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Ray hatte seine Augen die ganze Zeit geschlossen.

Sie nahm die Schlinge von Dukes Hals und ging zu Rays Liegestuhl hinüber. Er sang leise vor sich hin und schnippte mit den Fingern. Sie beugte sich vor und küsste ihn sanft auf die Stirn.

Öffne deine Augen, dachte sie, sieh mich an und erkenne, wer ich wirklich bin, dann werde ich dein Leben verschonen. Aber er grinste nur, sang weiter vor sich hin und schnippte mit den Fingern.

Danach ging sie ins Wohnzimmer und rief Esmeralda an.

»Es ist alles arrangiert«, sagte Esmeralda. »Wir treffen uns um acht in der Stadt.«

»Abgemacht.«

»Alles okay? Du klingst so angespannt.«

Sie drehte sich zu Duke und Ray um und sah sie auf ihren Liegestühlen im Garten liegen, als sei nichts passsiert.

»Ich hab alles im Griff«, sagte Bonnie. »Bis später.«

Das Puzzle

Bonnie schreckte aus dem Schlaf hoch und streckte sofort die Hand nach Duke aus. Aber er lag nicht neben ihr. Es war erst Viertel nach fünf und der Himmel war blassblau wie getrocknete Kornblumen.

Sie stand auf, ging ins Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel. Ihre Haare standen wild ab und ihre Augen waren verquollen. Sie erkannte sich kaum und musste an eine dieser Frauen denken, die im Echo Park unter der Brücke schliefen.

Sie hatte die Tat nur geträumt, sagte sie sich, nichts davon war wirklich geschehen. Konnte wirklich geschehen sein. Ein Albtraum, nichts weiter. Nie hätte sie ihren Mann und ihren Sohn erdrosseln können. Was hatte Juan Maderas gesagt? Selbst wenn sie es getan hatte: Wo waren ihre Leichen?

Schlafen konnte sie nicht mehr, deshalb ging sie in die Küche und trank ein großes Glas eiskalten Orangensaft. Ihr Gaumen schmerzte von der Kälte. Dann stand sie am Fenster und starrte in die Dämmerung. Sie sah die leeren Liegestühle im Garten. Sie erinnerte sich daran, Duke und Ray darauf liegen gesehen zu haben, als sie mit Esmeralda sprach. Waren sie da noch am Leben oder schon tot?

Sie ging ins Wohnzimmer und nahm das Elvisbild von der Wand. Der Bilderdraht schien unberührt. Wenn sie ihn als Mordwaffe benutzt haben sollte, würde niemand es je erfahren. Nicht einmal sie selbst.

Sie stellte den Fernseher an und sah alte Folgen von I Love Lucy, bis die Sonne aufging.

Kurz nach acht rief Ralph an.

»Bonnie? Joyce Bach hat mir von der Sache mit Duke erzählt. Du hast mir gesagt, er hätte dich verlassen. Mir war nicht klar dass er, dass er… als vermisst gilt.«

»Er und Ray. Ich weiß einfach nicht, wo sie sein könnten. Letzte Nacht habe ich geträumt, ich hätte sie umgebracht.«

»Entschuldige, aber du klingst wirklich nicht gut.«

»Ich fühle mich auch nicht gut.«

»Also, ich wollte nur sagen, dass ich mich dir gegenüber nicht fair verhalten habe. Ich habe dir die Schuld für meine Probleme gegeben. Phil Cafanga ist einfach ein notgeiler Schweinehund, und abgesehen davon war es nicht besonders clever von mir, so viel auf eine Karte zu setzen.«

»Soll das heißen, du hast deine Meinung geändert?«

»Ich habe dich im Stich gelassen und ausgenutzt, Bonnie. Aber das war falsch, denn als ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe, habe ich das ernst gemeint. Ich schwör’s.«

»Vielleicht war es trotzdem besser so.«

»Wir sollten uns treffen, Bonnie, über alles reden.«

»Ich bin wirklich nicht so richtig auf der Höhe, Ralph.«

»Du bist immer auf der Höhe. Bitte Bonnie, ich brauche die Chance, dir alles zu erklären.«

Bonnie betrachtete den Kokon im Marmeladenglas. Bald würde der Falter schlüpfen.

