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»Sie sehen gar nicht wie Schwerter aus. Wie habt ihr sie gemacht? Mithilfe von Magie?«

Alec schaute sie so entsetzt an, als hätte sie ihn aufgefordert, ein Ballettröckchen anzuziehen und eine perfekte Pirouette zu drehen.

»Das Merkwürdige an den Irdischen ist, dass sie besessen sind von Magie«, sagte Jace, ohne irgendjemanden direkt anzuschauen. »Und zwar ziemlich besessen für einen Haufen von Leuten, die nicht einmal wissen, was das Wort bedeutet.«

»Ich weiß, was das Wort bedeutet«, fauchte Clary. »Nein, tust du nicht, du denkst es bloß. Die Magie ist eine dunkle, elementare Naturgewalt, nicht nur ein Haufen

funkelnder Zauberstäbe, glitzernder Kristallkugeln oder sprechender Goldfische.«

»Ich habe nie behauptet, dass sprechende Goldfische …«

Jace unterbrach sie mit einer abschätzigen Handbewegung. »Wenn man einen Zitteraal als Gummiente bezeichnet, macht ihn das noch lange nicht zur Gummiente. Und möge Gott dem armen Kerl beistehen, der beschließt, so ein Entchen mit in die Wanne zu nehmen.«

»Du redest dummes Zeug«, bemerkte Clary.

»Das tue ich nicht«, erwiderte Jace würdevoll.

»Doch, tust du«, sagte Alec ziemlich unerwartet. »Hör zu, wir betreiben keine Magie, okay?«, fügte er hinzu, ohne Clary anzusehen. »Mehr brauchst du nicht zu wissen.«

Clary hätte ihn am liebsten angefahren, hielt sich aber zurück. Alec schien sie so schon nicht besonders zu mögen; es brachte nichts, ihn zu provozieren und damit seine feindselige Haltung noch zu verstärken. Stattdessen wandte sie sich an Jace: »Hodge sagt, ich könne nach Hause gehen.«

Jace ließ fast die Seraphklinge fallen, die er in der Hand hielt. »Er hat was gesagt?«

»Ich könne nach Hause, um die Sachen meiner Mutter durchzuschauen«, erklärte sie. »Falls du mich begleitest.«

»Jace«, stieß Alec hervor, doch Jace ignorierte ihn.

»Wenn du wirklich beweisen willst, dass meine Mutter oder mein Vater Schattenjäger waren, sollten wir die Sachen meiner Mutter durchsehen. Oder zumindest das, was noch davon übrig ist.«

»Ins Kaninchenloch.« Jace grinste schräg. »Gute Idee. Wenn wir uns jetzt gleich auf den Weg machen, haben wir noch drei, vier Stunden Tageslicht.«

»Willst du, dass ich mitkomme?«, fragte Alec, als Clary und Jace zur Tür gingen. Clary drehte sich kurz um. Alec hatte sich halb von seinem Stuhl erhoben; seine Augen glänzten erwartungsvoll.

»Nein«, erwiderte Jace, ohne sich umzusehen. »Ist schon okay. Clary und ich schaffen das alleine.«

Der Blick, den Alec Clary zuwarf, brodelte vor Gift. Sie war froh, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.

Jace eilte den Korridor entlang; Clary musste beinahe joggen, um mit seinen großen Schritten mitzuhalten. »Hast du deine Hausschlüssel?«, fragte er.

Clary blickte auf ihre Schuhe. »Ja.«

»Gut. Wir könnten zwar mühelos einbrechen, aber die Chance, irgendwelche Wächter auf den Plan zu rufen, ist viel kleiner, wenn wir so ins Haus kommen.«

»Wenn du es sagst.« Der Korridor endete in einem großen Foyer mit Marmorboden. In eine der Wände war ein schwarzes Metallgitter eingelassen. Erst als Jace einen Knopf neben dem Gitter drückte und dieser aufleuchtete, erkannte Clary, dass es sich um einen Aufzug handelte. Das Ding ächzte und stöhnte, während die Kabine zu ihnen hochrukkelte.

»Jace?«

»Ja?«

»Woher wusstest du, dass ich Schattenjägerblut in mir hab? Hast du das an irgendetwas erkannt?«

Die Aufzugskabine erschien mit einem letzten, lauten Ächzen. Jace entriegelte das Gitter und schob es beiseite. Das Innere des Aufzugs erinnerte Clary an einen Vogelkäfig – viel schwarzes Metall und ein paar vergoldete Verzierungen. »Ich habe geraten«, sagte er und schloss die Tür hinter ihnen. »Es schien mir die logischste Erklärung zu sein.«

»Du hast geraten? Du musst dir ziemlich sicher gewesen sein, wenn man bedenkt, dass du mich hättest töten können.«

Er drückte auf einen Knopf an der Wand und der Aufzug setzte sich derart ruckelnd in Bewegung, dass Clary die Vibrationen förmlich unter ihren Füßen spüren konnte. »Ich war mir zu neunzig Prozent sicher.«

»Verstehe«, sagte Clary.

