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»Ich möchte soviel wie möglich mit dir Zusammensein.«

»Kannst du dir denn die ganze Zeit freinehmen? Was ist mit dem Juweliergeschäft?«

Jean Claude lächelte. »Es wird ohne mich zurechtkommen müssen.«

Der Oberkellner brachte ihnen die Speisekarte.

»Hast du Lust, ein paar frankokanadische Speisen zu probieren?«

»Aber gern.«

»Dann laß mich für dich bestellen«, sagte er und wandte sich an den Ober. »Nous voudrions le Brome Lake Duckling.« Er erklärte es Toni. »Das ist ein einheimisches Gericht. Mit Äpfeln gefüllte Jungente in Calvados.«

»Klingt ja köstlich.«

Und das war es auch.

Im Laufe der Mahlzeit erzählten sie einander aus ihrem Leben.

»Du warst also nie verheiratet?« fragte Toni.

»Nein. Und du?«

»Auch nicht.«

»Du hast eben nicht den Richtigen gefunden.«

O Gott, wäre ja herrlich, wenn es so einfach wäre. »Nein.«

Sie unterhielten sich über Quebec und was man hier alles unternehmen konnte.

»Fährst du Ski?«

Toni nickte. »Gern sogar.«

»Ah, bon. Moi aussi. Außerdem kann man mit dem Schneemobil durch die Gegend fahren, Schlittschuh laufen, wunderbar einkaufen gehen .«

Seine Begeisterung hatte beinahe etwas Jungenhaftes an sich. Noch nie hatte sich Toni bei jemandem so wohl gefühlt.

Shane Miller hatte dafür gesorgt, daß seine Mitarbeiter morgens am Kongreß teilnahmen und nachmittags frei hatten.

»Ich weiß nicht, was ich hier machen soll«, beklagte sich Alette bei Toni. »Es ist eiskalt. Was hast du denn vor?«

»Alles mögliche.« Toni grinste.

»A tantot.«

Toni und Jean Claude speisten jeden Mittag zusammen, und nachmittags gingen sie beide auf Erkundungstour. Eine Stadt wie Quebec hatte sie noch nie gesehen. Sie kam sich vor, als entdeckte sie mitten in Nordamerika ein malerisches französisches Dorf, das sich seit der Jahrhundertwende kaum verändert hatte. Die alten Straßen trugen vielsagende Namen wie An der Zitadelle oder Matrosensprung. Die ganze verschneite Stadt wirkte wie aus dem Bilderbuch.

Sie besuchten die Zitadelle, deren Mauern über der Altstadt aufragten, und sahen bei der berühmten Wachablösung zu. Sie erkundeten die Einkaufsstraßen, Saint Jean, Cartier, Cöte de la Fabrique, und spazierten durch das Quartier Petit Champlain.

»Das ist das älteste Geschäftsviertel von Nordamerika«, erklärte ihr Jean Claude.

»Einfach super.«

Überall standen funkelnde Weihnachtsbäume und Krippen, und allerlei Musikanten spielten zur Freude der Passanten auf.

Einmal fuhr Jean Claude mit Toni in einem Schneemobil ins Umland. Als sie einen schmalen Berg hinunterrasten, ergriff er ihre Hand. »Gefällt es dir hier?« fragte er.

Toni spürte, daß er sie nicht nur aus Höflichkeit fragte. Sie nickte. »Es ist ganz wunderbar«, sagte sie.

Alette trieb sich ständig in den Museen herum. Sie besuchte die Basilica Notre-Dame, die Good Shepherd Chapel und das Augustinermuseum, doch ansonsten interessierte sie sich kaum für Quebec. Es gab zahllose Feinschmeckerrestaurants, aber sie ging allenfalls im Le Commensal essen, einer vegetarischen Cafeteria, wenn sie nicht im Hotel speiste.

Ab und zu dachte Alette an Richard Melton, den Künstler aus San Francisco, und fragte sich, was er wohl gerade machte und ob er sich noch an sie erinnerte.

Ashley graute vor Weihnachten. Am liebsten hätte sie ihren Vater angerufen und ihn gebeten, er möge nicht herkommen. Aber was soll ich ihm sagen? Du bist ein Mörder. Ich will dich nicht sehen?

Und mit jedem weiteren Tag rückte das Weihnachtsfest näher.

