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»Ich weiß nicht recht«, sagte Simon. »Einen Haufen Kinder zu Kriegern zu machen – da hab ich schon Schlimmeres gehört. Ich verstehe nicht, warum er den Kelch auf keinen Fall in die Hände bekommen darf.«

»Es gibt einen ganz entscheidenden Grund dafür, wenn man mal davon absieht, dass er diese Armee mit Sicherheit dazu einsetzen würde, den Rat anzugreifen«, sagte Hodge trocken. »Es werden nur deshalb so wenige Menschen ausgewählt und in Nephilim verwandelt, weil die meisten diese Verwandlung nicht überleben würden. Es bedarf einer besonderen Stärke und Widerstandskraft. Ehe sie verwandelt werden können, müssen die Betreffenden eingehend geprüft werden. Aber Valentin würde sich damit nicht aufhalten: Er würde den Kelch bei jedem Kind anwenden, das er in die Finger bekommt, und aus den zwanzig Prozent, die überleben, seine Armee zusammenstellen.«

Alec schaute Hodge entsetzt an. »Woher weißt du, dass er das tun würde?«

»Als er dem Kreis angehörte, war genau das sein Plan. Er sagte, es sei die einzige Möglichkeit, die Streitmacht zu errichten, die zur Verteidigung unserer Welt nötig sei.«

»Aber das ist Mord«, protestierte Isabelle, die ein wenig grün um die Nase aussah. »Dabei werden schließlich Kinder getötet.«

»Valentin meinte, wir hätten Tausende Jahre dafür gesorgt, dass die Welt für die Menschen sicher ist, und jetzt sei es an der Zeit, dass sie uns entlohnen, indem sie uns ein Opfer bringen«, erklärte Hodge.

»Ihre Kinder?«, fragte Jace mit geröteten Wangen. »Das widerspricht allem, wofür wir einstehen. Die Hilflosen beschützen, die Menschheit vor Schaden bewahren …«

Hodge schob seinen Teller beiseite. »Valentin war verrückt. Brillant, aber verrückt. Er interessierte sich für nichts anderes, als Dämonen und Schattenwesen zu töten, die Welt zu säubern. Dafür hätte er seinen eigenen Sohn geopfert und er konnte nicht verstehen, wieso nicht jeder dazu bereit war.«

»Er hatte einen Sohn?«, fragte Alec.

»Das habe ich bildlich gemeint«, sagte Hodge, holte sein Taschentuch hervor, wischte sich damit die Stirn ab und steckte es dann wieder weg. Clary sah, dass seine Hand dabei leicht zitterte. »Als Valentins Land brannte, als sein Haus zerstört wurde, nahm man an, er habe sich selbst und den Kelch darin verbrannt, statt sich dem Rat zu ergeben. Man fand seine Knochen zusammen mit denen seiner Frau in der Asche.«

»Aber meine Mutter lebt«, wandte Clary ein. »Sie ist bei diesem Brand nicht umgekommen.«

»Und Valentin allem Anschein nach auch nicht«, sagte Hodge. »Der Rat wird nicht erfreut sein, dass er an der Nase herumgeführt worden ist. Er wird den Kelch an sich bringen wollen. Aber was noch viel wichtiger ist: Er wird dafür sorgen wollen, dass Valentin ihn nicht bekommt.«

»Ich denke, wir sollten zuerst Clarys Mutter finden«, sagte Jace. »Sie und den Kelch, ehe Valentin ihn findet.«

Für Clary klang das nach einem guten Plan, aber Hodge schaute Jace an, als habe er vorgeschlagen, mit Nitroglyzerin zu jonglieren. »Auf gar keinen Fall.«

»Und was sollen wir dann tun?«

»Gar nichts«, erwiderte Hodge. »Am besten überlassen wir die ganze Angelegenheit qualifizierten und erfahrenen Schattenjägern.«

»Ich bin qualifiziert«, protestierte Jace. »Und ich bin erfahren.«

Hodges Ton war bestimmt, beinahe väterlich. »Ich weiß, aber du bist fast noch ein Kind.«

Jace musterte Hodge mit zusammengekniffenen Augen. Seine langen Wimpern warfen Schatten auf seine hervorstehenden Wangenknochen. Bei jedem anderen hätte es wie ein scheuer, fast entschuldigender Blick ausgesehen, aber bei Jace wirkte es aufgebracht und bedrohlich. »Ich bin kein Kind!«

»Hodge hat recht«, sagte Alec. Er schaute Jace an und Clary dachte, er müsse zu den wenigen Menschen auf der Welt gehören, die Jace nicht ansahen, als hätten sie Angst vor ihm, sondern Angst um ihn. »Valentin ist gefährlich. Ich weiß, dass du ein guter Schattenjäger bist, wahrscheinlich der beste unserer Altersklasse. Aber Valentin ist einer der besten, die es je gab. Es bedurfte einer gewaltigen Schlacht, um ihn zu Fall zu bringen.«

»Und wie es scheint, ist er nach dem Fall nicht am Boden geblieben«, sagte Isabelle und betrachtete die Zinken ihrer Gabel.

