Vielleicht war es doch nicht so klug von ihm gewesen, Spates diesen Ball zuzuspielen und ihn einfach damit laufen zu lassen. Vielleicht hätte er Yazzie gleich heute Morgen einen neuen Vertrag zufaxen sollen, damit er ihn möglichst rasch unterschrieb.
Endlich sprach Spates weiter.
»Meine Freunde, ich würde so etwas nicht behaupten, wenn ich nicht absolut sicher wäre, die Tatsachen zu kennen. Meine Quelle, ein frommer Christ, Pastor einer Gemeinde, wie ich selbst, ist vor Ort – und er hat diese Informationen direkt von den Wissenschaftlern selbst erhalten. Sie haben richtig gehört: Diese gigantische Maschine namens Isabella behauptet, Gott zu sein. So ist es: Sie behauptet, Gott zu sein. Wenn meine Informationen falsch sein sollten, so fordere ich die Wissenschaftler hiermit öffentlich auf, meine Aussage zu widerlegen.«
Spates erhob sich von seinem Stuhl, eine Geste, die durch die großartige Kameraführung noch dramatischer wirkte. Er ragte nun über den Zuschauern auf, eine Säule beherrschten Zorns. »Ich bitte darum – ich verlange –, dass Gregory North Hazelius, der Anführer dieses Projekts, vor das amerikanische Volk tritt und diese Ungeheuerlichkeit erklärt. Ich verlange es. Wir, das amerikanische Volk, haben vierzig Milliarden Dollar für den Bau dieser Höllenmaschine in der Wüste ausgegeben, eine Maschine, die zu dem Zweck konstruiert wurde, Gott als Lügner hinzustellen. Und jetzt behauptet sie von sich, Gott zu sein! Oh, meine Freunde! Was ist das für eine Blasphemie? Was ist das für eine Blasphemie?«
41
Ford traf um acht Uhr in der Brücke ein. Als er den Raum betrat, warf er als Erstes einen Blick auf Kate, die an ihrem Arbeitsplatz saß. Ihre Blicke trafen sich. Sie wechselten kein Wort, doch der Blick war vielsagend.
Die übrigen Wissenschaftler waren über ihre diversen Tastaturen und Kontrollpulte gebeugt, während Hazelius das Geschehen von seinem Drehstuhl in der Mitte aus dirigierte. Die Maschine summte, aber noch war der Visualizer schwarz.
Die anderen nahmen Fords Ankunft mit einem beiläufigen Nicken oder einem knappen Gruß zur Kenntnis. Wardlaw starrte ihn lange an, ehe er sich wieder seinem Überwachungspult zuwandte.
Hazelius winkte ihn zu sich herüber. »Wie steht’s da oben?«, fragte er.
»Ich glaube nicht, dass es Probleme geben wird.«
»Gut. Sie kommen gerade rechtzeitig, wir werden gleich den Kontakt bei K-Null herstellen. Ken, wie sieht’s aus?«
»Alles stabil bei neunzig Prozent«, sagte Dolby.
»Der Magnet?«
»Immer noch kein Problem.«
»Dann wollen wir mal«, sagte Hazelius. »Rae? Sie nehmen Ihren Platz am Detektoren-Kontrollpult ein. Sobald die Logikbombe ausgelöst wird, hängen Sie sich dran. Julie, Sie unterstützen Rae dabei.«
Er wandte sich um. »Alan?«
Edelstein hob langsam den Blick von seiner Tastatur.
»Überwachen Sie gleichzeitig die Back-up-Server und den Hauptcomputer. Beim ersten Anzeichen von Instabilität verlagern Sie die Kontrolle über Isabella an die drei p-fünf-fünfneunfünfer. Warten Sie nicht erst bis zum Absturz.«
Edelstein nickte und gab etwas über die Tastatur ein.
»Melissa, ich will, dass Sie dieses Loch in der Raumzeit beobachten. Falls Sie etwas sehen, irgendetwas, das auf ein Problem hinweisen könnte, eine unerwartete Resonanz, unbekannte superschwere oder stabile Teilchen – vor allem stabile Singularitäten –, geben Sie Alarm.«
Corcoran reckte den Daumen in die Luft.
»Harlan? Wir werden die hundert Prozent Leistung halten, solange es geht. Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Saft schön kräftig und sauber fließt – und das Netz im weiteren Umkreis daraufhin zu überwachen, ob Dritte etwa Schwierigkeiten bekommen.«
»Geht klar.«
»Tony, auch wenn wir die drei Server als Back-up rüberschalten, bleiben die Sicherheitssysteme online. Vergessen Sie nicht, dass wir ein paar Demonstranten da draußen haben, und die könnten etwas Dummes anstellen, zum Beispiel über den Zaun klettern.«
»Ja, Sir.«
Hazelius blickte sich um. »George?«
»Ja?«, fragte Innes.
