Выбрать главу

Der Minotaurus widmete sich der Suche nach einer anständigen Waffe. Er entdeckte die Axt, die Humas erster Gegner hatte fallen lassen, hob sie hoch und probierte sie aus. »Gut. Wahrscheinlich zwergisch.« Huma antwortete er: »Hoffen wir, daß wir sie nicht brauchen. Ich glaube nicht, daß dann einer von uns überleben würde.«

In den Händen des Goblins hatte die Axt groß gewirkt. Kaz jedoch schwang sie mit der Leichtigkeit von jemandem, der an wesentlich größere Waffen gewöhnt war. Die Axt war für beide Hände gedacht; der Minotaurus konnte sie allein mit einer Pranke führen.

»In welche Richtung wolltest du?«

»Nach Norden.«

»Nach Kyre?«

Huma zögerte. Er wußte, daß viele Ritter, selbst Bennett, ein solches Wesen nie von seinen Fesseln befreit hätten. Sie hätten es vor gezücktem Schwert durch die Wildnis marschieren lassen. Höchstwahrscheinlich würden sie dem Minotaurus nie ihr eigentliches Ziel verraten. Wenn der angebliche Gefangene in Wirklichkeit ein Spion war, konnte ein solcher Fehler für mehrere Menschen als nur für Huma tödliche Folgen haben. Doch Kaz machte einen ehrenhaften Eindruck.

Huma zögerte einen Augenblick, bis er endlich nickte. »Ja, Kyre. Ich hoffe, dort meine Gefährten wiederzutreffen.«

Der Minotaurus schwang die Axt über die Schulter und machte sie an etwas fest, das Huma als Harnisch erkannte, der genau für solche Zwecke entworfen war. Das war das eine der beiden Kleidungsstücke, die Kaz trug. Das andere war eine Art Rock oder großes Lendentuch.

»Ich fürchte, daß Kyre jetzt keine gute Wahl ist, aber ich will es dir nicht ausreden.«

»Wieso nicht gut?«

Kaz setzte wieder dieses scheinbar menschliche Lächeln auf, ein Lächeln, das Vorfreude enthielt. »Kyre ist jetzt die Front. Meine Vettern, die Oger, müssen inzwischen dort sein.« Er lachte, wodurch er sich wieder wie ein schnaubender Stier anhörte. »Es wird eine großartige Schlacht. Ich wünschte, ich wäre dort.«

Angesichts der offensichtlichen Freude am Töten, die sein neuer Begleiter zeigte, zog Huma eine Grimasse. Einige der Geschichten über die merkwürdigen Minotauren waren augenscheinlich nur allzu wahr.

Huma riß sich zusammen und wischte das trocknende Blut von seiner Waffe. Er warf einen kurzen Blick auf den eben gefundenen Gefährten, der einen Teil des Abscheus aus Humas Gesicht ablesen konnte.

»Komm mit mir oder kehr zu den Deinen zurück, Kaz«, sagte Huma. »Wie du willst. Die Ritterschaft könnte zu argwöhnisch sein, um einen Deserteur wie dich aufzunehmen.«

Kaz zögerte nicht. »Ich kenne deine Gedanken, Ritter von Solamnia. Ich verstehe die vielen Unterschiede zwischen uns nur zu gut. Dennoch stehe ich in deiner Schuld und würde lieber deinen Kameraden gegenübertreten, als zu meinen eigenen Reihen zurückkehren, wo mich vor der Hinrichtung eine lange Folter erwartet. Ich habe keine Lust, mich der begrenzten Gnade der Oger auszuliefern.«

Weitab heulte etwas in der Nacht. Es hörte sich an wie ein Wolf, befand Huma, war aber kein Wolf. Es klang zu kalt, zu – böse.

»Wir sollten lieber aufbrechen«, beschloß Kaz schnell. »Das ist kein Platz für die Nacht. Der Leichengeruch wird auf jeden Fall Besucher anlocken, und ich, Ritter, würde lieber weitergehen.«

Humas Augen starrten immer noch in die Richtung des Geheuls zurück. Er nickte nachdrücklich, plötzlich glücklich über die Gesellschaft des Minotaurus.

»Einverstanden.« Zum Zeichen der Freundschaft streckt er die rechte Hand aus. »Mein Name, Freund Kaz, ist Huma.«

»Huma.« Die Hand, die Huma drückte, brach ihm zwar nicht die Knochen, war jedoch nahe daran. »Ein starker Name. Ein Kriegername.«

Huma drehte sich schnell um und nahm seine Taschen hoch. Wie falsch der Minotaurus lag! Ein Krieger, also wirklich! In seiner Rüstung fühlte Huma jedes Glied seines Körpers zittern. Er versuchte, sich Bennett an seiner Stelle vorzustellen, wie er sich als geborener Befehlshaber wie ein richtiger Ritter verhielt. Schon der Gedanke daran frustrierte Huma; er wußte, daß Bennett nie in eine solche Situation geraten wäre.

