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Seine Lippen waren nur ein dünner Strich, sein ganzes Gesicht angespannt, aber seine Augen …

Die Rüstung zeigte erste Risse; sie brauchte nur noch einen letzten Stoß und Clary suchte nach den richtigen Worten. »Du hast eine Familie«, sagte sie. »Deine Familie, das sind die Menschen, die dich lieben – wie die Lightwoods, Alec, Isabelle …« Ihre Stimme brach. »Luke ist meine Familie und du zwingst mich dazu, seinen Tod mit anzusehen, so wie du als Zehnjähriger den angeblichen Tod deines Vaters mit ansehen musstest? Ist es das, was du willst, Jace? Ist das die Art von Mann, die du sein willst? So wie …«

Sie hielt inne, plötzlich erschreckt von dem Gedanken, dass sie vielleicht zu weit gegangen sei.

»Wie mein Vater«, sagte er.

Seine Stimme klang eiskalt und distanziert, flach wie eine Rasierklinge. Ich habe ihn verloren, dachte sie verzweifelt. »Runter mit dir«, sagte er und stieß sie grob von sich. Sie stolperte, fiel zu Boden und überschlug sich. Als sie wieder auf die Knie kam, sah sie, wie Valentin sein Schwert hoch über den Kopf hob. Das Licht des Kronleuchters brachte die Klinge zum Funkeln und seine Reflexionen explodierten wie kleine Lichtblitze vor ihren Augen. »Luke!«, schrie sie gellend. Die Klinge stieß ruckartig abwärts – in den Boden. Luke war verschwunden. Jace, der sich schneller bewegt hatte, als Clary es selbst für einen Schattenjäger für möglich gehalten hätte, hatte ihn aus dem Weg gestoßen, wodurch er einige Meter über das Parkett geschleudert worden war. Nun stand Jace seinem Vater gegenüber und blickte ihn über das zitternde Heft des Schwerts hinweg an, leichenblass, aber mit festem Blick.

»Du solltest jetzt besser gehen«, sagte er.

Valentin starrte seinen Sohn ungläubig an. »Was hast du gerade gesagt?«

Luke war es gelungen, sich aufzusetzen; frisches Blut durchtränkte sein Hemd. Er starrte Jace an, der eine Hand ausstreckte und sanft, beinahe desinteressiert den Griff des Schwerts streichelte, das noch immer im Boden steckte, »ich glaube, du hast mich verstanden, Vater.«

Valentins Stimme klang schneidend wie ein Peitschenhieb.

»Jonathan Morgenstern…«

Blitzschnell umfasste Jace den Griff des Schwerts, zog es ruckartig aus den Bodendielen und hob es an. Er hielt es locker, ausbalanciert, mit der breiten Seite nach oben, sodass die Schwertspitze nur Zentimeter unter dem Kinn seines Vaters schwebte. »Das ist nicht mein Name«, erwiderte er.

»Ich heiße Jace Wayland.«

Valentins Augen waren unverwandt auf Jace gerichtet; er schien das Schwert an seiner Kehle kaum wahrzunehmen.

»Wayland?«, brüllte er. »Du hast keinen Tropfen WaylandBlutes in dir! Michael Wayland ist ein Fremder für dich …« »Genau wie du«, sagte Jace ruhig. Dann ließ er das Schwert sinken. »Und jetzt geh.«

Valentin schüttelte den Kopf. »Niemals. Ich nehme keine Befehle von einem Halbstarken entgegen.«

Die Schwertspitze zuckte hoch und berührte Valentin an der Kehle. Mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen beobachtete Clary die Szene. »Ich bin ein sehr gut ausgebildeter Halbstarker«, sagte Jace. »Du selbst hast mich die hohe Kunst des Tötens gelehrt. Ist dir bewusst, dass ich nur zwei Finger bewegen muss, um dir die Kehle aufzuschlitzen?« Seine Augen funkelten eiskalt. »Ganz bestimmt ist es das.« »Du magst zwar gut ausgebildet sein«, meinte Valentin abschätzig, bewegte sich jedoch keinen Millimeter, »aber du bist nicht fähig, mich zu töten. Du hattest immer schon ein weiches Herz.«

»Er ist vielleicht nicht fähig dazu«, erwiderte Luke, der inzwischen wieder aufrecht stand, bleich und blutig, »aber ich bin es.

Und ich bin mir nicht sicher, ob er mich aufhalten könnte.« Valentins Augen zuckten fieberhaft zwischen Luke und seinem Sohn hin und her. Als Luke sprach, hatte Jace sich nicht umgedreht, sondern war reglos wie eine Statue stehen geblieben; sein Schwert hatte sich keinen Zentimeter bewegt.

