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Jace murmelte Alec etwas zu, der ihn daraufhin losließ. Er sprang von der Fensterbank und kam zu Clary herüber. »Alles in Ordnung?«, fragte er leise.

»Ich denke schon. Ich fühle mich nicht anders …«

Magnus stand bei der Tür und schnippte ungeduldig mit den Fingern. »Bewegt euch, Teenager. Der Einzige, der in meinem Schlafzimmer poussieren darf, ist meine großartige Wenigkeit.«

»Poussieren?«, fragte Clary, die das Wort noch nie gehört hatte.

»Großartig?«, wiederholte Jace spöttisch.

Magnus knurrte etwas, das klang wie »Raus«.

Sie verließen das Zimmer und Magnus schloss hinter ihnen die Tür ab. Die Stimmung auf der Party erschien Clary irgendwie verändert. Vielleicht lag es aber auch nur an ihrem leicht veränderten Blick: Alles wirkte deutlicher, hatte kristallklare, scharfe Konturen. Sie sah, wie eine Gruppe von Musikern die kleine Bühne in der Mitte des Raumes betrat. Sie trugen fließende Gewänder in dunklen Gold-, Purpur- und Grüntönen und ihre hohen Stimmen waren durchdringend und ätherisch.

»Ich hasse Elben-Bands«, murmelte Magnus, als die Musiker einen sehnsüchtigen Song anstimmten, dessen Melodie so zart und durchscheinend wie ein Bergkristall war. »Ständig spielen sie diese trübseligen Balladen.«

Jace musste lachen und ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Wo ist Isabelle?«

Clary verspürte einen Anfall von schlechtem Gewissen: Sie hatte Simon vollkommen vergessen. Rasch drehte sie sich um und hielt Ausschau nach den vertrauten hageren Schultern und dem dunklen Haarschopf. »Ich kann ihn nirgendwo sehen. Die beiden, meine ich.«

»Da ist sie.« Alec hatte seine Schwester entdeckt und winkte sie erleichtert zu sich herüber. »Wir sind hier drüben«, rief er ihr zu. »Und nimm dich vor dem Puck in Acht.«

»Vor dem Puck?«, wiederholte Jace und musterte einen dünnen Mann mit brauner Haut in einer grünen PaisleyWeste, der Isabelle sinnend betrachtete, während sie an ihm vorbeirauschte.

»Er hat mich eben gekniffen, als ich an ihm vorbeikam«, sagte Alec steif. »An einer sehr intimen Stelle.«

»Ich sage es dir nur ungern, aber wenn er an deinen intimen Stellen interessiert ist, dann interessiert er sich vermutlich nicht für die deiner Schwester«, meinte Jace.

»Nicht unbedingt«, warf Magnus ein. »Elben sind nicht sehr wählerisch.«

Jace verzog verächtlich die Lippen. »Wolltest du dich nicht um deine Gäste kümmern?«, fragte er den Hexenmeister.

Doch ehe Magnus antworten konnte, war Isabelle bei ihnen. Ihr Gesicht wirkte rot und fleckig und sie roch stark nach Alkohol.

»Jace! Alec! Wo wart ihr denn? Ich habe überall …«

»Wo ist Simon?«, unterbrach Clary sie.

Isabelle schwankte. »Er ist eine Ratte«, sagte sie düster.

»Hat er dir was getan?«, fragte Alec mit brüderlicher Besorgnis. »Hat er dich angefasst? Wenn er irgendwas versucht hat …«

»Nein, Alec«, erwiderte Isabelle gereizt. »Nicht, was du denkst. Er ist eine Ratte

»Sie ist betrunken«, sagte Jace und wollte sich angewidert abwenden.

»Bin ich nicht«, protestierte Isabelle entrüstet. »Okay, vielleicht ein bisschen, aber das spielt jetzt keine Rolle. Viel wichtiger ist, dass Simon einen dieser blauen Drinks getrunken hat. Ich habe ihm gesagt, er soll die Finger davonlassen, aber er wollte nicht auf mich hören, und dann hat er sich in eine Ratte verwandelt

»Eine Ratte?«, fragte Clary ungläubig. »Du meinst doch nicht …«

»Ich meine eine Ratte«, sagte Isabelle. »Klein. Braun. Schuppiger Schwanz.«

»Das wird dem Rat nicht gefallen«, meinte Alec nachdenklich. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es gegen das Gesetz verstößt, Irdische in Ratten zu verwandeln.«

»Genau genommen hat sie ihn nicht in eine Ratte verwandelt«, bemerkte Jace. »Das Schlimmste, was man ihr vorwerfen könnte, wäre Fahrlässigkeit.«

»Wen interessiert das blöde Gesetz?«, schrie Clary und packte Isabelle am Handgelenk. »Mein bester Freund ist eine Ratte!«

»Au!« Isabelle versuchte, ihre Hand wegzuziehen. »Lass mich los!«

»Erst wenn du mir sagst, wo er ist.« Noch nie zuvor hatte Clary einen so übermächtigen Drang verspürt, jemanden zu schlagen. »Ich kann nicht glauben, dass du ihn einfach allein gelassen hast! Wahrscheinlich ist er schon halb wahnsinnig vor Angst …«

»Wenn nicht sogar schon jemand auf ihn draufgetreten ist«, warf Jace nicht sehr hilfreich ein.

