Bach überging meine Frage; wie immer, wenn ihm irgendetwas unangenehm war. Stattdessen scheuchte er mich mit einer angedeuteten Handbewegung zur Seite und beugte sich in den Wagen, um Brandons Leiche zu untersuchen.
Wütend trat ich ein paar Schritte zurück und funkelte abwechselnd ihn und Steel an. Bach bemerkte es nicht einmal, aber Steel grinste plötzlich so breit, dass ich beinahe Lust verspürte, ihm die Zähne einzuschlagen.
»Was wird hier gespielt?« fragte ich.
Steels Grinsen wurde noch breiter. »Nichts, worüber du dich aufregen müsstest, Kleiner«, sagte er. »Im Gegenteil. Du hast dich verdammt gut gehalten, für das erste Mal. Du hast deine Feuertaufe bestanden.«
»Das erste Mal?« wiederholte ich. »Soll das heißen, ihr habt gewusst, was passieren wird?«
»Natürlich nicht«, sagte Bach, ohne sich zu mir herumzudrehen. »Wir wollten sehen, wie er reagiert. Aber damit hat niemand gerechnet. Ich bringe meine Leute nicht unnötig in Gefahr.«
Was mich zu der Frage brachte, wann er es für nötig hielt, seine Leute in Gefahr zu bringen. Aber das sprach ich vorsichtshalber nicht aus.
»Was ist mit dieser Platte, von der Sie gesprochen haben?« fuhr Bach fort.
Ich drehte mich herum und ließ meinen Blick über das Feld schweifen. Von dem symmetrischen Muster war nichts mehr geblieben. Die beiden Wagen hatten das Maisfeld regelrecht umgepflügt. »Es muss ... irgendwo dort hinten liegen«, sagte ich zögernd.
»Dann suchen Sie es«, antwortete Bach. »Um das hier kümmern wir uns.«
Noch in der gleichen Nacht kehrten wir nach Washington zurück. Wir hatten keine Linienmaschine genommen, sondern waren eine Stunde nach Sonnenuntergang in ein Transportflugzeug der Air Force gestiegen, das uns nach Washington brachte. Vom Airport aus fuhren wir in einem geschlossenen Militärlaster direkt zur unterirdischen Zentrale von Majestic, die wir diesmal allerdings nicht durch die Gerätekammer im Bahnhof betraten.
Wir wurden bereits erwartet. Nach der unvermeidlichen Prozedur am Eingang, von der auch Bach nicht ausgenommen wurde, eskortierte uns ein halbes Dutzend Soldaten durch einen weiteren der scheinbar endlosen Korridore, die das unterirdische Labyrinth von Majestic bildeten. Ich versuchte mit den anderen Schritt zu halten, was mir angesichts meines verknacksten Knöchels nicht ganz leicht fiel. Aber ich beschloss, mir nichts anmerken zu lassen; es hätte sowie nichts genutzt.
Auf halbem Wege kam uns ein grauhaariger, älterer Mann in einem zerknitterten Anzug und mit einem fast ebenso zerknitterten Gesichtsausdruck entgegen. Er trug einen nicht mehr ganz sauberen weißen Kittel über dem linken Arm und fuhr Bach ohne weitere Vorrede und in einem Ton an, für den er mich vermutlich auf der Stelle erschossen hätte. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«
»Die korrekte Formulierung wäre: wie früh«, antwortete Bach ungerührt. »Guten Morgen, Doktor Hertzog.«
Hertzog maß ihn mit einem kühlen Blick, bedachte Steel, Walt und mich selbst mit noch weniger Interesse und musterte dann die verchromte Bahre mit Brandons Leichnam, den die Soldaten zwischen uns her schoben. »Wer ist das?«
»Ich muss Sie schon wieder korrigieren, Doc«, sagte Bach. »Die Frage lautet: was. Und um genau das herauszufinden, habe ich Sie zu dieser gotteslästerlichen Zeit aus dem Bett holen lassen.«
Hertzog seufzte auf eine ganz bestimmte, beredte Art, die mir sagte, dass die beiden Männer dieses Gespräch nicht zum ersten Mal führten. Außerdem war er der erste Mensch, den ich bei Majestic traf, der eindeutig keine Angst vor Bach zu haben schien.
