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Mit einem Griff unter mein Bäuchlein nimmt sie mich auf den Arm. »Ich habe eine sehr gute Idee, wie wir beide den Rest der Nacht etwas ruhiger verbringen können. Du darfst heute noch einmal bei mir schlafen. Mir ist jetzt auch nicht so nach allein sein. Wahrscheinlich verziehe ich dich total, aber das ist mir jetzt wurscht.«

Genau. Wurscht ist immer gut!

In Carolins Bett angekommen, kuschle ich mich gleich in eines der Kissen. Carolin legt sich auch wieder hin und streichelt mich.

»Weißt du, vielleicht war das auch alles Unsinn mit meiner Selbstfindung. Ich meine, es fühlte sich ungefähr einen Tag gut an, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher, ob das richtig war. Gut, Jens war ein Totalausfall. Aber Daniel ist erst mal weg. War das falsch? Ich meine, ihn gehen zu lassen? Ich wünschte, du könntest sprechen, Herkules. Deine Meinung wüsste ich nur zu gerne. Andererseits: Was hätte ich anders machen können? Das, was sich Daniel wünscht, ist einfach nicht drin. Ich bin nicht verliebt in ihn. Ich hatte selbst gehofft, ich könnte es sein. Aber es funktioniert nicht.«

Eine Weile ist sie ganz still, so dass ich schon denke, dass sie eingeschlafen ist. Aber dann redet sie weiter.

»Und bei Marc brauche ich mich wahrscheinlich auch nicht mehr zu melden. O Mann, ich glaube, ich hab's total versaut. Dabei fand ich ihn schon sehr spannend. Warum habe ich ihm bloß gesagt, dass ich ihn nicht mehr sehen will?«

Ja. In der Tat. Warum eigentlich? Kein geschickter Schachzug. Ich hab's ja gleich gesagt bzw. hätte, wenn ich denn sprechen könnte. Aber auf mich hört doch sowieso kein Mensch.

»Der Marc ist schon nett, oder?« Ich schlecke wie zur Bestätigung einmal an ihrer Wange. »lieh, Herkules! Ich glaube dir auch so, dass du ihn magst. Ich mag ihn ja auch. Ehrlich gesagt hatte mich vor allem diese Sache mit Nina gestört. Sie ist eben meine beste Freundin. Und das Gefühl zu haben, dass sie noch so in ihn verknallt ist, war nicht gerade schön. Verstehst du das?«

Plötzlich schöpfe ich wieder Hoffnung für meinen Plan vom glücklichen Familienleben. Möglicherweise kommen wir doch noch ans Ziel. Wie genau, weiß ich zwar nicht, aber das ist erst mal zweitrangig. Auf alle Fälle kann es nicht schaden, mich als Frauenversteher zu positionieren. So erzählt Carolin vielleicht noch ein bisschen über Marc. Ich gebe mir also Mühe, Carolin möglichst treu ins Auge zu blicken.

»Herrje, das ist ja ein richtiger Dackelblick. Du findest, das mit Marc war ein Fehler, nicht? Na ja, aber bei Nina hat er echt ein bisschen überreagiert. Die Arme. Gut, sie ist nicht die kinderfreundlichste, aber sie vor allen abzukanzeln? Auch nicht okay, oder?« Ich blinzele wieder und schnüffele an ihr. »Das macht ihn doch irgendwie etwas unsympathisch.«

Brrr, auf keinen Fall! Ich schüttle den Kopf und knurre ein bisschen.

»Gut, dann sind wir da eben nicht einer Meinung. Ich finde schon, dass es ihn ein wenig unsympathisch macht. Insofern war es vielleicht doch die richtige Entscheidung. Ich meine, nach Thomas ist mein Bedarf an Cholerikern echt gedeckt.«

Wuff! Was redet sie sich da bloß wieder ein? Wer weiß schon, was genau Marc zu Nina und vor allem Nina zu Marc gesagt hat. Wenn ich es recht bedenke, passt Marc von allen mit Abstand am besten zu uns. Wenn es also nach mir geht, dann sollte Carolin ihn schleunigst anrufen und die Sache mit der Selbstfindung erst einmal auf Eis legen. Das kann sie doch hinterher immer noch machen. Ich stupse sie noch einmal in die Seite. Keine Reaktion. Unglaublich. Carolin ist tatsächlich eingeschlafen. Mitten in unserem interessanten Gespräch.

Aber ich kann nicht einschlafen. Noch nicht. In meinem Kopf rattern die Gedanken. Was sagen mir die Dinge, die ich über Menschen in den letzten Wochen gelernt habe, über Carolin und die Männer? Erstens: Sie findet Marc nett. Zweitens: Sie will aber nicht mit ihm sprechen, weil ihr das Gespräch im Café mittlerweile unangenehm ist. Und drittens: Deswegen redet sie sich ein, dass es sowieso nichts geworden wäre. Genau, so muss es sein! Daraus folgt viertens: Ich muss Marc dazu bringen, mit ihr zu sprechen. Aber wie mache ich das? Wie mache ich das bloß?