»Ich habe ihn nicht allein gelassen. Er ist unter die Bar gelaufen«, protestierte Isabelle. »Lass los, du zerquetschst meinen Armreif.«

»Miststück«, sagte Clary aufgebracht und schleuderte Isabelles Hand mit Wucht zurück. Sie wartete nicht auf eine Reaktion, sondern lief zur Bar, wo sie sich hinkniete und unter die Theke spähte. Sie glaubte, in der muffig-feuchten Dunkelheit ein Paar funkelnder Knopfaugen zu sehen.

»Simon?«, fragte sie mit erstickter Stimme. »Bist du das?«

Simon, die Ratte, krabbelte mit zitternden Schnurrhaaren ein paar Zentimeter auf sie zu. Clary erkannte die Form seiner kleinen, flach am Kopf anliegenden runden Ohren und seine scharfe, spitze Nase. Mühsam unterdrückte sie einen Anflug von Ekel. Sie konnte Ratten mit ihren gelblichen scharfen und beißwütigen Zähnen nicht ausstehen und wünschte, er hätte sich in einen Hamster verwandelt.

»Ich bin es, Clary«, sagte sie gedehnt. »Alles in Ordnung?«

Jace und die anderen traten hinzu und Isabelle wirkte inzwischen eher verärgert als zerknirscht. »Ist er da drunter?«, fragte Jace neugierig.

Clary, die noch immer auf Händen und Knien hockte, nickte. »Schhh. Ihr verscheucht ihn noch.« Vorsichtig schob sie ihre Finger unter die Bar und lockte ihn damit. »Bitte komm raus, Simon. Magnus wird den Zauber aufheben. Es wird alles gut.«

Sie hörte ein Quieken und dann schaute die rosa Nase der Ratte unter der Bar hervor. Mit einem erleichterten Aufschrei nahm Clary die Ratte hoch. »Simon. Du hast mich verstanden!«

Die Ratte, die sich in Clarys Hände schmiegte, quiekte mürrisch. Voller Freude drückte sie sie an ihre Brust. »Oh, mein armes Baby«, säuselte Clary, fast so, als sei ihr Freund wirklich ein Haustier. »Armer Simon, es wird alles gut, das verspreche ich …«

»An deiner Stelle hätte ich nicht zu viel Mitleid mit ihm«, sagte Jace. »So nah wie jetzt war er deiner Brust wahrscheinlich noch nie.«

»Halt den Mund!« Clary warf Jace einen wütenden Blick zu, hielt die Ratte aber ein wenig von sich weg. Simons Schnurrhaare zitterten, ob vor Zorn, vor Aufregung oder aus nackter Angst, konnte sie nicht sagen. »Hol Magnus«, befahl sie in scharfem Ton. »Wir müssen ihn zurückverwandeln.«

»Nicht so eilig – wir wollen schließlich nichts überstürzen.« Jace, der Mistkerl, grinste doch wahrhaftig. Er streckte seine Hand nach Simon aus, als wolle er ihn streicheln. »So ist er richtig niedlich. Sieh dir nur seine kleine rosa Nase an.«

Simon zeigte Jace seine langen gelben Zähne und wollte nach ihm schnappen. Jace zog blitzschnell seine ausgestreckte Hand zurück. »Izzy, hol unseren großartigen Gastgeber.«

»Warum ich?«, fragte Isabelle bockig.

»Weil es deine Schuld ist, dass der Irdische jetzt eine Ratte ist, Dumpfbacke«, erwiderte er. Clary fiel auf, wie selten die anderen Simon bei seinem richtigen Namen nannten. »Wir können ihn schließlich nicht hierlassen.«

»Du würdest ihn nur zu gerne hierlassen, wenn sie nicht wäre«, konterte Isabelle und schaffte es, in dieses eine Wort so viel Gift zu legen, dass es einen Elefanten umgehauen hätte. Als sie davonstolperte, wirbelte ihr Rock um ihre Hüften.

»Ich kann nicht glauben, dass sie dich nicht daran gehindert hat, dieses blaue Zeug zu trinken«, sagte Clary zu Simon, der Ratte. »Das kommt davon, wenn man so oberflächlich ist.«

Simon quiekte gereizt. Clary hörte, wie jemand kicherte, und entdeckte Magnus, der sich über sie beugte. Isabelle stand hinter ihm und funkelte sie wütend an. »Rattus norvegicus«, sagte Magnus und betrachtete Simon. »Eine gewöhnliche Wanderratte, nichts Exotisches.«