»Ich möchte dir mein Juweliergeschäft zeigen«, sagte Jean Claude zu Toni. »Hast du Lust dazu?«

Toni nickte. »Aber gern.«

Parent Bijoux, so der Name des Geschäfts, lag an der Rue Notre-Dame im Herzen von Quebec. Toni war fassungslos, als sie darauf zugingen. Ich habe ein kleines Juwelier ge schäft, hatte er im Internet erklärt. Doch das hier war ein riesiger, geschmackvoll eingerichteter Laden. Ein halbes Dutzend Verkäufer kümmerten sich um die Kunden.

Toni blickte sich um. »Das - das ist ja große Klasse«, sagte sie.

Er lächelte. »Merci. Ich möchte dir ein cadeau geben - ein Geschenk, zu Weihnachten.«

»Nein. Das ist doch nicht nötig. Ich -«

»Bitte gönne mir diese Freude.« Jean Claude führte Toni zu einer Vitrine voller Ringe. »Sag mir, welchen du möchtest.«

Toni schüttelte den Kopf. »Die sind viel zu kostbar. Ich kann doch nicht -«

»Bitte.«

Toni betrachtete ihn einen Moment lang, dann nickte sie. »Na schön.« Wieder musterte sie die Vitrine. In der Mitte befand sich ein großer, mit Diamanten besetzter Smaragdring.

Jean Claude folgte ihrem Blick. »Gefällt dir der Smaragdring?«

»Er ist herrlich, aber viel zu -«

»Er gehört dir.« Jean Claude zückte einen kleinen Schlüssel, öffnete die Vitrine und holte den Ring heraus.

»Nein, Jean Claude -«

»Pour moi.« Er steckte ihn an Tonis Finger. Er paßte genau.

»Voila! Wenn das kein Zeichen ist.«

Toni drückte seine Hand. »Ich - ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

»Ich kann dir gar nicht erklären, wieviel Freude du mir damit machst. Hier in der Nähe gibt es ein wunderbares Restaurant namens Pavillon. Hast du Lust, mit mir heute abend dort essen zu gehen?«

»Von mir aus gern.«

»Ich hole dich um acht Uhr ab.«

Um sechs Uhr abends rief Ashleys Vater an. »Ich muß dich leider enttäuschen, Ashley. Ich kann doch nicht zum Weihnachtsfest kommen. Ich muß nach Südamerika. Ein wichtiger Patient von mir hat einen Schlaganfall erlitten. Ich fliege noch heute abend nach Argentinien.«

»Ich - das tut mir leid«, sagte Ashley. Sie versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen.

»Wir holen es nach, nicht wahr, mein Schatz?«

»Ja, Vater. Ich wünsche dir einen angenehmen Flug.«

Toni freute sich auf das Essen mit Jean Claude. Es würde bestimmt ein zauberhafter Abend werden. Sie sang leise vor sich hin, während sie sich anzog.

»Will ich in mein Stüblein gehen, will mein Müslein essen, steht ein bucklicht Männlein da, hat’s schon selbst gegessen.«

Ich glaube, Jean Claude ist in mich verliebt, Mutter.

Das Pavillon befand sich in den riesigen Gewölben des Gare du Palais, dem alten Bahnhof von Quebec. Es war ein großes Restaurant mit einer Bar im Eingangsbereich und langen Tischreihen, die sich nach hinten erstreckten. Jede Nacht um elf Uhr wurden ein gutes Dutzend Tische beiseite geschoben, damit die Gäste Platz zum Tanzen hatten, und ein Diskjockey legte allerlei flotte Musik auf, von Reggae über Jazz bis zum Blues.

Toni und Jean Claude trafen gegen neun Uhr abends dort ein und wurden vom Besitzer herzlich begrüßt. »Monsieur Parent. Schön, Sie zu sehen.«

»Danke, Andre. Das ist Miss Toni Prescott. Mr. Nicholas.« »Freut mich sehr, Miss Prescott. Ihr Tisch steht bereit.«

»Das Essen hier ist ausgezeichnet«, versicherte Jean Claude Toni, als sie Platz genommen hatten. »Laß uns mit einem Champagner anfangen.«

Sie bestellten paillarde de veau und torpille mit Salat, dazu eine Flasche Valpolicella.

Toni betrachtete ein ums andere Mal den Smaragdring, den Jean Claude ihr geschenkt hatte. »Er ist wunderschön«, rief sie.

Jean Claude beugte sich über den Tisch. »Tu aussi. Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, daß wir uns endlich persönlich kennengelernt haben.«