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            Rechts von mir kämpfte Kaylin mit dem dritten Mann, und wie es schien, hatte Kaylin die Oberhand. Überall im Schnee war Blut, doch es sah nicht so aus, als stamme es von ihm.

            Chatter suchte die Umgebung ab und sah sich nach anderen um, vielleicht weiteren Wachen, die irgendwo lauern mochten.

            Ohne auf den Schmerz in meinen Eingeweiden zu achten, wandte ich mich rasch wieder meinem Gegner zu und schlug den Fächer auf. Als ich »Orkan erwache« wisperte und zweimal wedelte, erhob sich eine derart starke Bö, dass der Rückstoß mich zurücktaumeln ließ. Der Windstrom traf den Feenmann mitten in die Brust, warf ihn auf den Rücken, schob ihn gute drei Meter durch den Schnee und rammte ihn letztlich gegen einen Felsbrocken. Seine Glieder erschlafften. Ich riss mein Springmesser heraus und rannte ihm nach.

            Bevor er das Bewusstsein wiedererlangen konnte, stieß ich das Messer in seinen Hals und schlitzte ihm die Kehle von Ohr zu Ohr auf. Eine Fontäne aus Blut schoss hervor, und sein Kopf fiel zurück, war jedoch noch immer durch Haut und Sehnen mit seinem Körper verbunden. Mit einem letzten Gurgeln sackte er in sich zusammen, und ich wusste, dass er endlich tot war.

            Achte darauf, wie oft du den Fächer einsetzt. Lainule hat vergessen, dir zu sagen, dass er seine Grenzen hat. Grenzen und … Nachwirkungen. Ulean wirbelte um mich herum und bildete damit eine Art Strudel, der mir aufhalf.

            Ich sah mich um. Leo humpelte, und das Messer des Wächters war blutig. Chatter hatte es auch gesehen und rannte bereits auf die beiden zu, aber er war zu weit entfernt. Kaylin und ich stürzten uns gleichzeitig auf den Indigo-Feenmann, als dieser auch schon zu uns herumwirbelte und – wie die Kreatur, der wir vorhin begegnet waren – den Mund grotesk weit aufriss und sich zu verwandeln begann.

            »Er wird zu diesem Hundeungeheuer!« Ich konnte den Fächer nicht einsetzen, da die anderen zu nah waren, daher zog ich mein Springmesser heraus und warf mich auf ihn.

            Der Feenmann rammte mir die ausgestreckte Faust entgegen und traf mich mit voller Wucht an der Schulter. Stöhnend umklammerte ich meinen Arm. Wie zum Geier konnte er solch eine Kraft haben? Während ich noch versuchte, mich vor dem zweiten Hieb in Deckung zu bringen, sprang Kaylin mit seinen Nunchakus dazwischen und machte sich ans Werk. Leo hastete in einem Halbkreis um ihn herum und zog ihm den Stock über den Schädel, und als es laut knackte, ging der Feenmann zu Boden. Doch er hatte noch nicht genug. Schon kam er wieder zu sich, und sobald er wieder bei Sinnen war, würde er sich erneut zu verwandeln versuchen, das wusste ich.

            Rhiannon schob sich zwischen uns durch und streckte die Hände vor.

            »Nein«, sagte ich leise. »Besudle deine Hände nicht mit Blut, Rhia.«

            Sie lachte bitter. »Sie sind schon mein ganzes Leben lang besudelt.« Und damit ließ sie Flammen regnen, die den Schnee zusammenschmolzen und den Feenmann in Brand setzten. Er kreischte, doch Kaylin schleuderte seinen Dolch mit tödlicher Zielgenauigkeit, und endlich war das Ungeheuer am Ende.

            Wir blickten auf das Blutbad, das wir angerichtet hatten. Leo humpelte immer noch, aber der Schnitt, den er abbekommen hatte, war oberflächlich, und Chatter verband ihn mit einem Streifen Stoff, den er von der Tunika eines der Wächter abriss. Ich hatte wahrscheinlich böse Prellungen an Schulter und Brust, aber ich würde es überleben. Rhiannon und Kaylin waren unversehrt.

            Wir wandten uns der Höhle zu. Irgendwo dort drinnen war Peyton. Warteten dort noch andere Wachen auf uns? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ich setzte mich in Bewegung und trat über die Schwelle.

            Die Höhle war eigentlich ein Tunnel, der durch eine Reihe von bläulich lila funkelnden Lichtern erhellt wurde. Ich schaute mich um – niemand zu sehen, noch nicht. Ich winkte den anderen, mir zu folgen, und ging den Korridor weiter, wobei ich versuchte, möglichst kein Geräusch zu machen. Ulean war an meiner Schulter; ich konnte sie spüren.

