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»Nein, danke.« Ford ließ sich auf einem Heuballen nieder. Es war kühl im Stall, und Staubflocken tanzten durch die Luft. Auf der kleinen Stereoanlage lief auch heute Blondie.

»Wyman, es tut mir leid, dass ich dich hier nicht besonders herzlich aufgenommen habe. Ich möchte dir nur sagen, ich bin froh, dass du da bist. Ich war nie ganz glücklich damit, wie wir uns damals getrennt haben.«

»Es war ziemlich hässlich.«

»Wir waren jung und dumm. Ich bin seitdem viel vernünftiger und erwachsener geworden – ich habe wirklich viel dazugelernt.«

Ford wünschte, er hätte ihr Dossier nicht gelesen, denn er wusste, wie schmerzlich die zurückliegenden Jahre für sie gewesen sein mussten.

»Ich auch.«

Sie hob die Arme und ließ sie wieder sinken. »Da sind wir also. Wieder.«

Sie sah so hoffnungsvoll aus, wie sie in der staubigen Luft vor ihm stand, mit Heu im Haar. Und so atemberaubend schön. »Hast du Lust auf einen Ausritt?«, fragte er. »Ich will Begay noch einen Besuch abstatten.«

»Ich habe so viel zu tun …«

»Wir waren aber letztes Mal ein ziemlich gutes Team.«

Sie strich sich das Haar zurück und sah ihn an – ein langer, forschender Blick. Schließlich sagte sie: »Also gut.«

Sie sattelten zwei Pferde, Ford nahm Ballew, und ritten in südwestlicher Richtung los, auf die Sandsteinklippen am Rand des Tals zu. Kate ritt voran. Ihr schlanker Körper passte sich gekonnt dem Pferd an, schwankte in einer rhythmischen, beinahe erotischen Bewegung mit. Ein zerknautschter australischer Cowboyhut saß auf ihrem Kopf, und ihr schwarzes Haar flatterte leicht im Wind.

O Gott, wie soll ich es ihr nur sagen?

Als sie sich dem Rand der Mesa näherten, wo der Midnight Trail durch eine Felsspalte hinunterführte, trieb Ford Ballew voran, bis er neben ihr ritt. Drei Meter vor dem Rand der Klippe hielten sie an. Kate starrte zum Horizont hinüber, einen bekümmerten Ausdruck auf dem Gesicht. Der Wind stieg in kräftigen Böen von unten auf und trug Wolken unsichtbaren Staubs mit sich. Ford spuckte den knirschenden Staub aus und rutschte im Sattel herum. »Denkst du immer noch über das nach, was gestern Nacht passiert ist?«, fragte er.

»Ich kann gar nicht mehr aufhören, daran zu denken. Wyman, wie konnte es diese Zahlen erraten?«

»Ich weiß es nicht.«

Sie blickte über die weite rote Wüste hinaus, die sich bis zu blauen Bergen und von Wolken verhüllter Unendlichkeit hinzog. »Wenn man das hier so sieht«, murmelte sie, »fällt es einem nicht schwer, an Gott zu glauben. Ich meine, wer weiß? Vielleicht ist es Gott, mit dem wir sprechen.«

Sie strich sich das Haar zurück und sah ihn mit schiefem Lächeln an.

Ford war erstaunt. Das war eine völlig andere Kate als die überzeugte Atheistin, die er an der Universität kennengelernt hatte. Wieder einmal fragte er sich, was in jenen fehlenden zwei Jahren geschehen sein mochte.

32

Booker Crawley schob sich die Churchill zwischen die Lippen, während er das Billard-Spiel aufbaute. Als er mit der Anordnung zufrieden war, stieß er den Spielball mit einem entschiedenen Knall an und sah zu, wie die kleinen Kugeln ihre Bahnen liefen.

»Nett«, sagte sein Mitspieler, als die Kugel mit der Nummer drei in der ledernen Tasche landete.

