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Stephen King
Der Outsider
Roman

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Im Stadtpark von Flint City wird die geschändete Leiche eines elfjährigen Jungen gefunden. Augenzeugenberichte und Tatortspuren deuten unmissverständlich auf einen unbescholtenen Bürger: Terry Maitland, ein allseits beliebter Englischlehrer, zudem Coach der Jugendbaseballmannschaft, verheiratet, zwei kleine Töchter. Detective Ralph Anderson, dessen Sohn von Maitland trainiert wurde, ordnet eine sofortige Festnahme an, die in aller Öffentlichkeit stattfindet. Der Verdächtige kann zwar ein Alibi vorweisen, aber Anderson und der Staatsanwalt verfügen nach der Obduktion über eindeutige DNA-Beweise für das Verbrechen – ein wasserdichter Fall also? Bei den andauernden Ermittlungen kommen weitere schreckliche Einzelheiten zutage, aber auch immer mehr Ungereimtheiten. Hat der sympathische Coach wirklich zwei Gesichter und ist zu solch unmenschlichen Schandtaten fähig? Wie erklärt es sich, dass er an zwei Orten zugleich war? Mit der wahren, schrecklichen Antwort rechnet schließlich niemand. »Im Erschaffen von Monstern unterschiedlichster Art ist Stephen King einfach unerreicht. Das in Der Outsider ist wahrlich nicht von schlechten Eltern.« The New York Times

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Leserprobe: Stephen King, Erhebung

Das Buch

Scott nimmt rasend schnell ab. Sein korpulentes Aussehen ändert sich trotzdem nicht. Und noch unheimlicher: Wenn er auf die Waage steigt, zeigt sie jeweils das gleiche Gewicht an, egal wie viel er momentan trägt, ob Kleidung oder gar Hanteln. Scott hat Angst, dass man ihn zum medizinischen Versuchskaninchen macht. Aber er muss es jemand erzählen. Zu Dr. Ellis hat er Vertrauen, aber auch der weiß keinen Rat.

In seiner netten Wohngegend in der Kleinstadt Castle Rock gerät Scott in einen eskalierenden Kleinkrieg. Der Hund der neuen Nachbarn – zwei Lesben – verrichtet sein Geschäft ständig bei ihm im Vorgarten. Die eine Frau ist eigentlich recht freundlich, die andere aber eiskalt. Die beiden haben gerade ein Restaurant eröffnet, von dem sie sich viel erhoffen. Die Einwohner von Castle Rock wollen aber nichts mit Homopaaren zu tun haben, da ist großer Ärger vorprogrammiert. Als Scott endlich kapiert, was Vorurteile in einer Gemeinschaft anrichten, überwindet er den eigenen Groll und tut sich mit den beiden zusammen. Merkwürdige Allianzen, der jährliche Stadtlauf und Scotts mysteriöses Leiden fördern bei sich und anderen eine Menschlichkeit zutage, die zuvor unter einer herzlosen Bequemlichkeit vergraben lag.

Der Autor

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preise, darunter 2003 den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk und 2015 mit dem Edgar Allan Poe Award den bedeutendsten kriminalliterarischen Preis für Mr. Mercedes. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.

Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.

STEPHEN KING

ERHEBUNG

ROMAN

Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt

Zum Gedenken an Richard Matheson

1

Gewichtsverlust

Scott Carey klopfte an die Tür der Eigentumswohnung, und Bob Ellis (den alle in Highland Acres immer noch Doctor Bob nannten, obwohl er seit fünf Jahren im Ruhestand war) ließ ihn herein. »Na, Scott, da bist du ja. Pünktlich um zehn. Was kann ich für dich tun?«

Scott war ein stattlicher Mann, eins dreiundneunzig in Socken, mit einer anständigen Wampe. »Das weiß ich auch nicht recht. Wahrscheinlich gar nichts, aber… ich habe ein Problem. Hoffentlich kein großes, aber vielleicht doch.«

»Eines, worüber du mit deinem regulären Arzt nicht sprechen willst, ja?« Mit seinen vierundsiebzig Jahren hatte Ellis schütteres silberweißes Haar und hinkte ein bisschen, was ihn auf dem Tennisplatz allerdings kaum behinderte. Da hatten er und Scott sich kennengelernt und angefreundet. Enge Freunde waren sie wohl nicht, aber Freunde auf jeden Fall.

