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»So habe ich die Information erhalten, dass sich eine große Zahl anstößiger Aufrührer am vierundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten letzten Monats unter großem Tumult in der Stadt Hillsborough versammelt hat, um sich während der Sitzung des Obersten Friedensgerichtes dieses Distriktes den gerechten Maßnahmen der Regierung zu widersetzen, wobei sie in offener Verletzung der Gesetze ihres Landes den assoziierten Richter Seiner Majestät bei der Ausführung seines Amtes dreist attackierten, mehrere Personen während der Sitzung besagten Gerichtes auf barbarische Weise verprügelten und verletzten und der Regierung Seiner Majestät weitere enorme Entwürdigungen und Beleidigungen angedeihen ließen, weiterhin höchst gewalttätige Ausschreitungen gegen die Personen und das Eigentum der Bewohner besagter Stadt begingen sowie auf die Verdammnis ihres gesetzmäßigen Souveräns, König George, und auf den Erfolg des Thronanwärters tranken –«

Hayes hielt inne und holte Luft, um den nächsten Absatz bewerkstelligen zu können. Er blies seine Brust hörbar auf und las weiter:

»Zum Zwecke, die an den besagten Aufwiegeleien beteiligten Personen vor Gericht zu bringen, erlasse ich im Auftrag und mit der Zustimmung des Rates Seiner Majestät diese meine Proklamation, mit der ich sämtliche amtierenden Friedensrichter Seiner Majestät auf das Strengste auffordere, die oben zitierten Verbrechen sorgfältig zu untersuchen und sämtliche Personen, die ihnen gegenüber dazu aussagen wollen, unter Eid zu verhören; woraufhin diese Aussagen an mich zu übermitteln sind, so dass sie am dreißigsten November der Generalversammlung in New Bern vorgelegt werden können, die sich auf diesen Termin zur Abwicklung öffentlicher Angelegenheiten vertagt hat.«

Ein letztes Einatmen; Hayes’ Gesicht war jetzt fast genauso rot wie das des Dudelsackspielers.

»Erteilt von meiner Hand unter dem Großen Siegel der Provinz in New Bern am achtzehnten Oktober im zehnten Jahr der Regentschaft Seiner Majestät, Anno Domini 1770.

Gezeichnet, William Tryon«, schloss Hayes und stieß ein dampfendes Atemwölkchen aus.

»Weißt du«, sagte ich zu Jamie, »ich glaube, das war alles ein einziger Satz, vom Schluss einmal abgesehen. Erstaunlich, selbst für einen Politiker.«

»Psst, Sassenach«, sagte er, den Blick immer noch auf Archie Hayes gerichtet. Hinter mir in der Menge erklang ein unterdrücktes Grollen des Interesses und der Entrüstung – das mit einer gewissen Belustigung über die Formulierungen bezüglich der landesverräterischen Trinksprüche versetzt war.

Dies war eine Zusammenkunft von Highlandschotten, von denen viele in der Folge des Stuartaufstandes in die Kolonien ins Exil gegangen waren, und hätte Archie Hayes die Trinksprüche offiziell zur Kenntnis nehmen wollen, die in der letzten Nacht mit den Whiskybechern die Runde um die Feuer gemacht hatten … aber er hatte schließlich nur vierzig Soldaten dabei, und was immer er selbst über König George und seine mögliche Verdammnis dachte, er behielt es klugerweise für sich.

Über vierhundert Highlander umringten Hayes’ kleinen Brückenkopf am Bachufer. Männer und Frauen suchten in den Bäumen oberhalb der Lichtung Zuflucht, zum Schutz gegen den zunehmenden Wind fest in ihre Plaids und Schultertücher gehüllt. Der Ansammlung versteinerter Gesichter nach zu urteilen, die zwischen den flatternden Schals und Baretten zu sehen waren, behielten auch sie ihre Meinungen lieber für sich. Natürlich war es genauso gut möglich, dachte ich, dass ihre Mienen von der Kälte herrührten wie von angeborener Vorsicht; auch meine Wangen waren steif, meine Nasenspitze war taub, und meine Füße hatte ich schon seit Tagesanbruch nicht mehr gespürt.

»Jedermann, der eine Aussage zu dieser ausgesprochen ernsten Angelegenheit machen möchte, kann sie mir getrost anvertrauen«, verkündete Hayes, dessen rundes Gesicht nichts als offizielle Ausdruckslosigkeit zeigte. »Ich bleibe für den Rest des Tages mit meinem Schreiber in meinem Zelt. Gott erhalte den König!«

Er überreichte seinem Korporal die Proklamation, verbeugte sich abschließend vor der Menge und wandte sich zackig einem großen Zelt aus Segeltuch zu, das in der Nähe der Bäume errichtet worden war. Die Regimentsbanner an der Standarte, die daneben aufgepflanzt war, flatterten heftig im Wind.

