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Einen Moment lang dachte Clary, er sei auf eine streunende Katze gesprungen. Sie hörte, wie Jace überrascht aufschrie, als er zurückfiel. Ein dunkler Schatten – viel zu groß für eine Katze – schoss aus dem Gebüsch und sauste gebückt über den Hof. Jace sprang auf die Füße und rannte ihm entschlossen hinterher.

Clary begann zu klettern. Als sie ein Bein über den Zaun schwang, verfing sich Isabelles Jeans in einem Stück Draht und riss an der Seite auf. Sie sprang auf den Boden und rutschte mit den Schuhen über die weiche Erde, als Jace triumphierend ausrief: »Ich hab ihn!« Clary drehte sich um und sah Jace rittlings auf dem Eindringling sitzen, der mit über den Kopf gestreckten Armen auf dem Boden lag. Jace hielt ihn an den Handgelenken fest. »Na los, wir wollen dein Gesicht sehen …«

»Geh von mir runter, du dämliches Arschloch«, knurrte der Eindringling, stemmte sich gegen Jace und kämpfte sich in eine halbsitzende Position, die ramponierte Brille schief auf der Nase.

Clary blieb verblüfft stehen. »Simon?«

»Oh Gott«, murmelte Jace resigniert. »Und ich hatte gehofft, hier auf etwas wirklich Interessantes zu stoßen.«

»Aber warum hast du dich in Lukes Büschen versteckt?«, fragte Clary und pflückte Blätter aus Simons Haaren. Er ertrug es mit unverhohlenem Widerwillen. Als sie sich in ihrer Fantasie das Wiedersehen mit Simon ausgemalt hatte – zu einem Zeitpunkt, an dem all das hinter ihnen gelegen hätte –, war er irgendwie besserer Laune gewesen. »Das versteh ich einfach nicht.«

»Okay, das reicht. Ich kann meine Haare selbst in Ordnung bringen, Fray«, sagte Simon und wich ihrer Berührung ruckartig aus. Sie saßen hinter dem Haus auf den Stufen von Lukes Veranda. Jace hatte sich auf das Geländer geschwungen und war eifrig bemüht, so zu tun, als ignoriere er die beiden, während er sich mit seiner Stele die Fingernägel feilte. Clary fragte sich, ob dieses Verhalten wohl die Zustimmung des Rats finden würde.

»Ich meine, weiß Luke, dass du hier bist?«, fragte sie.

»Natürlich nicht«, erwiderte Simon gereizt. »Ich habe ihn zwar nicht danach gefragt, aber ich bin mir sicher, dass er es nur bedingt begrüßen würde, wenn irgendwelche Teenager in seinen Büschen rumlungerten.«

»Du bist nicht irgendwer; er kennt dich.« Sie wollte die Hand ausstrecken und seine Wange berühren, die an der Stelle, wo ein Zweig sie gestreift hatte, noch immer leicht blutete. »Aber die Hauptsache ist, dass dir nichts fehlt.«

»Dass mir nichts fehlt?« Simon lachte und es klang nicht erfreut. »Clary, hast du überhaupt eine Ahnung, was ich in den letzten Tagen durchgemacht habe? Das letzte Mal, als ich dich sah, bist du wie von der Tarantel gestochen aus dem Java Jones gerannt, und dann bist du einfach … verschwunden. Du bist die ganze Zeit nicht an dein Handy gegangen … dann war dein Telefon zu Hause abgestellt … und dann erzählt mir Luke, du seist bei Verwandten im Norden. Aber ich weiß schließlich, dass du keine Verwandten hast. Ich dachte, ich hätte dich durch irgendwas verärgert.«

»Was hätte das denn sein sollen?« Clary wollte seine Hand nehmen, aber er zog sie weg, ohne sie anzusehen.

»Ich weiß nicht«, sagte er. »Irgendwas.«

Jace, der noch immer mit seiner Stele beschäftigt war, lachte leise in sich hinein.

»Du bist mein bester Freund. Ich war nicht sauer auf dich.«

»Na prima, aber du hast es auch nicht für nötig gehalten, mich anzurufen und mir zu sagen, dass du jetzt mit einem blond gefärbten Möchtegern-Grufti rumhängst, den du wahrscheinlich im Pandemonium kennengelernt hast«, entgegnete Simon wütend. »Und das, nachdem ich mich die letzten drei Tage gefragt habe, ob du überhaupt noch am Leben bist.«

»Ich hänge mit niemand rum«, protestierte Clary und war froh über die Dunkelheit, da sie rot anlief.

