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Luke verzog das Gesicht. »Das ist Vergangenheit. Ich weiß nicht, was ich euch sagen soll, Gentlemen. Ich kann euch nicht helfen. Ich weiß nichts.«

›»Nichts‹ ist so ein allgemeines Wort, so ungenau«, sagte Pangborn mit melancholischer Stimme. »Jemand, der so viele Bücher besitzt, muss doch etwas wissen.«

»Wenn ihr wissen wollt, wo man eine Kurzzehenschwalbe im Frühling findet, kann ich euch das entsprechende Nachschlagewerk nennen. Aber wenn ihr wissen wollt, wohin der Kelch der Engel verschwunden ist …«

»Verschwunden ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort«, schnurrte Pangborn. »Ich würde eher ›versteckt‹ sagen. Versteckt von Jocelyn.«

»Das kann sein«, räumte Luke ein. »Sie hat euch also noch nicht gesagt, wo er ist?«

»Sie hat noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt«, entgegnete Pangborn und zerschnitt mit einer langfingrigen Hand die Luft. »Valentin ist enttäuscht. Er hatte sich so sehr auf ihre Wiedervereinigung gefreut.«

»Ich bin sicher, dass sie dieses Gefühl nicht teilt«, murmelte Luke.

Pangborn gackerte. »Eifersüchtig, Graymark? Oder empfindest du nicht mehr dasselbe für sie wie früher?«

Clarys Finger hatten so stark zu zittern begonnen, dass sie ihre Hände fest miteinander verschränkte, um das Beben zu unterdrücken. Jocelyn? Konnte es sein, dass sie von ihrer Mutter sprachen?

»Ich habe nie etwas Besonderes für sie empfunden«, sagte Luke. »Zwei Schattenjäger, von ihrer eigenen Art verbannt – es ist klar, warum wir uns zusammengetan haben. Aber ich werde mich nicht in das einmischen, was Valentin mit ihr vorhat, falls er sich deswegen Sorgen machen sollte.«

»Ich würde nicht sagen, dass er besorgt ist«, meinte Pangborn. »Eher neugierig. Wir haben uns alle gefragt, ob du noch am Leben bist. Noch immer als Mensch zu erkennen.«

Luke zog die Augenbrauen hoch. »Und?«

»Du siehst ganz passabel aus«, erwiderte Pangborn missmutig. Er stellte die Kali-Statue ins Regal zurück. »Da war doch noch ein Kind, nicht wahr? Ein Mädchen.«

Luke schaute verblüfft. »Was?«

»Stell dich nicht dumm«, knurrte Blackwell. »Wir wissen, dass das Miststück eine Tochter hatte. Wir haben Fotos in der Wohnung gefunden, ein Mädchenzimmer …«

»Ich dachte, du fragst nach meinen Kindern«, unterbrach Luke ihn. »Ja, Jocelyn hat eine Tochter. Clarissa. Ich nehme an, sie ist abgehauen. Hat Valentin euch geschickt, um nach ihr zu suchen?«

»Nicht uns«, antwortete Pangborn. »Aber er sucht nach ihr.«

»Wir könnten deine Wohnung durchsuchen«, meinte Blackwell.

»Das würde ich euch nicht empfehlen«, erwiderte Luke und rutschte von seinem Schreibtisch herunter. Sein Blick hatte etwas Kaltes und Bedrohliches, als er die beiden Männer musterte, auch wenn sein Gesichtsausdruck sich nicht verändert hatte. »Wieso glaubt ihr überhaupt, dass sie noch lebt? Ich dachte, Valentin hätte mehrere Ravener geschickt, um ihre Wohnung zu durchforsten. Eine ausreichende Menge Ravener-Gift und die meisten Leute zerfallen zu Asche, ohne eine Spur zu hinterlassen.«

»Wir haben Spuren eines toten Ravener gefunden«, sagte Pangborn. »Das hat Valentin misstrauisch gemacht.«

»Valentin macht alles misstrauisch«, meinte Luke. »Vielleicht hat Jocelyn ihn getötet. Sie wäre auf jeden Fall dazu in der Lage gewesen.«

»Vielleicht«, grunzte Blackwell.

Luke zuckte die Achseln. »Hört zu, ich habe keine Ahnung, wo das Mädchen ist, aber wenn ihr mich fragt, ist sie wahrscheinlich tot. Sonst wäre sie inzwischen längst wieder aufgetaucht. Sie stellt ohnehin keine große Gefahr dar. Sie ist fünfzehn Jahre alt, sie hat noch nie von Valentin gehört und sie glaubt nicht an Dämonen.«

Pangborn lachte. »Ein glückliches Kind.«

»Nicht mehr«, sagte Luke.