Zitternd ließ ich eine Hand durch den Schlitz von Jamies Umhang auf seinen Ellbogen gleiten, und durch seine Körperwärme ging es meinen kalten Fingern gleich besser. Jamie nahm meinen frostigen Griff zur Kenntnis, indem er den Ellbogen kurz an seine Seite presste, doch er sah nicht zu mir nieder; die Augen gegen den Wind zusammengekniffen, sah er zu, wie sich Archie Hayes’ Rücken von uns entfernte.

Der Leutnant war ein kompakter, solide gebauter Mann, der nicht besonders groß war, aber sehr viel Ausstrahlung besaß, und er bewegte sich in aller Seelenruhe, als bemerkte er die Menge auf dem Berg über ihm gar nicht. Der Leutnant verschwand in seinem Zelt und ließ die Eingangsklappe einladend hochgesteckt.

Nicht zum ersten Mal bewunderte ich widerstrebend Gouverneur Tryons politische Instinkte. Diese Proklamation wurde gegenwärtig zweifellos in den Städten und Dörfern der ganzen Kolonie verlesen; er hätte einen örtlichen Beamten oder Sheriff damit betrauen können, diesem gathering seine offizielle Entrüstungsbotschaft vorzutragen. Stattdessen hatte er sich die Mühe gemacht, Hayes zu entsenden.

Archibald Hayes hatte im Alter von zwölf Jahren an der Seite seines Vaters auf dem Schlachtfeld von Culloden gekämpft. Er war im Kampf verwundet, gefangen genommen und nach Süden geschickt worden. Als man ihn vor die Wahl stellte, deportiert zu werden oder in die Armee einzutreten, war er ein Söldner des Königs geworden und hatte das Beste daraus gemacht. Die Tatsache, dass er es in einer Zeit, in der man Offizierspatente fast ausnahmslos kaufte, anstatt sie sich zu erdienen, mit Mitte dreißig zum Offizier gebracht hatte, zeugte hinreichend von seinen Fähigkeiten.

Er war so umgänglich, wie er professionell war; auf die Einladung hin, unser Essen und unser Feuer zu teilen, hatte er den halben Abend im Gespräch mit Jamie verbracht – und sich dann den Rest der Zeit unter Jamies Schutz von Feuer zu Feuer bewegt und sich den Oberhäuptern aller wichtigen anwesenden Familien vorstellen lassen.

Und wessen Idee war das gewesen?, fragte ich mich und sah zu Jamie auf. Seine lange, gerade Nase war von der Kälte gerötet; seine Augen zum Schutz vor dem Wind halb geschlossen, doch sein Gesicht ließ nicht den geringsten Schluss auf seine Gedanken zu. Und das, dachte ich, war ein verdammt sicheres Zeichen dafür, dass er gerade etwas ziemlich Gefährliches dachte. Hatte er von dieser Proklamation gewusst?

Kein englischer Offizier in Begleitung einer englischen Truppe hätte einer Zusammenkunft wie dieser derartige Neuigkeiten vortragen können und dabei auf die geringste Kooperation hoffen können. Doch Hayes und seine unerschütterlichen Highlander in ihrem Regimentstartan … Es war mir nicht entgangen, dass Hayes sein Zelt mit dem Rücken zu einem dichten Kiefernhain hatte errichten lassen; jeder, der im Verborgenen mit dem Leutnant sprechen wollte, konnte sich ungesehen vom Wald aus nähern.

»Rechnet Hayes etwa damit, dass jemand aus der Menge hervorschießt, in sein Zelt rennt und sich auf der Stelle ergibt?«, murmelte ich Jamie zu. Ich allein kannte schon mindestens ein Dutzend Männer unter den Anwesenden, die an den Unruhen von Hillsborough beteiligt gewesen waren; drei von ihnen standen eine Armeslänge von uns entfernt.

Jamie sah, in welche Richtung mein Blick wanderte, und legte seine Hand über die meine, um mich schweigend zur Diskretion zu ermahnen. Ich sah ihn stirnrunzelnd an; er dachte doch wohl nicht, dass ich unabsichtlich jemanden verraten würde? Er schenkte mir ein schwaches Lächeln und einen jener ärgerlichen ehelichen Blicke, die deutlicher als Worte sagten: Du kennst dich doch, Sassenach. Jeder, der dein Gesicht sieht, weiß sofort, was du denkst.