»Aber wir sind hier vor Ort«, sagte Jace. »Und wegen des Abkommens sind so gut wie keine anderen Schattenjäger in der Stadt. Wenn wir nichts unternehmen …«

»Wir werden etwas unternehmen«, entgegnete Hodge. »Ich werde dem Rat heute Abend eine Botschaft senden. Wenn die Mitglieder des Rats wollen, könnten sie bis morgen eine Armee von Nephilim hierher schicken. Sie werden sich um diese Angelegenheit kümmern. Du hast mehr als genug getan.«

Jace schwieg, aber seine Augen funkelten noch immer. »Das gefällt mir nicht.«

»Es braucht dir auch nicht zu gefallen«, meinte Alec. »Du musst einfach nur den Mund halten und keine Dummheiten machen.«

»Aber was ist mit meiner Mutter?«, fragte Clary. »Sie kann nicht warten, bis ein Abgesandter des Rats auftaucht. Valentin hat sie in seiner Gewalt, zumindest haben Pangborn und Blackwell das gesagt. Und er könnte sie …« Sie brachte es nicht fertig, das Wort foltern auszusprechen, aber sie wusste, dass sie nicht die Einzige war, die daran dachte. Plötzlich konnte ihr niemand am Tisch mehr in die Augen sehen.

Außer Simon. »Sie verletzen«, beendete er ihren Satz. »Aber, Clary, die beiden haben auch gesagt, deine Mutter sei bewusstlos und dass Valentin darüber nicht glücklich ist. Er scheint darauf zu warten, dass sie aufwacht.«

»Wenn ich sie wäre, würde ich bewusstlos bleiben«, murmelte Isabelle.

»Aber es könnte jederzeit passieren, sie könnte jeden Moment aus dem Koma erwachen«, sagte Clary und ignorierte Isabelles Bemerkung. »Ich dachte, der Rat sei verpflichtet, Menschen zu beschützen. Müssten nicht schon jetzt Schattenjäger eingesetzt werden? Sollten sie nicht bereits in diesem Moment nach ihr suchen?«

»Es wäre einfacher, wenn wir eine Ahnung hätten, wo wir überhaupt mit der Suche anfangen sollen«, fauchte Alec.

»Aber das wissen wir doch«, sagte Jace.

»Wirklich?« Clary sah ihn verblüfft und aufgeregt an. »Und wo?«

»Hier.« Jace beugte sich vor und legte einen Finger an ihre Schläfe, so sanft, dass sie errötete. »Alles, was wir wissen müssen, ist in deinem Kopf eingeschlossen, unter diesen hübschen roten Locken.«

Clary griff sich ins Haar, als wolle sie es schützen. »Ich glaube nicht …«

»Und was habt ihr jetzt vor?«, fragte Simon scharf. »Ihr den Kopf aufschneiden, um es herauszufinden?«

Jace’ Augen funkelten, aber er blieb ruhig. »Keineswegs. Die Stillen Brüder könnten ihr helfen, ihre Erinnerungen zurückzugewinnen.«

»Du hasst die Bruderschaft«, protestierte Isabelle.

»Ich hasse sie nicht«, sagte Jace offen. »Ich habe Angst vor ihnen. Das ist nicht dasselbe.«

»Hattest du nicht gesagt, sie seien Bibliothekare?«, fragte Clary.

»Ja, das sind sie auch.«

Simon pfiff durch die Zähne. »Die müssen ja mörderische Leihgebühren kassieren.«

»Die Stillen Brüder sind Archivare, aber das ist noch nicht alles«, warf Hodge ein. Er klang, als verlöre er allmählich die Geduld. »Um ihren Geist zu stärken, haben sie sich einige der mächtigsten Runen zu eigen gemacht, die je geschaffen wurden. Die Macht dieser Runen ist so groß, dass ihr Gebrauch …« Er sprach nicht weiter und Clary erinnerte sich an Alecs Worte: Sie verstümmeln sich selbst. »Na, jedenfalls wird ihr Körper dadurch verändert. Die Stillen Brüder sind keine Krieger wie andere Schattenjäger. Ihre Kräfte sind die des Geistes, nicht die des Körpers.«

»Sie können Gedanken lesen?«, fragte Clary mit dünner Stimme.

»Unter anderem. Sie gehören zu den am meisten gefürchteten Dämonenjägern.«