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»Erkläre deiner Nichte und ihrer Äbtissin, wie das geschehen konnte, Beretrude!« Eiskalt durchschnitt Fidelmas Stimme den Raum.

»Sklaverei ist nichts Unrechtmäßiges«, erklärte Gräfin Beretrude und warf herausfordernd den Kopf in den Nacken.

»Willst du behaupten, du hättest das Recht, Frauen und Kinder gefangen zu nehmen und zu verkaufen?«

»Ich bin .«

»Wer du bist, Beretrude, wissen wir alle, was wir nun aber obendrein wissen ist, was du bist«, schnitt ihr Fidelma das Wort ab. «Du hast dich in ein schändliches Geschäft mit Verbas von Peqini eingelassen und Sklavenhandel betrieben.«

»Ich leugne es nicht, und das Gesetz verbietet es nicht.« »Was rechtmäßig ist und was nicht, entscheide ich«, wurde sie von Chlothar zurechtgewiesen.

»Seit wann kennst du Verbas von Peqini?«, fuhr Fidelma unerschütterlich fort.

»Er kam vor ein paar Wochen als Handelsmann nach Ne-birnum. Er wollte nach Süden zurück auf sein Schiff und dann weiter zu den östlichen Häfen. Ich war zu dem Zeitpunkt gerade in Nebirnum und konnte ihn überreden, nach Autun zu kommen und hier seinen Geschäften nachzugehen.«

»Seinem Handel mit Sklaven, die du ihm verschaffen würdest. Du hattest da die verheirateten Frauen mit ihren Kindern aus dem domus feminarum im Blick. Da Bischof Leodegar die Geschlechtertrennung in der Abtei eingeführt und die verheirateten Mönche gezwungen hatte, sich von ihren Frauen zu trennen und ihre Kinder zu verstoßen, dachtest du, die Kirche würde den so Verlassenen keinen Schutz bieten, wenn man sie wegschafft und verkaufte. Du kanntest die Haltung von Äbtissin Audofleda und wusstest, dass sie sich nicht schützend vor die Frauen stellen würde.«

Gräfin Beretrude wagte keinen Widerspruch und schwieg. Indes begehrte die Äbtissin ein weiteres Mal auf.

»Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Ich hatte keine Ahnung, dass man die Frauen und ihre Kinder entführt hatte.«

»Das gilt auch für mich«, winselte Schwester Radegund. »Sie verließen unsere Gemeinschaft nachts und hatten schriftliche Erklärungen dafür hinterlassen.«

»Ihr wart aber zufrieden, sie los zu sein, und versuchtet erst gar nicht herauszufinden, warum sie gegangen waren und wohin es sie getrieben hatte«, stellte Fidelma unerbittlich fest. »Die Verantwortung für ihr Wohlergehen lag in deinen Händen, Äbtissin Audofleda. Sie alle waren Freigeborene.«

»Ich diene in der Abtei unter Bischof Leodegar«, erwiderte sie, verzweifelt bemüht, die Schuld von sich zu weisen. »Wenn einer die Verantwortung trägt, dann ist er es.«

»Ich erkläre hiermit, dass ich von den Vorgängen im domus feminarum keinerlei Kenntnis hatte«, beeilte sich der Bischof zu sagen. »Wie dem auch sei, ich kann nichts Sträfliches an der Sache finden, selbst wenn man sich die Frauen und ihre Sprösslinge gegriffen hat und sie als Sklaven verkaufen wollte. Die Bindung, die sie mit den Mönchen eingegangen waren, verstößt gegen unsere Regel. Beide Gemeinschaften unserer Abtei haben sich mit der Auffassung einverstanden erklärt. Insofern kann man ihre Entfernung aus der weiblichen Gemeinschaft als einen dankenswerten Vorgang ansehen. Es war gewissermaßen, wie soll ich sagen, eine Säuberung der Abtei.« Fidelma sah ihn empört an. Chlothar beobachtete, wie es in ihrem Gesicht arbeitete und es um ihre Lippen zuckte. Ehe sie etwas sagen konnte, griff er ein.

»Denke daran, dass es dir nicht zukommt, hier ein Urteil zu fällen oder dem Bischof von Moral zu sprechen, Fidelma von Cashel«, ermahnte er sie in ruhigem Ton. »Wir wollen es als gegeben hinnehmen, dass man die Frauen aus dem domus feminarum entführt hat und dass es Beret-rude war, die mit Verbas von Peqini den Handel eingegangen ist. Das Verbrechen scheint mir in dem Tatbestand zu liegen, dass es Freigeborene waren. Bei der Urteilsverkündung, die mir später obliegt, wird es darüber hinaus eine nicht unwesentliche Rolle spielen, dass man auch dich - und das immerhin als herausragenden Gast - entführt hat.«

»Mit der Sache habe ich nichts zu tun, ich bin völlig unschuldig«, jammerte Äbtissin Audofleda erneut.

