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»Ich kann sie nicht halten, ich brauche mehr Strom«, rief Dolby. »Harlan, du musst mir fünf Prozent mehr geben.«

»Ich bin am Anschlag«, erwiderte St. Vincent. »Wenn ich weitergehe, bricht das Netz zusammen.«

Die Maschine kreischte nun so laut, dass man sein eigenes Wort kaum mehr verstand. Ford las die Worte auf dem Visualizer, während seine Gedanken durcheinanderwirbelten. Zwölf der intelligentesten Menschen im ganzen Land hielten das da für Gott. Das musste doch etwas bedeuten.

Sinkt nicht so tief herab, euch in falsche Bescheidenheit zu hüllen! Ihr seid meine Jünger. Ihr habt die Macht, die Welt auf den Kopf zu stellen. An einem einzigen Tag sammelt die Wissenschaft mehr Beweise ihrer Wahrheiten an als die Religion während ihrer gesamten Existenz. Die Menschen klammern sich an den Glauben, weil sie ihn brauchen. Sie hungern danach. Ihr werdet den Leuten nicht ihren Glauben wegnehmen; ihr werdet ihnen einen neuen Glauben bringen. Ich bin nicht gekommen, um den jüdisch-christlichen Gott zu verdrängen, sondern um ihn zu vervollständigen.

»Moment mal!«, bellte Wardlaw dazwischen. »Da oben passiert noch mehr!«

»Was denn?«, fragte Hazelius.

Wardlaw spähte bestürzt auf seine Videowand. »Hier wird auf einmal – an allen möglichen Stellen der Alarm ausgelöst. Ein Haufen Leute, die einfach aus dem Nichts kommen … sieht aus wie ein wild gewordener Mob … Was zum Teufel …?«

»Ein Mob?« Hazelius wandte sich halb zu ihm um, ohne den Visualizer aus den Augen zu lassen. »Wovon sprechen Sie eigentlich?«

»Ohne Scheiß, das ist eine ganze Horde … Herrgott, das ist ja nicht zu glauben … Sie attackieren den Sicherheitszaun … reißen ihn nieder … Da draußen ist irgendein Aufstand im Gange. Unglaublich – ein randalierender Mob – aus dem Nichts.«

Ford wandte sich dem zentralen Bildschirm der Überwachungsstation zu. Die Hauptkamera hoch oben auf dem Fahrstuhl lieferte mit ihrem weiten Winkel einen guten Überblick. Ein Mob mit Fackeln und Taschenlampen, primitive Waffen schwingend, stürmte die Straße aus Richtung des Dugway entlang, staute sich am Sicherheitszaun und kippte ihn schließlich durch seine schiere Masse. Aus der Richtung des Flugplatzes war eine dumpfe Explosion zu hören, und plötzlich schossen Flammen über den Baumwipfeln auf.

»Sie haben die Hangars auf dem Flugfeld in Brand gesteckt«, brüllte Wardlaw. »Wer sind diese Leute – und wo zum Teufel kommen sie plötzlich her?«

63

Wolf sah zu, wie die Männer die Sprengladungen an der Titantür anbrachten und Kabel von dort zurück zum Zünder legten. Sie wirkten auf ihn verstörend ruhig, beinahe zuversichtlich, als gehörte es zu ihrem Alltag, Löcher in Berge zu sprengen.

Wolf spazierte auf den Rand der Klippe zu. Eine metallene Reling, im Fels verankert, sicherte den Rand. Er hielt sich an dem kalten Stahl fest und blickte hinaus in die unendlichen Wüsten, umzingelt von Bergen, Tausende von Quadratkilometern, in denen kaum ein Licht die tiefe, unterschiedslose Dunkelheit durchbrach. Ein kühler Wind strich von unten herauf und brachte den Geruch von Staub und den schwachen Duft irgendeiner nachtblühenden Pflanze mit sich. Wolf war geradezu lächerlich stolz darauf, dass er sich hierhin abgeseilt hatte. Das war mal eine Geschichte, die er den Leuten zu Hause in Los Alamos erzählen konnte.

Hinter sich hörte er plötzlich Funkgeräte zischeln, dann einen unverständlichen Wortschwall. Er drehte sich um, um zu sehen, was da passierte. Die Männer, die die Sprengung vorbereiteten, hatten innegehalten. Sie drängten sich um Doerfler und sprachen hektisch in ihre Funkgeräte. Wolf lauschte, konnte aber nichts verstehen. Offenbar war etwas Ungewöhnliches vorgefallen.

Wolf schlenderte hinüber. »He, was ist denn los?«

»Oben hat es einen Angriff gegeben. Niemand weiß, wer das ist.«

Na, toll, dachte Wolf.

