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Hinter ihm schwieg Mith eine lange Zeit. Dann fragte er: »Was können wir tun?«

»Was fragen Sie mich«, versetzte Hollerbach etwas rauh. »Sie sind schließlich der Captain.«

Mith erhob sich aus seinem Stuhl und schleppte sich zu Hollerbach hin. Sein Atem strömte heiß über den Nacken des alten Wissenschaftlers, und Hollerbach spürte die Gravitationswirkung des dicken Bauchs vom Captain. »Verdammt noch mal, hören Sie auf, mich wie einen Deppen zu behandeln. Was soll ich der Besatzung nun sagen?«

Plötzlich fühlte sich Hollerbach sehr müde. Er stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab und wünschte sich, sein Stuhl wäre nicht so weit weg. »Sagen Sie ihnen, sie sollen nicht die Hoffnung verlieren«, empfahl er ruhig. »Sagen Sie ihnen, daß wir alles in unserer Macht Stehende tun. Oder sagen Sie ihnen gar nichts. Ganz, wie Sie es für richtig halten.«

Mith dachte darüber nach. »Natürlich haben Sie noch nicht alle Ergebnisse vorliegen.« Seine Stimme verriet einen Hoffnungsschimmer. »Und Sie haben diese Maschinen noch nicht komplett überholt, oder?«

Hollerbach schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. »Nein, wir haben die Wartung noch nicht abgeschlossen.«

»Dann stimmt vielleicht doch etwas nicht mit den Maschinen.« Mith schlug ihm mit einer tellergroßen Hand auf die Schulter. »Alles klar, Hollerbach. Danke. Halten Sie mich auf dem laufenden.«

Hollerbach straffte sich. »Natürlich.«

Hollerbach blickte Mith nach, wie er mit wippendem Bauch über das Deck davonging. Mith war nicht allzu intelligent — aber er war ein guter Mann. Vielleicht nicht so gut wie sein Vater, aber erheblich besser als einige von denjenigen, die jetzt seine Ablösung forderten.

Vielleicht war ein fröhlicher Scherzkeks genau das, was die Besatzung des Floßes in ihrer gegenwärtigen bedrängten Lage brauchte. Jemand, der sie bei Laune hielt, während die Luft sich in Gift verwandelte…

Er lachte über sich selbst. Komm schon, Hollerbach; langsam wirst du wirklich ein alter Knacker.

Er spürte ein Prickeln auf seinem kahlen Schädel und sah zum Himmel empor. Der Stern über seinem Kopf war eine glühend heiße Nadelspitze, und seine komplexe Umlaufbahn brachte ihn immer näher an die Position des Floßes heran. Nahe genug, um die Haut zu verbrennen, he? So weit er sich erinnern konnte, hatte man noch nie zugelassen, daß ein Stern so bedrohlich nahe herunterfiel; die Position des Floßes hätte schon längst verändert werden müssen. Er würde sich den Navigator Cipse und seine Leute mal vorknöpfen müssen. Was dachten sie sich eigentlich?

Ein Schatten schwebte über ihn hinweg, und er konnte die Umrisse eines in weiter Entfernung vom Roß rotierenden Baumes ausmachen. Das mußte Pallis sein, der vom Gürtel zurückkam. Auch ein guter Mann, dieser Pallis… einer der wenigen guten Männer, die es noch gab.

Hollerbach senkte seine überanstrengten Augen auf die Bodenplatten unter seinen Füßen und betrachtete sie. Er dachte daran, wie viele Menschenleben schon dafür geopfert worden waren, daß diese kleine metallische Insel so lange in der Luft hängen konnte. Und das alles nur, damit ein paar letzte Generationen griesgrämiger, mißmutiger Menschen schließlich der vergifteten Luft zum Opfer fallen sollten?

Wahrscheinlich war es besser, das Floß nicht unter diesem Stern wegzubewegen. Sollte doch das Ganze in einem letzten Feuerwerk menschlicher Herrlichkeit in die Luft fliegen…

»Sir?« Grye, einer seiner Assistenten, stand vor ihm; der kleine, rundliche Mann hielt ihm nervös ein Bündel abgegriffenen Papiers hin. »Wir haben eine weitere Testphase abgeschlossen.«

Es gab also noch etwas zu tun. »Stehen Sie hier nicht so rum, Mann; wenn Sie hier schon nicht von Nutzen sind, dann sind Sie noch viel weniger eine Zierde. Bringen Sie das rein und erklären Sie mir, was es besagt.« Er drehte sich um und führte den Assistenten in sein Büro.

