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»Was für Vorfälle?«

»Mehrere Beamte der Staatspolizei sind bei Übergriffen verletzt worden. Das Verkehrsaufkommen ist enorm, und eine Menge Leute haben die Straßensperren querfeldein umfahren. Das Problem ist, dass sich Hunderte improvisierter, unbefestigter Straßen durch das Navajo-Reservat ziehen, die meisten davon sind nicht mal auf den Karten verzeichnet. Unsere Straßensperren sind löchrig wie ein Sieb.«

Der Präsident wandte sich dem Monitor mit dem Vorsitzenden des Generalstabs zu, der in seinem holzvertäfelten Büro im Pentagon saß; hinter ihm an der Wand hing die amerikanische Flagge.

»General Crisp, wo bleibt die Nationalgarde?«

»In zwei Stunden einsatzbereit.«

»Wir haben keine zwei Stunden mehr.«

»Die erforderlichen Hubschrauber, Piloten und entsprechend ausgebildeten Truppen zusammenzusuchen war eine ziemliche Herausforderung, Mr. President.«

»Ich habe Polizisten da draußen, die zusammengeschlagen werden. Und zwar nicht irgendwo im afghanischen Hinter-land, sondern hier, mitten in den Vereinigten Staaten von Amerika. Und Sie erzählen mir etwas von zwei Stunden?«

»Die meisten unserer Helikopter sind derzeit im Nahen Osten.«

Der FBIDirektor meldete sich zu Wort. »Mr. President?«

Der Präsident drehte sich um. »Was?«

»Ich bekomme gerade einen Bericht rein …« Er nahm von jemandem außerhalb des Bildes ein Blatt Papier entgegen. »Ein Funkspruch von einem Beamten der Navajo Tribal Police, der auf die Red Mesa gefahren ist, um nach dem Rechten zu sehen …«

»Ganz allein?«

»Zu diesem Zeitpunkt war er genauso wenig über die tatsächliche Lage informiert wie wir. Er hat einen Hilferuf abgesetzt, der plötzlich abgeschnitten wurde. Ich habe ihn hier.« Er las vom Blatt vor: » ›Brauche sofort Unterstützung … gewalt tätiger Mob … die werden mich umbringen …‹ Das ist alles, was wir haben. In der Aufzeichnung des Funkspruchs ist der Lärm dieses Mobs im Hintergrund deutlich zu hören.«

»Du lieber Himmel.«

»Der GPS-Sender in seinem Streifenwagen ist kurz darauf ausgefallen. Was eigentlich nur passieren kann, wenn der Wagen in Brand gesteckt wurde.«

»Was hören Sie von dem Geiselrettungsteam da oben? Sind Ihre Leute gefährdet?«

»Mein letzter Bericht vor zehn Minuten lautete, dass die Operation läuft wie am Schnürchen. Wir hatten eine unbestätigte Meldung über Schüsse aus der Richtung des Dugway, knapp vier Kilometer vom Flugfeld entfernt. Wir sind gerade dabei, das Team zu kontaktieren. Aber ich versichere Ihnen, Mr. President, dass ein wild gewordener Mob keine ernsthafte Gefahr für ein spitzenmäßig ausgebildetes FBI-Sonderkommando darstellt.«

»Ach ja?«, erwiderte der Präsident skeptisch. »Sind sie auch dafür ausgebildet, auf Zivilisten zu schießen?«

Der FBIDirektor zappelte ein wenig unbehaglich auf seinem Stuhl.

»Sie sind so ausgebildet, dass sie mit jeder nur denkbaren Situation fertig werden.«

Der Präsident wandte sich erneut dem Vorsitzenden des Generalstabs zu. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, früher als in zwei Stunden Truppen da rauszuschaffen?«

»Entschuldigen Sie bitte, Sir«, unterbrach ihn der FBIDirektor mit bleichem Gesicht. »Ich bekomme gerade eine Meldung über eine Explosion und einen Brand … einen, äh, Großbrand … auf dem Red-Mesa-Flugfeld.«

Der Präsident starrte ihn stumm an.

»Was wollen diese Leute?«, platzte Lockwood heraus. »Was, in Gottes Namen, wollen die da oben?«

Galdone sprach, zum ersten Mal, seit sie den Krisenraum betreten hatten. »Sie wissen doch, was die wollen.«

Lockwood starrte den verhassten Kollegen an. Wabbelig und fett, mit verschränkten Armen, die Augen halbgeschlossen, beinahe schläfrig, hockte er auf seinem Stuhl und blickte seelenruhig in die Runde.

