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II

Herr Bachtschejew

Ich näherte mich schon dem Ziel meiner Reise. Als ich durch das kleine Städtchen B. kam, von wo ich nur noch zehn Werst bis Stepantschikowo hatte, war ich gezwungen, bei der Schmiede dicht am Schlagbaum anzuhalten, weil die Schiene an dem einen Vorderrad meines Reisewagens gebrochen war. Sie konnte in verhältnismäßig kurzer Zeit so weit festgemacht werden, daß sie für die noch fehlenden zehn Werst vorhielt, und daher beschloß ich, nicht erst in ein Wirtshaus zu gehen, sondern bei der Schmiede zu warten, bis die Schmiedegesellen mit der Arbeit fertig sein würden. Als ich aus dem Wagen stieg, sah ich einen dicken Herrn, der, ebenso wie ich, genötigt war, wegen einer Reparatur seiner Equipage zu halten. Er stand schon eine ganze Stunde in der unerträglichen Sonnenglut da, schrie und schimpfte und trieb mit mürrischer Ungeduld die Schmiedegesellen an, die an seiner schönen Kutsche arbeiteten. Gleich beim ersten Blick machte mir dieser ärgerliche Herr den Eindruck eines ewigen Nörglers. Er war ungefähr fünfundvierzig Jahre alt, von mittlerer Größe, sehr wohlbeleibt und pockennarbig. Seine Dicke, sein Doppelkinn und die quabbligen Hängebacken zeugten von dem behäbigen Leben eines Gutsbesitzers. Etwas Weibisches lag in seiner ganzen Erscheinung und fiel einem sogleich ins Auge. Sein Anzug war weit, bequem und sauber, aber durchaus nicht modern.

Ich begriff nicht, warum er auch auf mich ärgerlich war, um so weniger, da er mich zum ersten Mal im Leben sah und noch kein Wort mit mir gesprochen hatte. Ich bemerkte das, sowie ich aus dem Wagen stieg, an seinem ungewöhnlich zornigen Blick. Ich jedoch hatte die größte Lust, seine Bekanntschaft zu machen. Denn aus den Reden seiner Diener entnahm ich, daß er eben aus Stepantschikowo von meinem Onkel kam, und ich hatte daher die Möglichkeit, mich nach vielem zu erkundigen. Ich lüftete also die Mütze und bemerkte in möglichst liebenswürdigem Tone, wie unangenehm doch manchmal ein solcher unfreiwilliger Aufenthalt unterwegs sei; aber der Dicke musterte mich nur mit einem unzufriedenen, mürrischen Blick vom Kopf bis zu den Füßen, brummte etwas vor sich hin und wandte mir schwerfällig den Rücken zu. Diese Seite seiner Person war zwar ein sehr interessanter Gegenstand für einen Beschauer; aber natürlich war ein angenehmes Gespräch von ihr nicht zu erwarten.

»Grischka! Was brummst du da vor dich hin! Ich lasse dich durchpeitschen!...« schrie er auf einmal seinen Kammerdiener an, als hätte er das, was ich über unerwünschten Aufenthalt auf der Reise gesagt hatte, gar nicht gehört.

Dieser ›Grischka‹ war ein grauhaariger, altmodischer Diener mit einem langschößigen Rock und einem sehr großen, grauen Backenbart. Nach einigen Anzeichen zu urteilen, war er ebenfalls sehr ärgerlich und murmelte verdrießlich etwas vor sich hin. Zwischen dem Herrn und dem Diener fand nun sofort eine Auseinandersetzung statt.

»Durchpeitschen willst du mich lassen! Na, schrei doch noch lauter!« brummte Grischka, anscheinend nur so für sich, aber so laut, daß alle es hörten. Dann wandte er sich entrüstet ab, um etwas im Wagen in Ordnung zu bringen.

»Was? Was hast du gesagt? ›Schrei doch noch lauter‹? Welche Unverschämtheit!« schrie der Dicke, dunkelrot im Gesicht.

»Warum fahren Sie mich denn eigentlich so an? Man darf wohl nicht einmal mehr ein Wort sagen?«