»Also gut«, sagte er. »Bringt ihn ins Labor.«
Während wir weitergingen und Hertzog umständlich in seinen schmuddeligen Kittel schlüpfte, wandte ich mich in halblautem Ton an Bach. »Brauchen Sie mich noch, Captain?«
»Ich fürchte, ja«, antwortete Bach. »Warum?«
»Ich habe am Flughafen versucht, meine Freundin anzurufen«, antwortete ich. »Sie ist nicht ans Telefon gegangen.«
»Um vier Uhr morgens?« Bach schüttelte den Kopf. »Seien Sie nicht albern, John. Außerdem habe ich Ihnen gesagt, dass ich mich um die Angelegenheit kümmere. Sie sollten ein wenig mehr Vertrauen zu mir haben.«
Ich wollte antworten, fing aber im letzten Moment einen warnenden Blick aus Steels Augen auf und hielt den Mund. Seit meinem ersten Besuch bei Majestic hatte ich Bach nicht wiedergesehen und infolgedessen auch nicht mehr mit ihm gesprochen, aber ich hatte nach dem heutigen Tag den Eindruck gewonnen, dass er normalerweise nicht in einem so vertrauensvollen Ton mit seinen Untergebenen sprach. Vielleicht war es besser, wenn ich den Bogen nicht überspannte.
Die Soldaten blieben hinter uns zurück, als wir das Labor betraten, aber mir fiel etwas auf, das mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte: Als die Tür hinter uns zufiel, hörte ich, wie ein Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Wir waren gefangen.
»Legt ihn auf den Tisch«, sagte Hertzog. Walt und Steel hoben Brandons Leichnam auf den verchromten Obduktionstisch und begannen unaufgefordert, ihn auszuziehen, während Hertzog an einen Schrank trat und mit lieblosen Bewegungen die verschiedensten Operationsinstrumente in eine verchromte Schale warf. »Na, dann wollen wir mal.« Hertzog trat an den Tisch heran, musterte Brandon mit einem kurzen, aber sehr professionellen Blick und wandte sich dann an Bach.
»Woran ist er gestorben?«
»Ein Unfall«, antwortete Bach. »Er hat sich das Genick gebrochen.«
»Ja, das dachte ich mir«, sagte Hertzog säuerlich. »Es ist ja auch die edelste Pflicht eines Arztes, um vier Uhr nachts aufzustehen, um sich ein bedauernswertes Unfallopfer anzusehen. Ich hoffe, Sie haben noch nicht gefrühstückt.«
Mir blieb ungefähr eine halbe Sekunde, um mich über diesen Satz zu wundern. Dann verstand ich ihn, denn Hertzog setzte die Spitze eines Skalpells an Brandons Schambein an und öffnete seinen Körper mit einem einzigen, sauberen Schnitt.
Was folgte, war eindeutig der unappetitliche Teil. Ich hatte noch niemals zuvor eine Obduktion miterlebt, mir aber natürlich vorgestellt, wie so etwas aussehen mochte.
Allerdings war ich damit meilenweit hinter der Wirklichkeit zurückgeblieben. Hertzog weidete Brandons Körper regelrecht aus, und es war nicht zu übersehen, dass ihm diese Arbeit zumindest ein gewisses Vergnügen bereitete. Immerhin lenkte mich die grausame Vorstellung so ab, dass ich die Schmerzen in meinem Knöchel kaum noch bemerkte. Dafür versuchte mein Magen mindestens ein halbes Dutzend Mal, in meiner Kehle emporzukriechen, und selbst Steel wurde ein bisschen blass um die Nase herum, auch wenn er sich alle Mühe gab, weiterhin unerschütterlich zu grinsen.
»Also, was hätten wir denn da?« fragte Hertzog. »Ein männlicher Leichnam. Weißer, Kaukasischer Typ. Alter ... etwa fünfzig Jahre. Der Körper befindet sich äußerlich in gutem Zustand, wenn ich auch Anzeichen mangelnder Hygiene feststelle.«
Er schüttelte den Kopf. »Keine sichtbaren Operationsnarben. Keine offensichtlichen Anzeichen schwerer Krankheiten. Kein Krebs. Herz, Lungen, Nieren ...« Er griff wieder nach dem Skalpell, führte zwei rasche Schnitte aus und nahm einen braunroten Fleischlappen aus Brandons Bauchhöhle, bei dessen Anblick mein Magen schon wieder in meiner Speiseröhre emporzukriechen versuchte.
»Die Leber ist ziemlich vergrößert. Ihr Freund scheint gerne einen über den Durst getrunken zu haben. Aber davon abgesehen ... ein ganz normaler Mann.«
»Ganz normale Männer versuchen eigentlich nicht, Wildfremde mit ihren Pick-Ups über den Haufen zu fahren«, sagte Bach.
»Möglich«, antwortete Hertzog. »Aber das scheint mir dann doch eher ein kriminalistisches Problem zu sein, kein medizinisches.«
»Um das herauszufinden, sind wir hier«, sagte Bach. »Öffnen Sie seine Schädeldecke.«