Sie verließen das Lager, das erlöschende Feuer und den verstreuten Abfall, und schlugen die Richtung ein, die Huma gewählt hatte. Aus unterschiedlichen Gründen schwiegen beide. Hinter ihnen – zum Glück nicht näher als zuvor – stieg wieder Geheul zum Himmel empor.

3

Die zwei Wanderer kamen nicht weit, bis sie rasten mußten. Huma machte sein Kopf zu schaffen, und Kaz war noch nicht ganz über die Wirkung des Mittelchens hinweg, das ihm die Goblins ins Essen gemischt hatten.

»Ich war zu dumm! Sie haben mich schlafend wie ein Neugeborenes erwischt und gleich gut verschnürt! Ich bin ja vieles, aber nicht verrückt genug, um aufzuspringen, wenn mich zwei Piken am Boden festnageln. Nicht einmal Goblins können auf die Entfernung daneben treffen.« Der letzte Satz brachte Kaz zum Lachen, während Huma die Feststellung nicht sehr komisch fand.

Sie kamen schließlich überein, an einem kleinen Hang haltzumachen, der einen gewissen Schutz bot. Es war ungünstigerweise eine sehr ähnliche Position wie die der ersten Goblinpatrouille. Dennoch war es besser als völlig offenes Terrain. Huma betete nur, daß ihm die Augen nicht zufielen, bevor er den Minotaurus für dessen Wache wecken konnte.

Sie unterhielten sich noch eine Weile, vielleicht weil keinem beim Gedanken an Schlaf wohl war. Huma erzählte von der Ritterschaft, ihren Grundüberzeugungen und ihrer Organisation. Kaz fand die Ritter von Solamnia interessant. Viele Aspekte sprachen den Mann aus dem Osten an, besonders der große Stellenwert der Ehre.

Kaz berichtete weniger detailliert von seinem eigenen Volk. Sie waren große Seefahrer, das stimmte, doch ihr Leben stand jetzt unter der Herrschaft der Oger. Sie hatten noch immer ihre Ehrenturniere, auf denen man im Rang aufstieg, wenn man seinen Gegner besiegt, doch die Oger machten sich wenig daraus und führten neue Gesetze ein, die ihnen besser paßten. Deswegen hatte sich in Kaz bereits vor dem tödlichen Zusammenstoß mit seinem Hauptmann ein gewaltiger Haß auf seine sogenannten Herren angestaut. Alles war besser, als dieser Rasse zu dienen, fand er.

Daß Huma Kaz sein Leben anvertraute, störte den Solamnier ein wenig. Er hatte bereits gesehen, wie wild der Minotaurus werden konnte. Huma hätte einem Gegner niemals mit solcher Akkuratheit – und Begeisterung – den Hals brechen können wie Kaz. Dennoch glaubte er, daß er dem Minotaurus vertrauen konnte, was dessen Wort anging. Die Debatte in Humas Kopf tobte weiter, bis ihn die Müdigkeit übermannte.

Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle, ebenso die ersten Stunden des Tages. Sie aßen das bißchen Proviant, das Huma geblieben war. Ein kurzer Blick in die Taschen der Goblins hatte dem Ritter jeglichen Appetit auf alles Eßbare verdorben, das sie dabei haben mochten, und außerdem konnte das Goblinessen mit weiteren Mittelchen versetzt sein.

Es war ein kühler Tag. Ein kalter Wind kam auf, und Huma war dankbar für die gute, feste Polsterung unter seiner Rüstung. Kaz hingegen schien die Witterung nichts auszumachen. Er entstammte einer Rasse von Entdeckern, Seefahrern und Kriegern, und in seiner Heimat konnte es in den dunklen Monaten ausgesprochen kalt werden. Der barbrüstige Fußsoldat trug nicht einmal Stiefel. Wäre Huma so weit barfuß gelaufen, so wären seine Füße vernarbt, kaputt und blutig gewesen.

Gegen Mittag bemerkte Huma Reiter in der Ferne. Sie kamen nicht auf Huma und Kaz zu, und bald war die Gruppe nicht mehr zu sehen. Doch Huma hielt sie für Ritter aus Solamnia, und das bedeutete eine reelle Chance, daß seine Truppe – oder zumindest ein Teil davon – in der Nähe wartete.

Kaz jedoch war nicht so zuversichtlich, was die Identität der Reiter anging. Hier, so nahe der Front, konnte es jeder sein.

»Einverstanden, es waren wahrscheinlich Menschen – oder vielleicht Elfen –, aber sie können zu denen gehören, die Takhisis dienen. Du hast nie die Schwarze Garde gesehen, die Elitetruppe des Kriegsherrn. Und ebensowenig die Abtrünnigen.«