»Normalerweise haben Sie während so eines Durchlaufs nicht viel zu tun. Aber dieser ist etwas Besonderes. Ich möchte, dass Sie sich in der Nähe des Visualizers aufhalten, damit Sie den Output dieser Logikbombe lesen und psychologisch analysieren können. Ein Mensch hat dieses Programm geschrieben, und vielleicht enthält es Hinweise auf seinen Schöpfer. Suchen Sie nach Erkenntnissen, Überzeugungen, psychologischen Besonderheiten – alles, das uns helfen könnte, den Eindringling zu identifizieren oder seine Logikbombe festzunageln.«
»Hervorragende Idee, Gregory. Natürlich mache ich das.«
»Kate? Ich möchte, dass du die Tastatur übernimmst und die Fragen eingibst.«
»Ich …« Kate zögerte.
Hazelius zog eine Augenbraue hoch. »Ja?«
»Das möchte ich lieber nicht machen, Gregory.«
Die durchdringenden blauen Augen musterten sie, dann richtete sich ihr Blick auf Ford. »Sie haben sonst nichts zu tun. Würden Sie die Fragen stellen?«
»Sehr gern.«
»Was Sie fragen, ist nicht so wichtig – halten Sie das Programm nur am Reden. Rae braucht beständigen Output, um das Ding aufzuspüren. Halten Sie sich nicht damit auf, lange oder komplizierte Fragen zu formulieren – fassen Sie sich kurz. Kate, falls Wyman durcheinanderkommt oder ihm keine Fragen mehr einfallen, springst du ein. Wir dürfen keine Sekunde vergeuden.«
Ford ging zu Kates Arbeitsplatz. Sie stand auf und bot ihm ihren Sessel an. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und beugte sich vor, als wolle er den Bildschirm näher betrachten. »Hallo«, flüsterte er, nahm unauffällig ihre Hand und drückte sie.
»Hallo.«
Kate zögerte und raunte ihm dann zu: »Wyman, versprich mir eines. Ganz egal, was hier passiert – egal, was –, wir werden es noch einmal miteinander versuchen. Du und ich. Versprich mir, dass … das, was auf dem Ritt zurück über die Mesa passiert ist, keine einmalige Sache war.« Sie war knallrot geworden und beugte sich hinab, um es zu verbergen, so dass ihr schwarzes Haar wie ein Vorhang vor ihr Gesicht fiel.
Er drückte erneut ihre Hand. »Ich verspreche es.«
Hazelius hatte noch diverse Einzelheiten mit einigen Teammitgliedern besprochen und kehrte nun zum Mittelpunkt der Brücke zurück. Er ließ den Blick seiner blitzenden blauen Augen über die Gruppe schweifen. »Ich habe es schon einmal gesagt, und ich sage es heute wieder. Wir segeln in unbekannte Gewässer. Ich will Ihnen nichts vormachen: Was wir gleich tun werden, ist gefährlich. Aber uns bleibt keine Alternative, wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir werden diese Logikbombe finden und sie zerstören. Heute Nacht.«
In der langen Stille, die seinen Worten folgte, stieg und fiel das Summen der Maschine.
»Wir werden ein paar Stunden lang keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben«, sagte er. Sein glühender Blick schweifte durch den Raum. »Noch Fragen?«
»Äh, ja«, meldete sich Julie Thibodeaux. Ihr Gesicht war schweißnass, und die dunklen Ringe unter ihren Augen wirkten beinahe durchscheinend. Ihr langes Haar war strähnig und schwankte, als sie sich bewegte.
Hazelius sah sie an. »Ja?«
»Ich …« Ihre Stimme versagte.
Hazelius zog die Brauen in die Höhe und wartete. Sie schob plötzlich ihren Stuhl zurück und stand auf. Die Rollen des Drehstuhls verfingen sich im Teppich, und sie stolperte leicht. »Das ist Wahnsinn«, sagte sie laut. »Wir haben einen warmen Magneten, einen instabilen Computer, eingeschleuste Malware – und jetzt wollen wir ein paar hundert Megawatt in diese Maschine pumpen? Ihr werdet den ganzen Berg in die Luft jagen. Ich bin jedenfalls draußen.«