Irgendetwas musste in ihrer Stimme mitgeschwungen haben, denn er drehte sich zu ihr um und sah sie an. Ihre Ohrfeige traf ihn mitten ins Gesicht. Eher überrascht als schmerzlich getroffen, führte er eine Hand an seine rote Wange. »Wofür zum Teufel war das jetzt wieder?«

»Für die restlichen zehn Prozent«, sagte sie. Danach legten sie die verbleibenden Meter zum Erdgeschoss schweigend zurück.

Auch während der U-Bahn-Fahrt nach Brooklyn hüllte Jace sich in verärgertes Schweigen. Clary setzte sich trotzdem dicht neben ihn, da sie ein schlechtes Gewissen hatte – vor allem, wenn sie den roten Fleck sah, den ihre Ohrfeige auf seiner Wange hinterlassen hatte.

Doch ansonsten machte ihr die eisige Stille zwischen ihnen nichts aus; auf diese Weise hatte sie Gelegenheit zum Nachdenken. Wieder und wieder rief sie sich das Gespräch mit Luke ins Gedächtnis. Es tat weh, darüber nachzudenken, so als würde sie auf einem morschen Zahn herumkauen. Aber sie konnte einfach nicht damit aufhören.

Am anderen Ende des Zugabteils saßen zwei Mädchen im Teenageralter auf einer orangefarbenen Bank und kicherten – genau die Sorte von Mädchen, die Clary auch an der St. Xavier School nicht ausstehen konnte, mit pinkfarbenen Schühchen und Selbstbräunertönung im Gesicht. Clary fragte sich einen kurzen Moment lang, ob sie vielleicht über sie lachten, erkannte dann aber überrascht, dass sie Jace ansahen.

Sie erinnerte sich an das Mädchen in dem Café, das Simon angestarrt hatte. Mädchen hatten immer diesen seltsamen Ausdruck in den Augen, wenn sie einen Jungen süß fanden. Nach allem, was passiert war, hatte Clary ganz vergessen, dass Jace tatsächlich süß war. Er besaß zwar nicht Alecs feingliedrige Züge, aber sein Gesicht war viel interessanter. Bei Tageslicht schimmerten seine Augen in der Farbe von goldenem Honig und sahen … sie direkt an.

Fragend zog er eine Augenbraue hoch. »Kann ich dir irgendwie helfen?«

Clary wurde sofort zur Verräterin an ihrem eigenen Geschlecht. »Die Mädchen da drüben starren dich die ganze Zeit an.«

Jace setzte eine selbstzufriedene Miene auf und lächelte milde. »Natürlich tun sie das«, sagte er. »Schließlich bin ich unglaublich attraktiv.«

»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass Bescheidenheit eine attraktive Eigenschaft ist?«

»Ja«, räumte Jace ein, »aber nur hässliche Leute. Die Sanftmütigen mögen die Erde erben, aber in der Zwischenzeit gehört sie den Eitlen. Und damit mir.« Er zwinkerte den beiden Mädchen zu, die daraufhin kicherten und sich hinter ihren Haaren versteckten.

Clary seufzte. »Wie kommt es, dass sie dich sehen können?«

»Die Anwendung von Zauberglanz ist ziemlich anstrengend. Manchmal haben wir einfach keine Lust, uns die Mühe zu machen.«

Der Vorfall mit den Mädchen in der U-Bahn schien seine Laune deutlich gebessert zu haben. Als sie den Bahnhof verließen und den Hügel zu Clarys Haus hinaufmarschierten, zog er eine der Seraphklingen aus seiner Jacke, wirbelte sie wie einen Schlagzeugstock in den Fingern und summte dazu.

»Muss das sein?«, fragte Clary. »Das nervt.«

Jace summte noch lauter, irgendeine seltsame Mischung aus »Happy Birthday« und »Glory, Glory, Hallelujah«.

»Tut mir leid wegen der Ohrfeige«, sagte sie.

Er unterbrach sein Summen. »Sei froh, dass du mich und nicht Alec geohrfeigt hast. Er hätte zurückgeschlagen.«

»Er scheint ganz versessen darauf zu sein«, murmelte Clary und kickte eine leere Coladose aus dem Weg. »Wie hat Alec dich noch mal genannt? Para-was?«

»Parabatai«, erwiderte Jace. »Dieser Ausdruck bezeichnet zwei Krieger, die gemeinsam kämpfen – und die einander näher stehen als Brüder. Alec ist mehr als nur mein bester Freund. Bereits unsere Väter waren in ihrer Jugend Parabatai. Alecs Vater ist mein Patenonkel, deswegen lebe ich bei ihnen. Sie sind quasi meine Adoptivfamilie.«