»Ach, bei dem war ich schon«, sagte Scott. »Zur Vorsorgeuntersuchung, die längst überfällig war. Blutbild, Urin, Prostata, das ganze Programm. Alles in Ordnung. Der Cholesterinspiegel ist ein bisschen hoch, aber noch im grünen Bereich. Ich hatte mir nämlich Sorgen wegen Diabetes gemacht. Im Internet stand, das wäre am wahrscheinlichsten.«

Abgesehen von den Klamotten jedenfalls. Die Sache mit den Klamotten fand sich auf keiner Website, ob medizinisch oder sonst wie ausgerichtet. Mit Diabetes hatte das bestimmt nichts zu tun.

Ellis führte ihn ins Wohnzimmer, von dessen großem Erkerfenster man einen Blick auf das vierzehnte Grün der Wohnanlage in Castle Rock hatte, wo er mit seiner Frau jetzt lebte. Gelegentlich spielte er eine Runde, hielt sich jedoch eher an Tennis. Für Golf begeisterte sich seine Frau, was nach Scotts Vermutung der Grund war, weshalb die beiden hier wohnten, wenn sie nicht gerade den Winter in einer ebenfalls sportlich orientierten Anlage in Florida verbrachten.

»Falls du Myra vermissen solltest, die ist in ihrer methodistischen Frauengruppe«, sagte Ellis. »Glaube ich wenigstens, es kann auch irgendein städtischer Ausschuss sein. Morgen fährt sie jedenfalls nach Portland, wo sich die Mykologische Gesellschaft von Neuengland trifft. Die Frau schwirrt durch die Gegend wie eine wild gewordene Hummel. Zieh deine Jacke aus, setz dich und sag mir, worum es geht.«

Obwohl es erst Anfang Oktober und nicht besonders kalt war, trug Scott seinen North-Face-Parka. Er zog ihn aus und legte ihn neben sich auf das Sofa. In den Taschen klimperte es.

»Wie wär’s mit einem Kaffee? Oder Tee? Außerdem ist vom Frühstück noch Gebäck da, glaube ich, falls…«

»Ich nehme gerade ständig ab«, sagte Scott unvermittelt. »Darum bin ich hier. Die Sache ist irgendwie ziemlich komisch. Früher habe ich mich vor der Waage im Bad immer gedrückt, weil die mir in den letzten zehn Jahren oder so nichts Erfreuliches mitgeteilt hat. Jetzt stelle ich mich gleich morgens früh drauf.«

Ellis nickte. »Ich verstehe.«

Der hat keinen Grund, sich vor der Waage zu drücken, dachte Scott. Meine Großmutter hätte ihn wohl als dürre Bohnenstange bezeichnet. Wenn das Schicksal ihm nicht den Schwarzen Peter zuschiebt, lebt er wahrscheinlich noch zwanzig Jahre. Vielleicht wird er sogar hundert.

»Das Waagenvermeidungssyndrom ist mir durchaus bekannt. Als ich noch die Praxis hatte, ist mir das ständig begegnet. Mit dem Gegenteil – zwanghaftem Wiegen – hatte ich ebenfalls zu tun, normalerweise bei Bulimie und Anorexie. Danach siehst du allerdings kaum aus.« Er beugte sich vor und klemmte die Hände zwischen die dürren Oberschenkel. »Dir ist doch klar, dass ich im Ruhestand bin, oder? Ich kann dir zwar Ratschläge geben, aber was verschreiben geht nicht. Und mein Rat wird wahrscheinlich lauten, dass du noch mal deinen regulären Arzt aufsuchen und ihm alles gestehen solltest.«