Lautes Knallen von oben vermengte sich mit Echos von der Felswand, und der Himmel über dem Rand der Mesa färbte sich plötzlich leuchtend rot. »Was passiert denn da?«

Miller warf Wolf einen Blick zu. »Sie haben die Hangars auf dem Flugfeld in Brand gesteckt … Sie haben den Hubschrauber umzingelt.«

»Sie? Wer zum Teufel sind sie?«

Miller schüttelte den Kopf. Die anderen Teammitglieder unterhielten sich per Funk gehetzt mit ihren Kollegen oben. Die knallenden Geräusche wurden lauter – und Wolf erkannte, dass das Schüsse waren. Er hörte einen schwachen Schrei. Alle starrten nach oben. Gleich darauf stürzte jemand über den Rand der Klippe an ihnen vorbei, begleitet von einem langgezogenen, erstickten Schrei. Der Körper flog hier und da durch die Kegel der Scheinwerfer – ein Mann in Uniform. Der Schrei endete abrupt, tief unter ihnen, mit einem leisen Klatschen und dem Poltern von Geröll.

»Was zum Teufel war das?«, schrie einer der Soldaten. »Sie haben Frankie von der Klippe geworfen!«

»Achtung! Sie kommen die Seile runter!«, brüllte ein anderer Soldat.

Alle starrten in fassungslosem Entsetzen nach oben, wo Dutzende dunkler Gestalten an den Tauen herabglitten.

Pastor Russell Eddy beobachtete, wie seine Schäfchen den letzten Soldaten über den Rand der Klippe warfen. Diese Gewalttat bedauerte er zwar aufrichtig, aber der Soldat hatte sich dem Willen Gottes widersetzt. Es musste also sein. Vielleicht würden diese Männer Trost und Erlösung finden, wenn Jesus Christus sie von den Toten auferweckte und Seine Herde um sich sammelte. Vielleicht.

Er stieg auf die Motorhaube eines Humvee und verschaffte sich einen Überblick. Die Soldaten hatten auf seine Gemeinde geschossen, die sich jedoch mit der Gewalt eines Tsunamis bis zum Rand der Klippe vorgedrängt hatte, bis die meisten Soldaten über den Rand in die schwarze Leere verschwunden waren.

Sein Wille geschehe.

Pastor Eddy bestaunte das Wunder. Auf der Straße drängten sich Menschen, die vom Dugway herbeiströmten, ein Meer von Fackeln und Taschenlampen. Sie ergossen sich über den Zaun in die Sicherheitszone, breiteten sich dort aus und warteten auf weitere Anweisungen. Knapp einen Kilometer entfernt züngelten die Flammen der brennenden Hangars bis über die Baumwipfel und tauchten die Mesa in ein grausiges Licht. Der beißende Gestank von Treibstoff und verbranntem Plastik trieb durch die Luft.

Vor ihm sammelten sich die Leute am Rand der Klippe. Die Soldaten hatten eine Menge Ausrüstung dort zurückgelassen, und Doke wusste offensichtlich etwas damit anzufangen. Er hatte zehn Jahre bei den Special Forces gedient, hatte er Eddy erzählt. Er half den Leuten beim Abseilen, steckte sie in Gurte und Schlingen mit diversen Karabinern und Haken und zeigte ihnen, wie sie sich an der Felswand hinunterlassen mussten. Er versicherte ihnen, dass sie es schaffen konnten.

Und sie schafften es. Mit so guter Ausrüstung war es nicht schwer. Man brauchte gar keine besonderen sportlichen Fähigkeiten. Dokes Leute verschwanden dutzendweise über den Rand, die Taue hinab, wie ein menschlicher Wasserfall, der sich in die Dunkelheit ergoss. Sie schickten die Gurte und Karabiner wieder hinauf, die dann erneut zum Einsatz kamen, und wieder und wieder.

Eddy sah zu, wie Doke brüllte und Befehle erteilte. Eddy hob sein Funkgerät und rief die Gruppe auf dem Flugfeld. »Wie ich sehe, habt ihr die Hangars angezündet. Gut gemacht.«

»Was sollen wir mit dem Hubschrauber machen?«

»Ist er bewacht?«

»Ein Soldat und der Pilot. Er ist bewaffnet – und ziemlich in Panik.«

»Tötet sie.« Die Worte platzten einfach so aus ihm heraus. »Sie dürfen nicht abheben.«

»Ja, Pastor.«

»Sonst noch schweres Gerät da?«

»Hier ist ein Bagger.«

»Zieht Gräben durch die Landebahn und die Helipads.«