Ohne eine Spur von Mitleid schaute Fidelma zu ihr hinüber und erklärte zu aller Erstaunen: »Das möchte ich dir sogar glauben. Auch glaube ich, dass Schwester Radegund nicht in die Pläne ihrer Tante eingeweiht war. Doch darauf komme ich gleich.«

»Wir verschwenden hier unnütz Zeit auf eine Sache, die nichts mit dem Mord an Abt Dabhoc zu tun hat«, empörte sich Bischof Leodegar. »Einzig und allein die Tatumstände des Mordes sollte Schwester Fidelma untersuchen. Unsere Geduld hat doch gewiss ihre Grenzen, Sire?« Mit den letzten Worten hatte er sich an Chlothar gewandt.

»Ich weiß selbst zu sagen, wann meine Geduld erschöpft ist, Leodegar«, wies ihn der junge König zurecht.

Fidelma ging auf den kurzen Wortwechsel nicht weiter ein und meinte nur kühclass="underline" »Ich dachte, ich hätte klargemacht, dass die Vorkommnisse sehr wohl miteinander zu tun haben. Wenn das Verkaufen von frommen Schwestern und ihren Kindern als Sklaven, frei geboren oder nicht, nach den Gesetzen dieses Landes nicht strafbar ist, dann möchte ich mich den Beweggründen zuwenden, die Beretrude veranlasst haben, durch den Verkauf von Sklaven zu Geld zu kommen. Es ging ihr nicht schlechthin um persönliche Bereicherung.«

Beretrude schreckte auf. Anspannung und Blässe in ihrem Gesicht nahmen merklich zu. Bange Stille breitete sich unter den Anwesenden aus, während Ebroin sicherheitshalber einen Schritt nach vorn getreten war. Chlothar beugte sich gespannt vor und blickte erwartungsvoll zu Fidelma.

»Beretrude hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geld für einen Aufstand zu beschaffen. Das Ziel ist eine Erhebung der Burgunden gegen Chlothar und seine Franken.« Entsetzt hielten alle den Atem an; durch den ganzen Raum ging ein kurzes Aufstöhnen.

Zwei von Chlothars Kriegern rückten näher an Graf Guntram heran, die Hand griffbereit am Schwert. Mit weit aufgerissenen blauen Augen starrte Guntram seine Mutter an, um die Mundwinkel arbeitete es, aber er brachte keinen Laut heraus.

»Hegtest du die Absicht, dich an die Spitze eines solchen Aufstands zu stellen, Guntram?«, fragte Ebroin. »Nie würden Burgunden einer Frau folgen.«

»Das ist eine Lüge!« Wie ein Aufschrei entrangen sich die Worte der Kehle des Beschuldigten. »Niemals in meinem Leben habe ich mich einem solchen Komplott verschrieben. Ich schwöre es!«

»Guntram ist, wie du ihn kennst, Majestät«, griff Fidelma ein. »Ein junger Mann, der sich die Zeit mit Trinken, Jagen und Frauen vertreibt. Nichts liegt ihm ferner, als eine Verschwörung anzuzetteln.«

»Wer sonst könnte die Burgunden zu so einem Unternehmen um sich scharen?«, fragte Ebroin. »Sie würden nur einem männlichen Nachkommen ihrer früheren Könige Gehorsam leisten.«

»Beretrude hatte noch einen zweiten Sohn«, erwiderte Fidelma. »Einen weiteren Nachkommen von Gundahar aus der Königslinie der Burgunden.«

»Ja, ich habe einen Bruder - Gundobad«, gab Guntram preis. »Aber der wurde schon als Kind von meiner Mutter in ein Kloster gesperrt. Weitere Brüder habe ich nicht.« »Das ist richtig», bestätigte Fidelma. »Gundobad wuchs in der Abtei von Divio auf, ein ehrgeiziger junger Mann, der mehr von einem Krieger an sich hat als Guntram. Den Titel des Herrschers über die Burgunden hat aber Guntram von seinem Vater geerbt. Vor einiger Zeit begriff Beretru-de, dass es falsch gewesen war, sich von ihrem jüngeren, entschieden machtbewussteren Sohn losgesagt zu haben. Sie beschloss, ihren Fehler wiedergutzumachen.«

»Willst du damit sagen, Beretrude trieb durch den Verkauf von Sklaven Geld ein, um ihren Sohn in Divio in die Lage zu versetzen, einen Aufstand vorzubereiten?«, forschte Chlothar.

»Genau das will ich damit sagen. In dem Moment, da ich von der Existenz dieses zweiten Sohnes erfuhr, begriff ich das.«

»Dann müssen wir ein paar Leute nach Divio schicken, um diesen Mann ausfindig zu machen«, stöhnte Ebroin. »Er ist nicht mehr in Divio. Beretrudes jüngerer Sohn weilt hier unter uns in der Abtei.«