FÜNFUNDZWANZIG

Also, deine Theorie ist, dass Marc doch der richtige Mann für Carolin ist und sie es nur nicht zugeben will. Denn dann müsste sie ihn ja ansprechen, und das ist ihr peinlich. Und deswegen hat sie sich etwas zurechtkonstruiert, was angeblich an ihm nicht passt. Hm.« Herr Beck schaut sehr nachdenklich. »Donnerwetter. Du hast viel gelernt. Was allerdings kein Wunder ist, denn du hattest einen exzellenten Lehrmeister.«

»Ja, du bist toll. Aber was denkst du, sollte ich jetzt tun? Immerhin ist die Sache sehr kompliziert. Ich kann leider nicht einfach zu Marc marschieren und sagen He, ruf endlich an! Andererseits fürchte ich, wenn er nicht auftaucht, dann wird das nie etwas mit den beiden.«

Herr Beck nickt. »Tja. Kompliziert. Wirklich.«

Wir schweigen. Dann setzt Beck wieder an: »Im Grunde genommen kannst du nur eines machen: Lauf zur Praxis und hoffe, dass Marc das als Zeichen nimmt.«

»Als Zeichen? Für was denn? Dass ihn ein Dackel verfolgt?«

Herr Beck kichert. »Siehst du! Alles hast du dann doch noch nicht über die Menschen gelernt. Also: Wenn Menschen sich etwas sehr wünschen, neigen sie dazu, in allem ein Zeichen zu erblicken. Was es meistens gar nicht ist. Also, nehmen wir mal an, der Mensch möchte gerne Kinder haben. Dann wird er mit Sicherheit bald über einen Kinderwagen stolpern. Und es für ein Zeichen halten, dass eigener Nachwuchs angezeigt ist. In Wirklichkeit ist es natürlich nur ein Zeichen dafür, dass ihm jemand einen Kinderwagen in den Weg gestellt hat.« »Aha.«

Irgendwie verstehe ich Herrn Beck nicht ganz. Was hat denn jetzt ein Kinderwagen mit Marc und Carolin zu tun? Offensichtlich gucke ich belämmert, denn Herr Beck schüttelt den Kopf und wird gönnerhaft.

»Es ist doch ganz einfach, Herkules: Wenn Marc sich nach Carolin sehnt und dann dich sieht, wird er es für ein Zeichen halten, dass er Kontakt mit ihr suchen sollte.«

»Ja, aber so ist es doch von mir auch gemeint. Das wäre doch Absicht.«

Herr Beck schnaubt ungeduldig. »Sicher. Aber das weiß doch Marc nicht. Der kommt nicht auf die Idee, dass ein Dackel einen Plan hat. Der sieht in dir doch nur ein einfältiges Tier. Und deswegen wird er glauben, es sei ein Zeichen. Verstanden?«

Ehrlich gesagt nein, aber das traue ich mich nicht zuzugeben.

»Also laufe ich jetzt zu Marc und hoffe, dass er mich irgendwie sieht?«

»Genau. So machst du es.«

Vor der Praxis angekommen, wird mir klar, dass unser Plan einen entscheidenden Schönheitsfehler hat: Um diese Zeit ist die Straße hier ziemlich laut, einen bellenden Hund wird Marc wahrscheinlich gar nicht hören. Außerdem wird er kaum zu Hause sein, sondern vielmehr in der Praxis arbeiten. Selbst wenn ich da reinkomme, werde ich mich wohl nicht an der Frau am Tresen vorbeimogeln können. Und ohne begleitenden Hundebesitzer schmeißt die mich wahrscheinlich gleich raus. Seit meiner Jagd auf Bobo und Schneeweißchen genieße ich bei ihr bestimmt einen zweifelhaften Ruf.

Ich sitze also eine Weile auf dem Bürgersteig vor dem Hauseingang und denke nach. Weder nach Hause? Beck zur Hilfe holen? Nein, meine einzige Chance ist, in das Wartezimmer zu kommen und dort von Marc gesehen zu werden.

Als eine Frau mit einer Katze auf dem Arm den Hauseingang ansteuert, mache ich mich startbereit. Sie klingelt, die Tür geht auf, und ich schlüpfe hinter den beiden her. Die Katze beobachtet mich amüsiert. »Na, Kleiner? Heimlich zum Tierarzt? Will Frauchen nicht glauben, dass du krank bist?«

Ich schüttle den Kopf. »Ne, ich bin quasi in geheimer Mission unterwegs. Und wenn man überhaupt von Krankheit sprechen kann, dann würde ich sagen: herzkrank. Aber nicht ich, sondern mein Frauchen. Und der Herr Doktor auch.«