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IN DER ABTEI DEVI SANT, MENEVIA

Abt Tryffin

Gwlyddien, König von Dyfed

Cathen, Sohn von Gwlyddien

Bruder Meurig, ein barnwr oder Richter aus Dyfed

Bruder Cyngar aus Menevia

Cadell, ein Krieger

IN PEN CAER UND UMGEBUNG

Mair, Tochter von Iorwerth, ein Opfer

Iorwerth, ein Schmied, Vater von Mair

Iestyn, sein Freund, ein Bauer

Idwal, ein junger umherziehender Schäfer

Gwnda, Fürst von Pen Caer

Elen, Gwndas Tochter

Buddog, eine Dienerin an Gwndas Sitz

Clydog Cacynen, genannt »die Wespe«, ein Geächteter

Corryn, genannt »die Spinne«, aus Clydogs Bande

Sualda, aus Clydogs Bande

Goff, ein Schmied

Rhonwen, seine Frau

Dewi, sein Sohn

Elisse, der Apotheker

Osric, Gefolgsadliger der Hwicce

Kapitel 1

Das Mädchen sah aus, als würde sie sich einfach nur mitten im Farnkraut ausruhen. Ein Arm lag locker hinter ihrem Kopf, der andere ausgestreckt an ihrer Seite. Das blasse, zarte Gesicht wirkte entspannt. Die Augen mit den dunklen Wimpern waren geschlossen. Zwischen den leicht geöffneten Lippen leuchteten schöne weiße Zähne. Ihr dunkles Haar bildete einen starken Kontrast zu der bläßlich schimmernden Haut.

Allein das dünne Rinnsal Blut aus dem Mundwinkel, das inzwischen getrocknet war, und ihre scheinbar so durchscheinende Haut, die rot bis bläulich gesprenkelt war, verrieten, daß sie sich nicht einfach nur ausruhte. Ein scharfsichtiger Beobachter hätte außerdem an ihren zerrissenen und blutverschmierten Kleidern erkennen können, daß etwas nicht stimmte.

Der Junge stand vor dem Mädchen, blickte ausdruckslos zu ihm hinunter. Er war schmal, drahtig gebaut, hatte rötlichbraune Haare und sommersprossige, gebräunte Haut, die verriet, daß er sich die meiste Zeit bei Wind und Wetter draußen aufhielt. Seine Lippen waren übermäßig rot und voll, was ihm einen leichten Zug ins Häßliche gab. Seine wäßrigen Augen hafteten auf dem Körper des Mädchens. Er trug eine ärmellose Schaflederjacke, die von einem Ledergürtel zusammengehalten wurde. Überdies mutete sein Äußeres durch die dicken Hosen und die Ledergamaschen wie das eines Schäfers an.

Ein tiefer Seufzer drang aus seiner Kehle.

»Ach Mair, warum nur? Warum, Mair?«

Er schien nun zu schluchzen, doch sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Mit starrem Blick stand er noch eine Weile so da, bis er die Rufe in der Ferne vernahm. Ruckartig schaute er auf, hielt den Kopf leicht zur Seite geneigt, als lauschte er. Seine Miene wirkte auf einmal gehetzt. Die schreiende Meute näherte sich ihm rasch. Jetzt konnte er ihre Rufe deutlich verstehen.

Der Junge blickte noch einmal auf das tote Mädchen und rannte los.

Er war kaum zehn oder zwanzig Meter weit gekommen, als ihn ein heftiger Schlag auf die Schultern zu Boden riß. Er stürzte nach vorn auf Hände und Knie. Mühsam rang er nach Luft.

Hinter einem Baum war ein stämmiger Mann hervorgetreten, der eine dicke Holzkeule in Händen hielt. Er war dunkel, untersetzt und trug einen Vollbart. Nun stand er breitbeinig über dem Jungen, die Keule erhoben, gewaltbereit und bedrohlich.

»Steh auf, Idwal«, brummte der Mann finster. »Sonst schlage ich noch einmal zu.«

Der Junge blickte auf, seine Schulter schmerzte.

»Was willst du von mir, Fürst Gwnda?« jammerte er. »Ich habe dir nichts getan.«

Der Mann runzelte böse die Stirn. »Keine Widerrede, Bursche!«

Er zeigte auf den Weg hinter sich, auf die Leiche des Mädchens. Da tauchte unter den Bäumen hervor eine Gruppe von Männern auf und lief nun den Waldweg entlang.

»Hierher!« rief der dunkelhaarige Mann. »Hierher, Leute! Ich habe ihn. Ich habe den Mörder.«

Die Meute rannte auf den knienden Jungen zu, der vor Angst zu weinen anfing.

