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Alberich und das Lied des toten Drachen

Zwerg Alberich, der Hüter des Nibelungenhortes, ist verzweifelt. Der grausame Siegfried hat ihm die Tarnkappe geraubt. Doch wie soll Alberich ohne sein magisches Werkzeug den Schatz im Hohlen Berg bewachen? Es gibt nur eine Lösung: Er muß eine neue Magie finden. Zusammen mit seinen Gefährten, dem alten Mütterchen Mitternacht und dem Hunnenkrieger Löwenzahn, macht sich der Zwerg auf die Suche. Es heißt, Siegfried habe den letzten Drachen erschlagen, um durch dessen Blut unverwundbar zu werden. Alberich beschließt, es ihm gleichzutun: Er will im Drachenblut baden - und seinen Erzfeind zum Schwertkampf fordern.

Alexander Nix ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors.

ECON Unterhaltung

Die Nibelungen:

Kai Meyer, Der Rabengott (TB 27410)

Alexander Nix, Das Drachenlied (TB 27411)

Jana Held, Die Flammenfrau (TB 27412)

Bernhard Hennen, Das Nachtvolk (TB 27413)

Jörg Kastner, Das Runenschwert (TB 27414)

Martin Eisele, Der Feuerstern (TB 27415)

Seit Urzeiten ist Alberich der Hüter des Nibelungenhortes, doch die Welt beginnt sich zu verändern. Siegfried, der grausame Xantener, ist auf den Plan getreten. Er hat nicht nur das Geschlecht der Nibelungen ausgerottet, er hat es auch vermocht, Alberich die magische Tarnkappe abzunehmen. Der Zwerg sinnt auf Rache. Doch dazu müßte auch er unverwundbar werden wie der Recke Siegfried. Ein großer neuer Roman um einen Helden des weltberühmten Nibelungenliedes.

Alexander Nix ist das Pseudonym eines namhaften deutschen Autors. Mit einer Leichtigkeit, die an Tolkiens: Der kleine Hobbit erinnert, beschreibt er eine Episode, die nicht im Nibelungenlied steht: Wie Alberich der Zwerg den letzten Drachen sucht, um Siegfried zu besiegen.

Alexander Nix

Das Drachenlied

Roman

Der Romanzyklus »Die Nibelungen« entstand

nach einer Idee von Kai Meyer

Konzeption: Kai Meyer/Reinhard Rohn

ECON Taschenbuch Verlag

Veröffentlicht im ECON Taschenbuch Verlag

Originalausgabe

© 1997 by Alexander Nix

© der deutschen Ausgabe 1997 by ECON Verlag GmbH, Düsseldorf

Umschlaggestaltung: Init GmhH, Bielefeld

Titelabbildung: Hassan Kocbay

Lektorat: Reinhard Rohn

Gesetzt aus der Goudy, Linotype

Satz: Josefine Urban KompetenzCenter, Düsseldorf

Druck und Bindearbeiten: Ebner Ulm

Printed in Germany

ISBN 3-612-27411-2

Kapitel 1

Es war der Tag des traditionellen Fußnägelrauchens, der erste Tag des Frühlings; doch in diesem Jahr würden die Pfeifen kalt und die Zehnägel unversehrt bleiben.

Zum ersten Mal seit Wochen roch die Luft nicht mehr nach Leichen. Das war eine prächtige Neuigkeit, fand Obbo, der Wirt des Wolfswinkel, eine wahrlich wunderbare Neuigkeit - wenn auch die einzig erfreuliche. In Jahrzehnten waren die Feierlichkeiten rund um das Fußnägelrauchen nicht abgesagt worden, doch diesmal war Obbo gar keine andere Wahl geblieben. Die meisten Teilnehmer lebten nicht mehr, ihre Körper waren verbrannt, ihre Asche bestattet.

Seit der Leichenqualm erstmals über den Fluß und die Wälder getrieben war, waren im Schankraum des Wolfswinkel viele Pfeifen mit starkem Kraut geraucht worden. Die Gäste hatten ihr Bestes getan, den Gestank zu vertreiben, hatten sich in Wolken ihres Pfeifenkrauts gehüllt, bis Obbo kaum mehr sehen konnte, wer Bier und wer Eier-im-Schmalz bestellte. Denn Eier-im-Schmalz waren Obbos Lieblingsspeise, die Spezialität seiner Küche - und, nebenbei bemerkt, das einzige Gericht, das im Wolfswinkel angeboten wurde.

