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»Paladin!«

Er wußte nicht, was ihn mehr erschreckte, sein eigener Mut oder die Goblins. Wie ein Mann drehten sie sich um, bereit, sich dieser unerwarteten Bedrohung zu stellen. Das Pferd stürmte mitten in das Lager, wobei das Schwert des Ritters bereits auf den nächststehenden Goblin niedersauste. Der erhob noch sein rostiges Breitschwert zur Verteidigung, doch Humas Schlag zerschmetterte die Waffe und dann den Besitzer selbst.

Humas einziges Ziel war, so viele Feinde wie möglich zu erledigen, um Rennard und seinen Männern einen Vorteil zu verschaffen. Ein weiterer Goblin fiel seinem Schwert zum Opfer, und dann stürmte der Rest mit gespannten Bogen und erhobenen Äxten auf den einzelnen Angreifer ein. Die Goblins würden sich nicht damit zufriedengeben, ihn gefangenzunehmen; das war ihm klar.

Dann hörte Huma die Schreie hinter sich und wußte, daß die drei anderen sich seiner Attacke angeschlossen hatten. Jetzt kämpfte er mit größerer Begeisterung, denn er wußte, daß seine Chancen stiegen. Ein paar Goblins flohen vor den vier Berittenen. Die anderen versuchten, sich unter den eiligen Kommandos ihres Anführers neu zu formieren.

Weitere Schlachtrufe gellten durch die Luft. Beim Aufblicken sah Huma, wie Rennard und die anderen den Goblins in den Rücken fielen. Diejenigen der feindlichen Truppe, die versucht hatten zu fliehen, fielen den mächtigen Hufen der Streitrösser zum Opfer. Ohne Erbarmen schlug Rennard zwei nieder, die sich ihm entgegenstellen wollten, dann trieb er sein Pferd vorwärts. Seine Bewegungen zeugten von besessenem Eifer.

Einer der Ritter aus Humas Gruppe wurde von seinem Roß gezerrt und mit einer schweren Axt erschlagen, bevor Huma eingreifen konnte. Sekunden später ritt Huma den Goblin um, der über seiner Beute stand. Das häßliche Wesen hatte gerade noch Zeit aufzuschauen, ehe die Vorderhufe des Schlachtrosses es am Kopf trafen und ihm den Schädel spalteten.

Da die Goblins wußten, daß sie verloren waren, kämpften sie mit ungewöhnlicher Entschlossenheit. Nur drei Reiter versperrten ihnen den Weg in die Freiheit. Einen wilden Hieb konnte Huma gerade noch abfangen. Ein Pfeil zischte an seinem Kopf vorbei.

Plötzlich schallte ein furchterregendes Heulen durch die Luft.

Etwas sprang Humas Hengst an. Der Ritter erhaschte einen kurzen Blick auf das wolfsähnliche Wesen. Doch die Ähnlichkeit zu einem Wolf endete schon mit der Leichenblässe, die wirkte, als hätte man ihm das Fell abgezogen. Die gelben, geifernden Fangzähne waren fingerlang und nadelspitz. Humas Streitroß wieherte in Panik und drehte trotz aller angestrengten Schenkeldrücke des Ritters ab. Wie vom Teufel besessen jagte das Tier vom Kampfplatz, ohne den wütenden Reiter zu beachten, der sich an ihm festklammerte. Irgendwo dicht hinter ihnen heulte wieder dieses Wesen. Huma konnte nichts tun, als nach den Zügeln zu greifen und zu versuchen, sich bei dem wilden Ritt im Sattel zu halten. Die Kampfgeräusche verhallten, als das Pferd in seinem Schrecken tiefer und tiefer in den verkohlten Wald galoppierte.

Was konnte ein erfahrenes Schlachtroß so entsetzen? Sicherlich kein irdisches Ungeheuer.

Dann verschwand selbst dieser Gedanke aus Humas Kopf, als sein Pferd durch ein dichtes, rußiges Gehölz brach und die Erde plötzlich weit, weit unter ihnen war.

2

Es war dunkel, als Huma wieder zu Bewußtsein kam. Der abnehmende Lunitari erzeugte mit seinem schwachen Licht einen leicht rötlichen Schein. Wie Blut, dachte Huma, verdrängte diesen Gedanken jedoch schnell wieder. Wenn Lunitari abnahm, welcher der anderen Monde nahm dann zu? Solinari war nirgends zu sehen. Wenn tatsächlich Nuitari zunehmend war, würde Huma es jedenfalls nie erfahren. Niemand konnte den schwarzen Mond sehen – niemand außer den Schwarzen Roben, den Zauberern, die dem dunklen Gott der Magie huldigten. Für normale Menschen und vielleicht sogar für diejenigen, die den Pfaden der weißen und roten Magie folgten, war der schwarze Mond unsichtbar.

