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»Fragen Sie ihn das doch selbst«, schlug Quidor vor und wandte sich an Dana: »Schaffen Sie die beiden zu den anderen Gefangenen! Ich werde mir überlegen, wie wir uns ihrer entledigen.«

*

Nur kurz fiel das Licht vom Gang auf die beiden gefesselten und übel zugerichteten Männer in dem dunklen Verließ. Der eine war Bret Harte und der andere jener Mann, dem Jacob und Irene nach der Ankunft der PERSIA den Weg gewiesen hatten!

War das Franz Pape? Hatten Irene und Jacob mit ihm unter einem Dach genächtigt? Mit Carl Dilgers Freund?

Jacob wollte ihn fragen, aber Twains aufgeregtes Organ durchschnitt vorher die Dunkelheit: »Bret, was haben die verwünschten Strauchdiebe mit dir angestellt?«

»Ein paar schlimme Sachen, Sam. Und mit dir?«

»Nicht viel. Ich bin nur ziemlich übel hereingefallen.«

Twains eigentümlicher Humor verließ ihn auch in dieser ernsten Lage nicht. Er kicherte über seinen Scherz, wurde dann aber wieder ernst und fragte: »Warum hast du auf eigene Faust herumgeschnüffelt, Bret? Warum hast du nicht die Polizei eingeschaltet?«

»Wäre ich dann ein guter Journalist?«

»Stimmt«, gab sein Freund zu. »Aber ich habe das Gefühl, daß da noch mehr hintersteckt.«

»Tut es auch«, gestand Harte ein. »Ein Mann überlegt schon zwei- bis dreimal, ob er sich sein Lebensglück vermasselt.«

»Du sprichst in Rätseln, Bret.«

»Ganz einfach. Ich halte ein ziemliches hohes Tier in der Münze für verantwortlich an den Golddiebstählen. Um nicht zu sagen, das höchste Tier überhaupt.«

»Etwa Bennett?«

»Yeah, der ehrenwerte Huston Bennett, Leiter der Zweigstelle San Francisco.«

»Das ist allerdings ein Problem!« entfuhr es Twain.

»Weshalb?« schaltete sich Jacob in das Gespräch ein. »Wenn dieser Bennett schuldig ist, wird man ihn verurteilen. Er kann Mr. Harte keine Probleme mehr bereiten.« »Beruflich vielleicht nicht, aber privat schon«, entgegnete Twain. »Mein Freund ist nämlich bis über beide Ohren in Bennetts liebreizende Tochter Loretta verliebt. Nicht war, Bret?«

»Würde ich's leugnen, wäre ich ein Lügner.«

»Das ist wirklich ein Problem«, sagte Jacob.

»Deshalb wollte ich mich hundertprozentig vergewissern, ehe ich gegen Bennett Anschuldigungen erhebe«, erklärte Harte.

»Tja«, meinte Twain. »Und nun sitzen wir alle hundertprozentig in der Tinte.«

Da Twain und Harte fertig waren, fragte Jacob auf deutsch in die Richtung, in der er den vierten Gefangenen vermutete: »Sind Sie Franz Pape?«

»Ja«, kam zögernd die Antwort. »Warum?«

»Weil Sie mir dann mehr über Carl Dilger erzählen sollen!«

»Dilger?« Es klang fast ängstlich. »Was haben Sie mit Dilger zu tun?«

»Erinnern Sie sich an mich, Pape?«

»Ja. Sie sind der Mann vom Hafen.«

»Erinnern Sie sich auch an meine Begleiterin?«

»Ja, natürlich.«

»Sie heißt Irene Sommer. Sie will Carl Dilger heiraten, den Vater ihres Kindes.«

Vergeblich wartete Jacob auf eine Antwort. Aus Papes Richtung kam nur ein Schlucken und heftiges, erregtes Atmen.

»Was haben Sie, Mann?« fragte Jacob.

»Carl. er ist tot!« preßte Pape hervor.

»Das habe ich schon von unserem Gastgeber gehört. Wie ist es passiert?«

»Es war auf der PERSIA. In der letzten Nacht, bevor wir San Francisco erreichten. Wir standen an der Reling. Carl beugte sich zu weit vor - und plötzlich war er weg.«

»Und die Goldmine?« fragte Jacob weiter. »Wie ist Dilger an sie gekommen?«

»Er hat sie gewonnen.«

»Gewonnen?«

»Ja, beim Kartenspiel, beim Vingtetun.«

»Und nach dem Tod Ihres Freundes haben Sie beschlossen, sich die Mine unter den Nagel zu reißen, wie?«

»Ja«, antwortete Pape kleinlaut. »Andere haben immer Glück. Warum nicht auch mal ich?«