Doch an jenem ersten Frühlingsmorgen war die Luft so klar wie schon lange nicht mehr, keine Spur mehr vom Odem der Totenfeuer, und Obbo hätte die Pracht seines Gartens, die Schönheit der Bäume und Sträucher und das reine Blau des Himmels gar nicht herrlicher empfinden können. Er zog seine lederne Schürze glatt - sie schien ihm nach all den Kummertagen ein wenig straffer über dem Kugelbauch zu liegen - und stiefelte auf kurzen Beinen hinaus in den Garten. Schankgäste waren um diese Tageszeit noch keine in Aussicht, und der Gast des einzigen Bettzimmers, das es im Wolfswinkel gab, war schon in der Dämmerung hinaus in den Wald gewandert. Wie jeden Morgen seit dreizehn Jahren. Ach, seufzte Obbo, das alte Mütterchen Mitternacht - immer als erste auf den Beinen.

Aber dies war nicht die Zeit und nicht der Ort, um an Mütterchen Mitternacht zu denken. Obbo überquerte die kleine Wiese, umrundete die weiße Hecke aus Kupferfelsenbirnen und verweilte einen Moment am Froschweiher. Ein wildes Quaken begrüßte ihn; zumindest stellte Obbo sich vor, es sei ein Gruß. Er sah sein Spiegelbild in der Oberfläche und tippte eilig mit dem Finger hinein. Sein pausbäckiges Antlitz zerstob in sanften Ringen.

Über ihm schwatzten die Vögel beim Nestbau, ein Trillern und Pfeifen und Zwitschern erscholl aus den Wäldern. Obbo trat durch den Vorhang der Weidenzweige, durchquerte eine Reihe hoher Weißbirken und stieg schließlich den Hügel am Ende des Gartens hinauf. Er glaubte nicht, daß es wirklich etwas zu sehen gab, aber es war eine alte Gewohnheit, frühmorgens von dort aus zum Fluß zu blicken. Zum Fluß und hinüber zum Hohlen Berg.

Ächzend erklomm er die Hügelkuppe und blieb inmitten hoher Hasenglöckchen stehen. Bald schon würden sie in blauer Pracht erblühen, ein feiner Anblick, ganz gewiß.

Auf der anderen Seite fiel der Hügel steiler ab und verschwand im Schatten des Kiefernwaldes. Hundert Schritte weiter endeten die grünen Wipfel abrupt am Ufer des Rheins. Blau und glucksend strömten die Fluten vorüber und umspülten die Halbinsel, deren Zwillingsgipfel weithin die Landschaft überragten.

Zwei hohe Berge, durch einen bewaldeten Steg mit dem Ufer verbunden. Der eine kahl und felsig, der andere gekrönt von einer mächtigen Burg. Es war die Burg der Fürsten Nibelung und Schilbung. Beide tot. Tot wie viele ihrer besten Männer, hingemäht vom Schlächter Siegfried.

Obbos gute Laune ging dahin, und Düsternis umfing sein Denken. Kein Fußnägelrauchen in diesem Jahr. Es war ein schwarzer Tag gewesen, als Siegfried von Xanten die Halbinsel betreten hatte, angelockt vom unermeßlichen Reichtum im Hohlen Berg. Der Recke hatte die beiden Fürstenerben hingeschlachtet, und niedergemacht hatte er auch ihre Garden; dann hatte er den Hort für sich beansprucht. Keiner wagte mehr zu widersprechen, auch dann nicht, als der Sieger mit wehendem Goldhaar von dannen ritt. Den Schatz, so hatte er verkündet, wolle er später holen lassen. So lange sollte der Hort im Hohlen Berg bleiben, in den unergründlichen Schatzkammern und Hallen tief in seinem Inneren, behütet von seinem einzigen Wächter.

Seitdem waren einige Wochen vergangen, und die Totenfeuer hatten unermüdlich die Leichen all jener Recken verzehrt, die sich dem Xantener entgegengeworfen hatten. Es war eine schlechte Zeit gewesen für Obbo und den Wolfswinkel. Zwar hatten es die Krieger ohnehin vorgezogen, ihre Feste und Zechereien in der Burg abzuhalten, doch hatten sie sich stets zum ersten Tag des Frühlings in Obbos Schänke eingefunden. Wer die meisten Fußnägel in seiner Pfeife rauchte, der durfte mit seinen Freunden auf Kosten des Hauses trinken - bis zum nächsten Hahnenschrei. Ein verlockendes Angebot.