Als er seine Sinne wieder beisammen hatte, nahm er seine Umgebung genauer in Augenschein. Das Pferd lag unter ihm. Bei dem Sturz hatte es sich den Hals gebrochen. Nur die dicke Polsterung von Humas Rüstung und die Masse des Pferdes hatten den Ritter vor dem Tod bewahrt.

Er versuchte aufzustehen und wurde beinahe wieder ohnmächtig. Trotz des abgefangenen Aufpralls hatte er eine Gehirnerschütterung davongetragen. Während er darauf wartete, daß er wieder einen klaren Kopf bekam, sah Huma sich weiter um.

Zu einer Zeit, in der mehr Regen gefallen war, könnte der Ort ein Fluß gewesen sein. Seine Tiefe – mindestens viermal Humas Körpergröße – reichte völlig aus, um einen durchgegangenen Hengst umzubringen, selbst wenn er ein mächtiges Schlachtroß war.

Die andere Seite des Flusses war eine Strecke entfernt. Den kümmerlichen Gewächsen nach, die man kaum Pflanzen nennen konnte, mußte der Fluß vor vielen Jahren ausgetrocknet sein, vielleicht in den Anfangstagen des Krieges, als die Drachenherrin auf einen schnellen, entscheidenden Sieg über die Anhänger Paladins aus war.

Huma wagte einen weiteren Versuch aufzustehen. Er stellte fest, daß das Pochen in seinem Kopf nur noch unangenehm war, solange er nicht plötzlich den Hals drehte oder zu rasch nach unten sah.

»Oh, Götter.« Der Ausruf entfuhr ihm unwillkürlich, denn erst jetzt erkannte Huma, daß er allein auf feindlichem Territorium stand. Die anderen mußten ihn für tot halten. Für tot – oder für einen Feigling, der davongerannt war.

Nebel kam auf und streckte seine kalten Finger in den Hohlweg. Huma konnte auf das Ende der Nacht warten und seinen Marsch beim ersten Tageslicht antreten – und dabei vielleicht in eine weitere Goblinpatrouille laufen – oder bei Nacht losgehen und beten, daß alles, was da draußen lauern mochte, in der nebligen Dunkelheit ebenso blind sein würde wie er. Keine dieser Aussichten sagte ihm zu, doch er mußte sich entscheiden.

Er merkte, daß der Schmerz im Kopf weiter nachgelassen hatte, so daß er jetzt den Boden nach seinem Schwert absuchen konnte. Es lag unbeschädigt in seiner Nähe. Sein Packsack war das nächste Problem. Ein Teil davon lag unter seinem Pferd begraben, und trotz Humas Stärke machte es ihm die Lage des Tieres praktisch unmöglich, es anzuheben oder wegzurollen. Er mußte sich mit wenigen Rationen, einem Zunderkästchen und Flintstein und ein paar persönlichen Sachen zufriedengeben, die er aus dem freiliegenden Teil des Sacks herauszerren konnte.

Der Gedanke, bei Nacht zu laufen, gefiel Huma gar nicht, doch die Vorstellung, allein und für alle Welt sichtbar im Tageslicht unterwegs zu sein, sagte ihm noch weniger zu. Er sammelte seine Sachen zusammen und kletterte mit gezücktem Schwert den Hang des Flußbetts hoch. Oben würde der Nebel dünner sein, und die Höhe war strategisch immer von Vorteil. Zumindest hoffte Huma das.

Der Nebel wurde nicht schlimmer, doch er nahm auch nicht ab. Huma konnte zwar die meisten Sterne erkennen, doch am Boden sah er nur gut zehn Ellen weit, und er mußte sich sehr anstrengen, um in dem schwachen Licht des roten Mondes Einzelheiten auszumachen. Das Schwert lag kampfbereit in Humas linker Hand. Er hatte keinen Schild; den mußte er bei der panischen Flucht verloren haben.

Als er daran dachte, fiel ihm auch die dämonische Fratze ein, die er gesehen hatte. Wenn dieses Wesen irgendwo da draußen war… Sein Griff um das Heft wurde fester.

Er war eine Stunde unterwegs, als er barsche, spöttische Stimmen vernahm. Goblins! Huma duckte sich hinter einen morschen Baumstumpf. Gerade mal zehn Schritte trennten ihn von ihnen. Nur der Nebel hatte ihn gerettet. Mindestens drei, möglicherweise auch vier Goblins schienen sich über jemandes Schicksal lustig zu machen. Ein Gefangener wahrscheinlich. Ein Teil in Huma drängte danach, in Sicherheit davonzuhuschen, doch der andere bestand darauf, jede ihm mögliche Hilfe zu leisten. Vorsichtig schlich er näher und lauschte.

Die heisere, krächzende Stimme tat seinem schmerzenden Kopf weh. »Ich glaub’, für den da wird uns der Kriegsherr persönlich belohnen.«