Blackwell zog die Augenbrauen hoch. »Du klingst wütend, Lucian.«

»Ich bin nicht wütend, ich bin genervt. Ich habe nicht vor, mich in Valentins Pläne einzumischen, kapiert ihr das? Ich bin kein Narr.«

»Wirklich?«, fragte Blackwell. »Wie schön, dass du im Laufe der Jahre einen gesunden Respekt gegenüber deiner eigenen Haut entwickelt hast, Lucian. Du warst nicht immer so pragmatisch.«

»Du weißt doch«, sagte Pangborn im Plauderton, »dass wir Jocelyn gegen den Kelch eintauschen würden? Sie sicher abliefern, direkt vor deiner Tür. Das ist ein Versprechen von Valentin persönlich.«

»Ich weiß«, entgegnete Luke, »aber ich bin nicht interessiert. Ich habe keine Ahnung, wo euer kostbarer Kelch ist, und ich will mit euren Machenschaften nichts zu tun haben. Ich hasse Valentin«, fügte er hinzu, »aber ich respektiere ihn. Ich weiß, dass er jeden vernichten wird, der sich ihm in den Weg stellt. Und ich habe nicht vor, noch da zu sein, wenn es dazu kommt. Er ist ein Monster – eine Tötungsmaschine.«

»Das sagt genau der Richtige«, knurrte Blackwell.

»Ich nehme an, das sind deine Vorbereitungen, um Valentin aus dem Weg zu gehen?«, sagte Pangborn und zeigte mit einem seiner langen Finger auf die halb verdeckte Reisetasche auf dem Schreibtisch. »Du verlässt die Stadt, Lucian?«

Luke nickte langsam. »Ich fahre aufs Land. Ich habe vor, eine Weile unterzutauchen.«

»Wir könnten dich aufhalten, dafür sorgen, dass du bleibst«, sagte Blackwell.

Luke lächelte und das Lächeln veränderte sein Gesicht. Plötzlich war er nicht mehr der nette, gebildete Mann, der Clary auf der Schaukel im Park angeschubst und ihr beigebracht hatte, mit einem Dreirad zu fahren. Plötzlich war etwas Wildes in seinen Augen, etwas Böses und Kaltes. »Ihr könnt es ja versuchen.«

Pangborn schaute zu Blackwell, der langsam den Kopf schüttelte. Dann wandte er sich wieder an Luke. »Du lässt es uns wissen, wenn dein Gedächtnis plötzlich wieder funktioniert, okay?«

Luke lächelte immer noch. »Ihr seid die Ersten auf meiner Liste, die ich anrufen werde.«

Pangborn nickte kurz. »Ich denke, wir verabschieden uns jetzt. Möge der Erzengel dich schützen, Lucian.«

»Der Erzengel schützt solche wie mich nicht«, erwiderte Luke. Er nahm die Reisetasche vom Schreibtisch und verschloss sie. »Wollen wir dann mal, Gentlemen?«

Die beiden Männer zogen sich die Kapuzen über den Kopf, um ihre Gesichter zu verbergen, und verließen den Raum; Luke folgte ihnen einen Augenblick später. Er blieb kurz an der Tür stehen und schaute sich um, als fragte er sich, ob er etwas vergessen hatte. Dann zog er die Tür hinter sich zu.

Clary blieb wie erstarrt hinter dem Wandschirm stehen. Sie hörte, wie die Haustür zugeschlagen wurde und eine Kette rasselte, als Luke das Vorhängeschloss wieder befestigte. Und sie erinnerte sich an den Ausdruck auf seinem Gesicht, als er gemeint hatte, es interessiere ihn nicht, was mit ihrer Mutter passierte.

Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. »Clary?« Es war Simon, der sie zögerlich, fast sanft ansprach. »Alles in Ordnung?«

Stumm schüttelte sie den Kopf. Sie fühlte sich alles andere als in Ordnung, im Gegenteil, eher so, als würde nie wieder etwas in Ordnung sein.

»Natürlich nicht«, sagte Jace mit einer Stimme, die so scharf und kalt wie zerborstenes Eis klang. Energisch schob er den Wandschirm beiseite. »Zumindest wissen wir jetzt, wer deiner Mutter einen Dämon auf den Hals gehetzt hat. Diese Männer glauben, dass sie den Kelch der Engel hat.«

Clary presste die Lippen zu einer dünnen, geraden Linie zusammen. »Das ist lächerlich und vollkommen unmöglich«, stieß sie hervor.

»Vielleicht«, sagte Jace und lehnte sich an Lukes Schreibtisch. Er fixierte sie mit Augen, die so undurchsichtig waren wie getöntes Glas. »Hast du diese Männer schon einmal gesehen?«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Noch nie.«

»Lucian schien sie zu kennen. Er schien mit ihnen befreundet zu sein.«

»Befreundet würde ich nicht gerade sagen«, meinte Simon. »Mir kam es eher so vor, als würden sie ihre Feindseligkeit nur mühsam unterdrücken.«

»Sie haben ihn jedenfalls nicht sofort umgebracht«, entgegnete Jace. »Sie glauben, dass er mehr weiß, als er ihnen sagt.«