»Eine seltsame Entschuldigung«, meinte Jacob. »Überhaupt ist das eine seltsame Geschichte. Wieso kamen Sie beide mit dem Schiff aus New York, wenn Dilger eine Goldmine hier in Kalifornien gehört?«

»Die Männer in der Mine arbeiten auch ohne die Anwesenheit des Besitzers. Carl reiste nach New York, um seiner Braut eine Nachricht zu hinterlassen, wo sie ihn finden kann.«

»Und deshalb mußte er persönlich nach New York?«

»Er hoffte, seine Braut dort vielleicht zu finden oder zumindest Nachricht von ihr zu erhalten. Wir hörten in der Einwanderer-Registratur, daß Irene Sommer in Amerika angekommen ist. Carl beauftragte eine Detektivagentur mit der Suche nach ihr. Dann schifften wir uns auf der PERSIA ein.«

Jacob kam nicht dazu, weitere Fragen zu stellen. Die vier Gefangenen horchten auf, als sie hörten, wie der Riegel draußen zurückgezogen wurde. Mit leisem Knarren und Quietschen wurde die Tür geöffnet.

Gegen das vom Gang hereinfallende Licht zeichnete sich die massige Gestalt eines Mannes ab, der in einer Hand einen länglichen Gegenstand trug: ein Messer mit langer Klinge.

»Jetzt... massakrieren sie uns...!« rief Pape mit bebender Stimme.

Jacob handelte. Es schien nur einer der Gangster zu sein. Darin sah er seine Chance. Darin und in dem Umstand, daß bei Jacob und Twain im Gegensatz zu den beiden anderen Gefangenen nur die Hände gefesselt waren, nicht aber die Beine.

Schon als er den Riegel hörte, hatte der Zimmermann sich halb erhoben. Jetzt sprang er ganz auf und stürmte mit gesenktem Kopf auf den Unbekannten zu. Da er die Hände nicht einsetzen konnte, mußte er den Kopf als Waffe benutzen. Er sah aus wie ein angreifender Stier.

Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder traf ihn das Messer, oder Jacob traf vorher den Mann mit dem Messer.

Nein, falsch, das tatsächliche Geschehen bot eine dritte Möglichkeit: Der Mann mit dem Messer wich zur Seite aus.

Jacob schoß an ihm vorbei, verlor das Gleichgewicht und fiel gegen eine Wand, wo er zu Boden rutschte.

Der Unbekannte stand jetzt über ihm, das Messer noch in der Rechten und sagte: »Keine Angst, Mr. Adler. Ich bin's doch nur. Ich will Ihnen helfen.«

Jacob kannte die Stimme. Er blickte auf, direkt in das grobe Gesicht über sich.

»Connor!« stieß er überrascht hervor. »Bartly, vermutlich. Gypo hätte nicht soviel an einem Stück geredet.«

»Stimmt, Mr. Adler. Gypo paßt draußen auf. Halten Sie still, damit ich die Fesseln durchschneiden kann.«

Als er seine Hände wieder bewegen konnte, fragte Jacob: »Was machen Sie hier, Bartly?«

»Auf Sie aufpassen. Eigentlich sollten Gypo und ich im Saloon aufpassen. Daß wir jetzt Gefangene bewachen sollen, gefällt uns nicht. Jemand zu fesseln und einzusperren, ist nämlich sehr unfreundlich. Als ich Sie vorhin erkannte, Mr. Adler, mußte ich Ihnen einfach helfen. Sie haben soviel für mich und meine Familie getan.«

Während Bartly auch die anderen Gefangenen von ihren Fesseln befreite, meinte Jacob: »Ich dachte, Sie wollten auf die Goldfelder. Warum sind Sie noch in der Stadt?«

»Um das Geld für Ausrüstung und Proviant zusammenzukriegen.«

Bret Harte war der letzte, der noch von seinen Fesseln befreit werden mußte, als ein Mann in den Raum trat, der Bartly Connor zum Verwechseln ähnelte: sein Zwillingsbruder Gypo.

»Männer kommen!« stieß er halblaut hervor, und das war für den schweigsamen Iren schon eine lange Ansprache.

»Wie viele?« fragte sein Bruder.

Gypo hob die Hand und streckte drei Finger aus.

»Vielleicht das Hinrichtungskommando«, sagte Twain.

Jacob wandte sich an Bartly und fragte ihn: »Seid ihr bewaffnet?«

»Nein, Miß Molly wollte das nicht.« Der kräftige Ire hob das große Messer, mit dem er gerade Harte von den Fesseln befreit hatte. »Bevor ich reinkam, habe ich mir das hier besorgt. Das ist alles.«

Von draußen waren Schritte und laute Stimmen zu hören.

»Sie sind gleich hier!« flüsterte Pape erschrocken. »Wir sind verloren!«