»Hörst du, wie dieses Monster mir droht, Jonathan?«, fragte Valentin. »Und du stellst dich auf seine Seite?«

»Er hat nicht unrecht«, sagte Jace sanft. »Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob ich ihn aufhalten könnte, wenn er dich angreift. Werwölfe regenieren sich so schnell.«

Valentin verzog verächtlich das Gesicht. »Also ziehst du diese Kreatur, diesen halbblütigen Dämon deinem eigenen Blut, deiner eigenen Familie vor – so wie deine Mutter?« Zum ersten Mal schien das Schwert in Jace’ Hand leicht zu zittern. »Du hast mich verlassen, als ich ein Kind war«, sagte er mit fester Stimme. »Du hast mich glauben lassen, du wärst tot, und mich fortgeschickt, damit ich bei Fremden aufwachse. Du hast mir nie gesagt, dass ich eine Mutter habe und eine Schwester. Du hast mich zurückgelassen und zwar allein.« Das letzte Wort klang wie ein Aufschrei.

»Ich habe es für dich getan – zu deiner eigenen Sicherheit«, widersprach Valentin.

»Wenn Jace dir etwas bedeuten würde, wenn Blutsbande dir etwas bedeuten würden, hättest du seine Großeltern nicht umgebracht. Du hast unschuldige Menschen ermordet«, warf Clary wütend ein.

»Unschuldig?«, zischte Valentin. »In einem Krieg gibt es keine Unschuldigen! Sie haben sich mit Jocelyn gegen mich gestellt! Sie hätten zugelassen, dass sie meinen Sohn mitnimmt!«

»Das heißt, du wusstest, dass sie dich verlassen wollte?«, stieß Luke hervor. »Du wusstest, dass sie fliehen wollte, schon vor dem Aufstand?«

»Natürlich habe ich es gewusst!«, brüllte Valentin. Seine kühle, beherrschte Maske hatte Risse bekommen und jetzt konnte Clary die unbändige Wut sehen, die dahinter tobte, die die Sehnen an seinem Hals hervortreten und ihn die Hände zu Fäusten ballen ließ. »Ich tat, was ich tun musste, um mein Eigentum zu schützen, und am Schluss schenkte ich ihnen mehr, als sie je verdient hatten: einen Scheiterhaufen, wie er nur den größten Kriegern des Rats zugestanden wird!« »Du hast sie verbrannt«, sagte Clary mit ausdrucksloser Stimme.

»Ja!«, brüllte Valentin. »Ich habe sie verbrannt!«

»Meine Großeltern …«, murmelte Jace halb erstickt. »Du hast sie doch nie kennengelernt«, erwiderte Valentin.

»Täusch doch keinen Kummer vor, den du nicht fühlst.« Die Schwertspitze zitterte immer heftiger. Luke legte eine Hand auf Jace’ Schulter. »Ganz ruhig«, sagte er.

Jace schaute ihn nicht an. Er atmete so schwer wie nach einem langen Lauf. Clary sah, dass Schweiß auf seinen Schulterblättern schimmerte und sein Haar an den Schläfen klebte. Die Adern auf seinen Handrücken traten deutlich hervor. Er wird ihn umbringen, dachte sie. Er wird Valentin töten.

Schnell machte sie einen Schritt nach vorn. »Jace – wir brauchen den Kelch. Du weißt, was er sonst damit tun wird.« Jace leckte sich die trockenen Lippen. »Der Kelch, Vater. Wo ist er?«

»In Idris«, entgegnete Valentin kühl. »Wo ihr ihn nie finden werdet.«

Jace’ Hand zitterte. »Sag mir …«

»Gib mir das Schwert Jonathan«, sagte Luke ruhig, beinahe freundlich.

Jace’ Stimme klang, als würde er auf dem Boden eines tiefen Brunnenschachts stehen. »Was?«

Clary kam noch einen Schritt näher. »Gib Luke das Schwert, Jace.«

Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht.«

Sie machte einen weiteren Schritt auf ihn zu – noch ein Schritt und sie würde ihn berühren können. »Doch, du kannst es«, sagte sie sanft. »Bitte.«

Er schaute sie nicht an; seine Augen blieben unverwandt auf das Gesicht seines Vaters gerichtet. Der Augenblick schien sich unendlich lange hinzuziehen. Schließlich nickte er kurz, ohne jedoch den Arm zu senken. Aber er ließ zu, dass Luke sich neben ihn stellte und seine Hand auf Jace’ Schwerthand legte.