»Und ich bin naturblond«, sagte Jace, »nur um das mal festzuhalten.«

»Was hast du denn dann die letzten drei Tage gemacht?« Simon musterte Clary argwöhnisch. »Hast du wirklich eine Großtante Matilda mit Vogelgrippe, die du gesund pflegen musst?«

»Das hat Luke dir erzählt?«

»Nein. Er sagte nur, dass du eine kranke Verwandte besuchst und dein Telefon auf dem Land wahrscheinlich keinen Empfang hat. Nicht dass ich ihm geglaubt hätte. Nachdem er mich von seiner Vordertür verscheucht hatte, bin ich um das Haus herumgegangen und hab hinten durchs Fenster geschaut. Dabei konnte ich beobachten, wie er eine grüne Reisetasche packte, als würde er übers Wochenende verreisen. In dem Moment beschloss ich, in der Nähe zu bleiben und zu sehen, was passiert.«

»Warum? Weil er eine Tasche gepackt hat?«

»Er hat sie mit Waffen vollgestopft«, sagte Simon und rieb sich mit dem Ärmel seines T-Shirts das Blut von der Wange. »Messer, ein paar Dolche, sogar ein Schwert. Das Merkwürdige ist, einige der Waffen sahen aus, als würden sie leuchten.« Er schaute von Clary zu Jace und wieder zurück. Sein Ton war so scharf wie die Klinge von Lukes Messern. »Willst du mir jetzt sagen, dass ich mir das nur eingebildet habe?«

»Nein«, murmelte Clary, »das hab ich nicht vor.« Sie warf Jace einen Blick zu. Das letzte Licht des Sonnenuntergangs ließ seine Augen golden funkeln. »Ich werde ihm die Wahrheit sagen.«

»Ich weiß.«

»Wirst du versuchen, mich davon abzuhalten?«

Er schaute auf die Stele in seiner Hand. »Ich bin durch den Eid gebunden, den ich dem Bündnis geleistet habe«, sagte er. »Aber das gilt nicht für dich.«

Sie wandte sich wieder an Simon und holte tief Luft. »Also gut. Ich werde dir sagen, was du wissen musst.«

Als Clary geendet hatte, war die Sonne vollständig hinter dem Horizont verschwunden und die Veranda lag im Dunkeln. Simon hatte ihren ausführlichen Erklärungen mit einem fast teilnahmslosen Gesichtsausdruck zugehört und war nur leicht zusammengezuckt, als sie von dem Ravener erzählt hatte. Sie räusperte sich; ihr Mund war so trocken, dass sie für ein Glas Wasser gestorben wäre. »Und? Noch irgendwelche Fragen?«, sagte sie.

Simon hob eine Hand. »Oh ja, ich habe so einige Fragen.« Clary seufzte resigniert. »Okay. Schieß los.«

Ihr Freund zeigte auf Jace. »Also er ist ein … wie nennst du Leute wie ihn noch gleich?«

»Er ist ein Schattenjäger«, antwortete Clary.

»Ein Damönenjäger«, präzisierte Jace. »Ich töte Dämonen.

Eigentlich ist es gar nicht so kompliziert.«

Simon schaute wieder zu Clary. »Im Ernst?« Seine Augen waren zusammengekniffen, als erwarte er, sie würde ihm gleich sagen, dass nichts von alldem stimme und Jace in Wahrheit ein gefährlicher entlaufener Irrer sei, dem sie aus humanitären Gründen helfen wollte.

»Im Ernst.«

Simon musterte Clary mit einem forschenden Blick. »Und es gibt auch Vampire? Werwölfe, Hexenmeister und all das Zeug?«

Clary kaute auf ihrer Unterlippe. »Soweit ich weiß, ja.« »Und du tötest sie?«, wandte Simon sich an Jace, der die Stele wieder in die Tasche gesteckt hatte und nun seine makellosen Fingernägel betrachtete.

»Nur, wenn sie ungezogen sind.«

Einen Moment saß Simon einfach nur da und starrte auf seine Füße. Clary fragte sich, ob es richtig gewesen war, ihn mit diesen Informationen zu belasten. Er war nüchterner als fast jeder andere, den sie kannte; vielleicht würde es ihm nicht gefallen, etwas zu wissen, für das es keine logische Erklärung gab. Als Simon den Kopf hob, beugte sie sich besorgt nach vorne. »Das ist so cool«, sagte er.

Jace schaute genauso verwirrt wie Clary. »Cool?«

Simon nickte begeistert und seine dunklen Locken hüpften auf und ab. »Total. Es ist wie in ›Dungeons and Dragons‹, nur echt

Jace musterte Simon, als sei er irgendeine bizarre Insektenart. »Es ist wie in was

»Das ist ein Spiel«, erklärte Clary. Es war ihr ein bisschen peinlich. »Die Leute tun so, als seien sie Zauberer und Elfen, und sie töten Monster und so.«