hatte.

Er schob sich rückwärts durch das Loch in der Kellerwand aus dem Korridor hinaus — langsam und leise, obgleich ihm sein heimliches Vorgehen ziemlich lächerlich vorkam. Wenn er bis jetzt keine geheimnisvollen Wesen, wie immer sie aussehen mochten, aufgescheucht hatte, als er mit einem Brecheisen in ihre Behausung vorgedrungen war, welchen Sinn hatte es dann, jetzt noch die Luft anzuhalten? Aber er konnte sich nicht gegen den Impuls wehren, so leise wie möglich den Rückzug anzutreten.

Er kehrte in die doch etwas weniger geheimnisvolle Umgebung des Kellers seines Hauses zurück.

Seines Hauses — aber es gehörte ihm gar nicht. Was hatte er lernen müssen? Es gehörte ihm nicht, als er es kaufte; es gehörte ihm jetzt nicht; und es würde ihm nicht gehören, wenn er es verließ.

Er wischte sich die Stirn mit seinem Hemdärmel ab. Der Stoff war weiß vom Verputz und feucht.

Ich kann heute nicht hier schlafen.

Aber die Angst begann bereits nachzulassen. Er hatte sehr oft hier geschlafen, wohlwissend, dass etwas Seltsames geschah und dass es keine Gefahr für ihn darstellte. Der Tunnel und seine Träume waren trotz allem Teil eines einzigartigen Phänomens. Hilf uns, hatten seine Träume ihn gebeten. Das war nicht gerade die Botschaft einer allmächtigen Wesenheit.

Hinter dem Loch in der Wand wurde es in dem leeren Korridor wieder dunkel und still.

Es gelang ihm, um kurz nach vier Uhr einzuschlafen, und er wachte eine Stunde vor Arbeitsbeginn wieder auf. Sein Schlaf war traumlos und tief gewesen. Er zog sich um — er hatte in seinen Kleidern geschlafen — und tappte in den Keller hinunter.

Dort erlebte er einen Schock:

Das Loch in der Wand war schon fast wieder geschlossen.

Eine Reihe von winzigen insektenhaften Maschinen bewegte sich zwischen dem Geröll auf dem Fußboden und der Wand hin und her, die Tom am vorherigen Tag aufgebrochen hatte. Sie wanderten langsam im Kreis über den schartigen Rand der Öffnung, strickten sie regelrecht zu und versetzten die Wand wieder in ihren ursprünglichen Zustand. Es waren die Insektenmaschinen, die er dabei beobachtet hatte, wie sie vom Fundament durch den vom Mond beschienenen Garten zum Wald gewandert waren. Tom erkannte sie wieder und war seltsamerweise so gut wie nicht überrascht über ihr Erscheinen an dieser Stelle. Natürlich waren sie da. Sie versteckten sich ganz einfach nicht mehr.

Was sie an der Wand vollbrachten, war kein Flickwerk. Es war professionelle Arbeit, sauber und nahtlos ausgeführt. Ihm war instinktiv klar, dass er sogar die Herstellernamen in blauer Schrift auf den Rigipsplatten finden würde, wenn er die Farbe von ihnen abkratzte. Die Schrauben würden in ihren ursprünglichen Löchern in den Latten stecken, die Köpfe genauso versenkt wie zuvor, Holzmaserung und Astlöcher und Harztränen entsprächen wieder genau dem alten Zustand.

Er trat einen Schritt näher. Die Maschinenkäfer hielten inne. Er spürte, dass sie für einen kurzen Moment ihre Aufmerksamkeit auf ihn richteten.

Sie waren wie lautlos funktionierende Uhrwerkbausteine.

»Ihr wart die ganze Zeit hier«, flüsterte Tom. »Ihr habt das verdammte Geschirr gespült.«

Dann nahmen sie ihre Arbeit gleichmütig wieder auf. Das Loch wurde zusehends kleiner.

Er sagte — und dabei zitterte seine Stimme nur ein wenig: »Ich öffne die Wand wieder. Ist euch das klar?«

Sie beachteten ihn nicht.

Aber er öffnete die Wand nicht — jedenfalls nicht, ehe eine Woche verstrichen war.

Er hatte das Gefühl, zwischen zwei Welten zu schweben, sich über sich selbst und seine Wahlmöglichkeiten nicht ganz im Klaren zu sein. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er entdeckt hatte, war erschütternd. Aber sie bestand aus relativ kleinen, unscheinbaren Elementen — den Insekten, die seine Küche aufräumten, seinen Träumen, dem Tunnel hinter der Wand. Er versuchte sich Szenarios vorzustellen, in denen er all das den zuständigen Behörden erklärte — wo immer er solche finden mochte. (Das Grundbuchamt? Die örtliche Polizei? Die CIA, NASA; die Nationale Geographische Gesellschaft?) Grundsätzlich lag nichts von alledem auch nur entfernt im Bereich des Möglichen. Solche Geschichten landeten bestenfalls auf der Kuriositätenseite des National Enquirer.

Und er war noch gar nicht so weit, seine Entdeckungen zu offenbaren. Sie gehörten ihm, waren sozusagen sein Eigentum. Barbara war nicht mehr bei ihm, er hatte keinen sinnvollen Job mehr, und er hatte sogar auf den zweifelhaften Luxus verzichtet, den der Alkohol für ihn dargestellt hatte. Aber er hatte dieses Geheimnis… dieses gefährliche, erschütternde, absolut fremdartige und manchmal sehr beängstigende Geheimnis.