»Na gut. Komm doch einfach vorbei.«

»Du meinst zu dir?«

»Warum nicht. Wir sind unter uns und ich habe guten Kaffee.«

»Genau. Ja, genau. Dann komme ich um – sagen wir Viertel nach zwölf?«

»Ich bin da.«

Bonnie legte den Hörer auf. Sie nahm das Glas. Der Kokon war aufgebrochen: »Was bist du? Was willst du? Meine Seele? Warum müssen wir die Menschen opfern, die wir am meisten lieben? Was hast du davon?«

Und doch kannte sie die Antwort. Abraham musste seinen Sohn töten, um Gott die Stärke seines Glaubens zu beweisen. Vielleicht war es das, was auch Itzpapalotl verlangte.

Ralph schüttet sein Herz aus

Bonnie ging ins Schlafzimmer und ließ die Rollläden herunter, sodass es fast vollkommen dunkel in dem Raum war. Sie schlug die Decken zurück und glättete mit der Hand die Laken. Dann nahm sie das Marmeladenglas, schraubte den Deckel ab und stellte es zwischen die Kopfkissen.

»Ich weiß, dass du kein Licht magst«, sagte sie laut.

Sie schloss die Schlafzimmertür hinter sich und ging zurück in die Küche, um Kaffee zu kochen und einen Teller mit Shortbread und Kokosmakronen zu arrangieren. Duke hatte Kokosmakronen gehasst.

Sie frischte ihr Make-up auf und warf Elvis eine Kusshand zu. In diesem Moment hielt Ralphs glänzender blauer Wagen vor dem Haus.

Dukes nackte Füße schlingerten über den Teppich, als Bonnie ihn in die Küche zerrte. Danach holte sie Ray. Seite an Seite lagen Vater und Sohn auf dem Küchenboden. Bonnie schloss die Terrassentür. Rays angeschwollenes Gesicht sah friedvoll aus, aber Dukes Ausdruck war noch im Tod wütend und beleidigt.

Im Wohnzimmer breitete sie die grüne Plastikfolie auf dem Teppich aus. Als sie auf Knien darüberkroch, um die Ecken unter den Sofabeinen zu fixieren, knisterte die Folie.

Sie hätte Ray und Duke auch in der Küche opfern können, immerhin gab es dort pflegeleichte, weiße Bodenfliesen. Aber sie wusste, dass die Fliesen selbst zwar leicht zu reinigen waren, nicht aber die Fugen dazwischen. Sogar die geringste Menge Blut würde im Verdachtsfall für einen DNA-Test ausreichen.

Nun schleifte sie die Leichen ins Wohnzimmer und schälte sie aus ihrer Kleidung. Sie konnte gut leblose Körper ausziehen, schließlich hatte sie das fast jede Nacht mit Duke machen müssen. Nachdem sie nackt vor ihr auf dem Boden lagen, ging sie zurück in die Küche und wählte ein Ausbeinmesser mit schwarzem Griff und fünfundzwanzig Zentimeter langer Klinge.

»Bonnie!«, rief Ralph. »Geht es dir gut? Ich hab dir schon dreimal Hallo gesagt, aber du antwortest gar nicht.«

Sie stand an der offenen Haustür und blinzelte nur. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie dorthin gekommen war. »Hallo Ralph.«

»Irgendwie ist das eine komische Situation.«

»Komisch? Was ist daran komisch?«

»Weil ich mich vorher so komisch benommen habe. Ich habe überreagiert.«

»Immerhin sind wir beide verheiratet. Das macht es nicht einfacher.«

»Gibt es Neuigkeiten von Duke und Ray?«

»Nein. Nichts. Komm rein. Willst du was trinken? Ich hab Bier, Seven-up. Milch.«

Dem Anschein nach etwas peinlich berührt betrat Ralph das Wohnzimmer. Neugierig sah er sich um und entdeckte das Elvisbild. »Hübsch«, sagte er.

»Ja, das ist gut, oder? Ein Freund von Duke hat es gemalt.«

Er setzte sich auf die Sofakante und schwitzte unter seinem hellgrauen Jackett und rosa Hemd.

»Gib mir doch deine Jacke«, sagte sie.

»Nein danke, es geht schon.«

»Das sieht aber wirklich nicht sehr bequem aus. Jetzt gib mir schon deine Jacke.«

»Das ist nicht nötig, ehrlich, Bonnie. Ich bleibe eh nicht lange, ich wollte nur ein paar Dinge zwischen uns klären.«

Was gibt’s denn da zu klären? Ich weiß, dass du weißt, dass ich Phil Cafagna nicht angemacht habe.«

»Das weißt du?«