»Bei der Heiligen Jungfrau, ich schwöre, ich habe sie nicht ...«

Einer der Männer, die ihn zuerst erreichten, schlug ihm seitlich auf den Kopf. Nun völlig zu Boden gestreckt, wurde der Junge glücklicherweise bewußtlos, denn jetzt prügelten auch die anderen auf ihn ein.

»Genug!« rief der dunkelhaarige Mann. »Ich weiß, ihr seid voller Zorn. Wir werden ihn in unser Dorf mitnehmen und vor einen barnwr bringen.«

»Wozu brauchen wir einen Richter, Gwnda?« rief einer der Männer. »Haben wir es nicht mit eigenen Augen gesehen? Habe ich nicht beobachtet, wie sich Idwal und die arme Mair erst vor kurzem lauthals gestritten haben? Idwal war so außer sich, wie ich ihn noch nie erlebt habe.«

Der schwarzbärtige Mann schüttelte den Kopf. »Wir müssen die Gesetze einhalten, Iestyn. Wir werden nach dem barnwr schicken, einem erfahrenen Richter aus der Abtei Dewi Sant.«

Der Mönch war jung und lief mit dem zuversichtlich raschen Schritt der Jugend den Weg durch den Wald. Er hatte den Winterumhang eng um seinen Körper geschlungen, um sich vor der frühmorgendlichen Kälte zu schützen. Seinen dicken Wanderstab aus Schlehdorn trug er weniger als Gehhilfe, sondern vielmehr als Waffe bei sich - jederzeit zu seiner Verteidigung einsatzbereit. Der Wald von Ffynnon Druidion, der Druidenquelle, war berüchtigt für Straßenräuber, die in düsteren Verstecken lauerten und hier ihr Unwesen trieben.

Bruder Cyngar hatte keine Angst, er war nur vorsichtig. In der ersten Morgendämmerung dieses Herbsttages, der strahlend schön zu werden versprach, würden, so meinte Cyngar, alle Räuber noch ihren Alkoholrausch ausschlafen. So früh würde kein einziger Schurke nach Opfern Ausschau halten. Nicht einmal der gefürchtete Clydog Cacynen, der hier in den Wäldern hauste. Clydog, die Wespe, wurde er genannt, denn er stach zu, wenn man es am wenigsten erwartete. Ein berüchtigter Geächteter. Die Angst vor ebenjenem Clydog Cacynen hatte Bruder Cyngar dazu gebracht, bereits in aller Frühe aufzubrechen, nachdem er die Nacht in der Hütte eines Holzfällers bei dem alten aufrecht stehenden Stein Unterschlupf gefunden hatte.

Der Rauhreif hatte sich wie ein weißer Teppich über den Waldboden gelegt. Die schwache winterliche Sonne versuchte, ihre Strahlen durch die weichen weißen Wolken zu bohren. Der Wald wirkte farblos. Die Bäume hatten größtenteils bereits ihr Laub verloren, hatte es doch schon mehrere kalte Nächte gegeben, obwohl der Spätherbst erst noch bevorstand. Hier und da waren ein paar immergrüne Stechpalmen zu sehen, an deren weiblichen Exemplaren rote Beeren leuchteten. Kleine braune Zapfen schmückten die Erlen, dazwischen sah man Birken. Aber alles wurde überragt von hohen, ausladenden Eichen.

Ab und zu entdeckte Bruder Cyngar an Eschenstämmen Holzkohlenpilze. Sie waren ungenießbar, vertrieben aber angeblich Krämpfe, wenn man sie vor dem Schlafengehen ins Bett legte, wie er gehört hatte. Aber eigentlich verachtete er solchen Aberglauben.

Es regte sich im Wald. Cyngar bemerkte eine Spitzmaus, ein winziges braunes Etwas, das aus dem Gebüsch vor ihm heraushuschte. Er sah, wie die kleine Maus kurz innehielt und herumschnüffelte. Ihr schlechtes Sehvermögen wurde durch ihren einzigartigen Geruchssinn wettgemacht, denn kaum witterte sie den Fremden, piepste sie und war im Bruchteil einer Sekunde wieder verschwunden.

Über Bruder Cyngar stieß ein am Himmel kreisender Rotmilan einen wehmütigen Schrei aus, er hatte wohl die kleine, davonhuschende Maus im kahlen Strauchwerk entdeckt, und wäre nicht Bruder Cyngar gewesen, hätte er sie sich zum Frühstück geholt.