»Sie wollen Isabella zerstören«, sagte er, »und den Antichristen ermorden.«

62

Ford klammerte sich an die Tischkante und las die neue Botschaft auf dem Visualizer. Isabella lief mit voller Kraft, und er spürte die gesamte Brücke beben und wackeln wie das Cockpit eines Jets, der rasend schnell dem Boden entgegentrudelte.

Die Religionen sind aus dem Bemühen entstanden, das Unerklärliche zu erklären, das Unkontrollierbare zu kontrollieren und das Unerträgliche zu ertragen. Der Glaube an eine höhere Macht wurde zur mächtigsten Innovation in der Evolution des Homo sapiens. Stämme mit einer Religion hatten einen Vorteil über jene ohne Religion. Sie hatten eine gemeinsame Richtung, ein Ziel, Motivation, eine Mission. Der Überlebenswert der Religion war so spektakulär, dass der Durst nach einem Glauben sich dem menschlichen Genom einprägte.

Ford war ein wenig von den anderen abgerückt. Kate hatte ihm einen verwunderten und, so meinte er, ein wenig bedauernden Blick zugeworfen und half dann Dolby an dessen Arbeitsplatz. Diejenigen, die Isabella am Laufen hielten – Dolby, Chen, Edelstein, Corcoran und St. Vincent –, waren vollkommen auf ihre Arbeit konzentriert. Die Übrigen starrten auf den Visualizer, gebannt von den Worten, die dort erschienen.

Was die Religion versucht hat, konnte die Wissenschaft nun endlich erreichen. Jetzt habt ihr eine Möglichkeit, das Unerklärliche zu erklären und das Unkontrollierbare zu kontrollieren. Ihr braucht keine »Offenbarungsreligionen« mehr. Die Menschheit ist endlich erwachsen geworden.

Wardlaw meldete sich leise aus seiner Sicherheitskabine. »Sie haben ein Team mit Sprengstoff runtergeschickt. Sie wollen die Tür sprengen.«

»Wie viele?«, fragte Hazelius mit scharfer Stimme.

»Acht.«

»Bewaffnet?«

»Schwerbewaffnet.«

Ein panisches Raunen lief durch die Gruppe. »Was sollen wir jetzt tun?«, rief Innes.

»Wir hören weiter zu«, sagte Hazelius, dessen feste Stimme Isabellas Summen übertönte. Er deutete auf den Bildschirm.

Die Religion ist für das menschliche Überleben so essenziell wie Nahrung und Wasser. Wenn ihr versucht, Religion durch Wissenschaft zu ersetzen, wird euch das nie gelingen. Ihr werdet den Menschen stattdessen Wissenschaft als Religion anbieten. Denn ich sage euch, Wissenschaft ist Religion. Die eine, wahre Religion.

Julie Thibodeaux, die neben Hazelius stand, schluchzte plötzlich. »Das ist wundervoll«, sagte sie und wiegte sich vor und zurück, die Arme um den Oberkörper geschlungen. »Das ist so wundervoll … und ich habe solche Angst.«

Hazelius legte beruhigend einen Arm um sie.

Es war unglaublich, dachte Ford: Er hatte ihre Konvertierung mit eigenen Augen beobachtet. Sie glaubten.

Statt ein Buch der Wahrheit bietet die Wissenschaft eine Methode der Wahrheitsfindung. Wissenschaft ist eine Suche nach der Wahrheit, nicht die Offenbarung einer Wahrheit. Sie ist eine Methode, eine Möglichkeit, kein Dogma. Sie ist ein Weg, kein Ziel.

Ford konnte sich nicht mehr beherrschen. »Ja, aber was ist mit dem Leid der Menschen? Wie kann die Wissenschaft ›das Unerträgliche erträglich machen‹, wie du es ausgedrückt hast?«

»Die Magnetspule macht gleich schlapp«, sagte Dolby ruhig.

»Geben Sie ihr mehr Saft«, murmelte Hazelius.

Im vergangenen Jahrhundert haben Medizin und Technologie mehr menschliches Leid gelindert als sämtliche Priester im vergangenen Jahrtausend.

»Du sprichst von körperlichem Leid«, sagte Ford. »Aber was ist mit dem Leid der Seele? Was ist mit spirituellem Leid?«

Habe ich nicht schon gesagt, dass alles eins ist? Ist es nicht tröstlich zu wissen, dass euer Leid den Kosmos selbst erschüttert? Niemand leidet allein, und alles Leid hat einen Sinn – sogar der Sturz eines Spatzes aus dem Nest ist wesentlich für das Ganze. Das Universum vergisst nichts.