Durch eine Reihe schmaler Fenster sah er die Sonne auf dem Fluss glitzern. Es war ein angenehmer Donnerstagvormittag im Potomac Club, die meisten Mitglieder bei der Arbeit. Crawley war auch bei der Arbeit, zumindest betrachtete er es so – er bespaßte gerade einen potenziellen Klienten, der eine Insel vor Kap Hatteras besaß und wollte, dass die Regierung zwanzig Millionen für eine Brücke auf seine Insel ausgab. Eine solche Brücke würde den Wert seiner spekulativen Investition, der Insel nämlich, verdoppeln oder verdreifachen. Für Crawley war das ein Kinderspiel. Der Junior Senator von North Carolina schuldete ihm nach diesem Golftrip nach St. Andrews einen Gefallen, und auf diesen Mann konnte man zählen, denn er war loyal und wusste solche netten Anreize zu schätzen. Ein Anruf, eine kleine Anweisung am offiziellen Budget vorbei, und Crawley würde dem Immobilienspekulanten Millionen einbringen und ein siebenstelliges Honorar dafür einstreichen. Wenn Alaska eine Brücke ins Nirgendwo bauen konnte, dann sollte North Carolina doch auch eine haben.

Er beobachtete, wie der Spekulant seinen Stoß vorbereitete. Der Mann gehörte zu diesem ganz besonderen Stamm Südstaatlern, die drei Nachnamen und obendrein eine römische Zahl dahinter aufwiesen. Safford hieß er, Safford Montague McGrath III. McGrath war von bester schottisch-irischer Abstammung, ein großer, blonder, fescher Spross des Großgrundbesitzertums in den Südstaaten. Mit anderen Worten, er war dumm wie eine Kuh im Regen. McGrath tat gern so, als wisse er genau, wie der Hase in Washington lief, doch es war offensichtlich, dass er in jedem seiner Landlümmel-Ohren eine dicke Bohne stecken hatte. Crawley hatte das Gefühl, dass der Kerl um das Honorar feilschen würde wie auf dem Viehmarkt. Er gehörte zu der Sorte Männer, die eine Verhandlung stets mit dem Gefühl beenden mussten, der anderen Seite das letzte Hemd ausgezogen zu haben, weil sie sonst zu Hause keinen mehr hochkriegten.

»Und, wie geht es Senator Stratham denn so?«, erkundigte sich McGrath, als würde er den Alten von früher kennen.

»Gut, ganz prächtig.« Zweifellos genoss der alte Knabe heutzutage seine Erbsen nur noch püriert oder trank gleich Flüssignahrung aus dem Strohhalm. In Wahrheit hatte Crawley niemals mit dem alten Senator Stratham zusammengearbeitet; er hatte die Firma Stratham & Co. gekauft, als Stratham sich zur Ruhe gesetzt hatte. Damit hatte Crawley sich den Nimbus der Achtbarkeit erkauft, eine Verbindung zur guten alten Zeit, was ihn auf angenehme Weise von den anderen Lobbyisten der K Street abhob, die nach der letzten Wahl wie die Pilze aus dem Boden geschossen waren.

McGraths nächster Ball berührte die Ecke, kullerte vor der Tasche vorbei und trieb über den Filz ab. Der Mann richtete sich stumm auf, presste aber die Lippen zusammen.

Crawley hätte ihn mit verbundenen Augen vom Tisch putzen können, aber das ging natürlich nicht. Nein – das Beste war, bis kurz vor Schluss dichtauf zu bleiben und dann zu verlieren. Er wollte den Deal abschließen, wenn der Kerl im Triumphrausch schwelgte.

Also versaute er den nächsten Stoß, aber so knapp, dass es echt aussah.

»Netter Versuch«, sagte McGrath. Er tat einen tiefen Zug an seiner Zigarre, legte sie in dem marmornen Aschenbecher ab, beugte sich vor und zielte. Dann der Stoß. Offensichtlich hielt er sich für einen verdammt tollen Spieler, doch er besaß nicht genug Finesse für Poolbillard. Trotzdem, dieser Stoß war einfach, und der Ball ging in die Tasche.

»Puh«, sagte Crawley. »Sie machen es mir wirklich nicht leicht, Safford.«

Ein Angestellter des Clubs trat ein, mit einer Nachricht auf einem Silbertablett. »Mr. Crawley?«

Crawley nahm mit großer Geste den Umschlag vom Tablett. Das Management des Clubs, dachte er lächelnd, hielt sich eben immer noch an das bewährte System einer kleinen Armee guter, alter, dunkelhäutiger Diener, die mit Nachrichten auf Silbertabletts herumschwebten – sehr nostalgisch. Ein Briefchen von einem Silbertablett entgegenzunehmen war schon verdammt viel angenehmer, als die Taschen nach einem schrillenden Handy zu durchwühlen.

»Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, Safford.« Crawley faltete den Brief auf. Da stand Delbert Yazzie, Vorsitzender Navajo Nation, Anruf um 11.35 Uhr. Bitte so bald wie möglich zurückrufen. Dann eine Telefonnummer.