Das Floß am Himmel war immer größer geworden, bis es den Nebel halb verdeckte. Einige Dutzend Kilometer über dem Floß hing ein Stern, ein gelb flackernder Feuerball mit einem Durchmesser von einer Meile, und das Floß warf einen immer größeren, kilometerlangen Schatten durch die staubige Luft.

Unter Pallis’ Anleitung schürten Rees und Gover die Feuer in den Kesseln, gingen über die Oberfläche des Baumes und wedelten mit großen, hellen Decken über dem wallenden Rauch. Pallis betrachtete das Rauchdach mit kritischen Augen; stets unzufrieden, maulte und schnauzte er die Jungen an. Dennoch verwandelte sich der Aufstieg des Baumes durch den Nebel langsam, aber stetig in eine sanfte Kurve zum Rand des Flosses.

Während der Arbeit erregte Rees unwissentlich Pallis’ Zorn, weil er sich in den Anblick der nach und nach deutlicher werdenden Details des Floßes versenkte. Von unten sah es aus wie eine fast einen Kilometer breite, zerklüftete Scheibe; Metallplatten reflektierten glitzernd das Sternenlicht, und Licht drang durch Dutzende von Öffnungen auf dem Deck. Als der Baum sich dem Rand näherte, verkürzte sich die Form des Floßes zu einer wie ein Flickenteppich aussehenden Ellipse. Rees konnte die rußigen Schweißspuren an den Ecken der nächsten Platten sehen, und während sein Blick über die deckenähnliche Oberfläche glitt, verschmolzen die Platten zu einem einzigen Fleck, wobei der entgegengesetzte Rand der Scheibe einen flachen Horizont bildete.

Schließlich erhob sich der Baum mit einem Luftstoß über den Rand des Floßes, und die Oberseite des Floßes begann sich vor Rees zu entfalten. Gegen seinen Willen wurde er an den Rand des Baumes gezogen. Er verbarg die Hände im Laub und nahm die über ihn hereinbrechende Flut von Farben, Lärm und Bewegung mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund wahr.

Das Roß war ein riesiger Teller, der vor Leben vibrierte. Lichtpunkte waren über seine Oberfläche verstreut wie Zuckerguß auf einem Kuchen. Das Deck war vollgepackt mit Gebäuden jeglicher Größe und Gestalt, die aus Holzplatten oder Wellblech errichtet und wie Spielzeuge durcheinandergewürfelt waren. Der ganze Rand war von Maschinen gesäumt, die doppelt mannshoch waren und so unbeweglich wie stille Wächter wirkten; und in der Mitte des Floßes lag ein großer silbriger Zylinder, der sich zwischen den schachtelartigen Konstruktionen wie ein gefangener Wal ausnahm.

Ein Gemisch verschiedener Gerüche stieg Rees unangenehm in die Nase — stechendes Ozon aus den Maschinen am Rande und anderen Werkstätten und Betrieben, Holzrauch aus Tausenden von Kaminen, exotische Küchengerüche aus den Kabinen.

Und Menschen — mehr, als Rees zählen konnte, so viele, daß die Bevölkerung des Gürtels in dieser Menge glatt untergegangen wäre — flanierten in großen Strömen über das Floß; und hier und da brachen Trauben von rennenden Kindern in Gelächter aus.

Er sah solide gebaute Pyramiden, die auf das Deck montiert waren; keine hatte mehr als Hüfthöhe. Rees blinzelte und ließ die Augen über das Deck schweifen; die Pyramiden waren überall verteilt. Er sah ein sich leise unterhaltendes Paar an einer dieser Pyramiden lehnen, wobei der Mann mit einem Fuß auf dem Metallkegel herumschabte; und woanders erblickte er eine Gruppe von Kindern, die in einem komplizierten Fangenspiel durch eine Gruppe von Pyramiden raste.

Und aus jeder Pyramide erhob sich ein Kabel senkrecht in die Luft; Rees legte den Kopf in den Nacken, um ihrem Verlauf zu folgen, und schnappte nach Luft.

An jedem Kabel war der Stamm eines Baumes angebunden.