            »Ist das hier das Gefängnis?« Ich sah mich zu Chatter um und hielt an.

            Er schloss zu mir auf und nickte. »Ich bin ein paarmal hier drin gewesen. Sie haben mich als Strafe eingesperrt. Der Tunnel zieht sich durch den Berg und hat Nebentunnel. In einigen befinden sich Zellen, in anderen Wachräume, aber ich weiß nicht mehr, was genau wo ist.«

            Die Tunnelwände schienen aus Granit zu bestehen, und ich fragte mich, ob es sich um ein ehemaliges Bergwerk handeln mochte, doch bei näherem Hinsehen schienen die Wände zu makellos. Diese Gänge hatte keine Spitzhacke in den Stein hauen können. Die Oberfläche war so glatt und perfekt, dass sie fast wie Glas wirkte. Ich blieb einen kurzen Moment stehen, schloss die Augen und ließ meine Hand darübergleiten. Ein Schauder rann mir den Rücken herab. Der Tunnel war magisch, die Energie drang aus den Tiefen des Steins.

            Wieder setzten wir uns in Bewegung, zuerst ich, hinter mir Kaylin, dann Chatter und Rhiannon und Leo zum Schluss. Wir gelangten ans Ende des Tunnels, wo ich um die Ecke spähte. Mehrere Kammern, von denen Chatter gesprochen hatte, lagen zur Rechten, weiter hinten bog der Gang erneut ab. Vorsichtig näherten wir uns dem ersten Eingang und blieben kurz davor stehen.

            Kannst du sehen, was drin ist?

            Nicht genau. Der Berg steckt voller magischer Fallen und Sicherungen. Aber Peyton ist es sicher nicht. Dennoch ist jemand da drin.

            Ich nickte, drehte mich um und flüsterte Kaylin zu, was Ulean mir gesagt hatte, und er gab es weiter nach hinten durch. Die anderen sahen mich an und warteten offenbar auf eine Entscheidung meinerseits, obwohl Leos Gesichtsausdruck mir verriet, dass er insgeheim hoffte, es könne sich um seine Schwester handeln. Hin- und hergerissen, überlegte ich, was zu tun war. Wenn wir versuchten, uns vorbeizuschleichen, könnte derjenige, der sich darin befand, Alarm schlagen oder versuchen, sich von hinten anzuschleichen. Nein, wir würden uns der Person dort drinnen stellen müssen, sei sie nun Feind oder Gefangener.

            Und man kann nie sagen, ob der Gefangene nicht auch ein Feind ist.

            Ja, danke, das brauchte ich noch.

            Ich schwang mich am Rahmen durch die Türöffnung, in der Hoffnung, denjenigen, der dort auf uns wartete, zu überraschen. Die Person fuhr herum. Dreck, eine Indigo-Fee. Diesmal weiblich. Sie lag auf dem Bett und mühte sich blinzelnd hoch. Auch sie schien Schmerzen zu haben.

            Ich wartete nicht ab. Ich stürzte mich auf sie, landete auf ihr und hielt sie unten, während ich mit dem Springmesser ausholte. Dann biss ich mir auf die Lippe und rammte ihr die Klinge in den Hals. Sie stieß ein Zischen aus, richtete sich auf und warf mich ab. Ich landete auf dem Boden und zog den Kopf ein, als Kaylin über mich sprang und der Frau einen Tritt in den Bauch verpasste.

            Sie flog zurück aufs Bett und griff sich an die Kehle, um die Blutung einzudämmen, doch die Kampfhandlung hatte die Wunde nur noch weiter geöffnet, und nun presste sie hektisch beide Hände auf ihren Hals. Kaylin zog einen Dolch hervor, und Sekunden später war es vorbei.

            Ich starrte auf meine Hände herab, die voller Blut waren. Was wird aus mir?

            Kaylin schien meine Miene richtig gedeutet zu haben. Er trat zu mir und legte den Arm um mich. »Wir tun, was sein muss. Wenn du Peyton retten willst, haben wir keine andere Wahl. Diese Kreaturen würden dich bei lebendigem Leib auffressen, und das ist kein Spruch. Ich denke, wir wissen jetzt, was im Buch mit ›Blutrausch‹ gemeint war. Kannst du dir eine Gruppe Vampirfeen vorstellen, die sich in diese Kreaturen verwandeln, um eine Frau anzugreifen? Ein Kind? Sie würden sie bis auf die Knochen abnagen, ohne sich die Mühe zu machen, sie zuerst zu töten. Blutrausch. Denk mal drüber nach.«