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Keltset gelang es jedoch, zu entkommen, bevor man ihn einsperren konnte, und er wanderte nach Süden, bis ich auf ihn stieß. Der Dämonen-Lord hatte befohlen, seine Stimme wegzubrennen, damit er sich keinem Lebewesen mehr mitteilen könne, aber Keltset lernte die Zeichensprache. Er wartete auf die Gelegenheit, ins Nordland zurückzukehren ...«

Einer der Richter stellte eine Frage, und Panamon übersetzte.

»Der Richter hat gefragt, warum er jetzt zurückgekehrt sei.

Unser großer Freund sagt, er habe von Bronas Angst vor der Macht des Schwertes von Shannara gehört wie auch von der Legende, dass ein Sohn des Hauses Shannara erscheinen werde, um das Schwert zu ergreifen ...«

Panamon verstummte, als der Dolmetscher sich Keltset zuwandte. Zum erstenmal blickte der riesige Troll zu Shea hinüber. Der junge Mann fröstelte. Dann begann Keltset wieder zu gestikulieren. Panamon zögerte einen Augenblick und sagte dann leise: »Er sagt, sie müssten mit ihm ins Schädelreich ziehen, und im Inneren der Festung würdest du, Shea, den Dämonen-Lord vernichten!«

31

Palance Buckhannah starb im Morgengrauen. Der Tod kam leise, fast unerwartet, als die ersten blassen Strahlen der Sonne sich suchend in das Dunkel am östlichen Horizont vortasteten. Palance starb, ohne noch einmal zu Bewusstsein gekommen zu sein. Als Balinor die Nachricht erhielt, nickte er nur und wandte sich ab. Seine Freunde zögerten, bis Höndel ihnen mit einer Geste gebot, ihn allein zu lassen. Sie versammelten sich im Korridor vor dem Sterbezimmer und besprachen sich mit gedämpften Stimmen. Balinor war der Letzte der Buckhannahs. Wenn er in der bevorstehenden Schlacht fiel, würde die Familie vom Erdboden verschwunden sein. Nur die Geschichte würde ihren Namen vermerken.

In derselben Stunde begann der Ansturm auf Tyrsis. Auch er kam leise, geboren in der ersterbenden Nacht. Die Soldaten der Grenzlegion starrten hinab auf die graue Ebene vor den mächtigen Stadtmauern, und das Licht der aufgehenden Sonne zeigte die gigantische Nordland-Armee, sich erstreckend bis hin zum fernen Mermidon. Die exakt ausgerichteten Formationen teilten das dunkle Grün des Graslandes in ein Schachbrettmuster. Noch stand die riesige Armee regungslos in der Ebene unterhalb der Stadt, während die Morgendämmerung aus den Schatten der Dunkelheit Gestalten aus Fleisch und Blut, Eisen und Stahl hervortreten ließ. Aber nun rückte sie gegen die Verteidiger von Tyrsis vor. Die Stille wurde zerrissen vom Dröhnen der Gnomen-Kriegstrommeln, deren tiefer, pulsierender Rhythmus unheildrohend von den Steinmauern der Stadt widerhallte.

Die Nordländer kamen langsam und stetig heran, ihr Marschtritt dröhnte im Takt zum Trommelschlag, während Metall auf Metall klirrte, als Waffen und Rüstung kampfbereit gemacht wurden. Sie kamen stumm, Tausende und Abertausende, gesichtslose, gepanzerte Gestalten im Zwielicht des Morgens. Unförmige Rampen aus Holzstämmen, zusammengehalten von Eisenbändern, ächzten und knarrten auf riesenhaften Rädern, dienten als bewegliche Aufstiegshilfen zu den Höhen der befestigten Stadt.

Die Minuten verrannen, als die gigantische Streitmacht bis auf hundert Meter an die wartende Legion heranrückte. Das Dröhnen der Trommeln wurde lauter. Im Osten zeichnete sich der Rand der Sonnenscheibe scharf ab, und auch im Westen wich die Nacht. Die Trommeln verstummten plötzlich, und die Armee kam zum Stillstand. Einen Augenblick lang lastete tiefe Stille über dem Schauplatz. Dann stieg aus den Kehlen der Angreifer ohrenbetäubendes Gebrüll empor, und die Sturmwelle flutete heran, um über der Legion zusammenzuschlagen.

Unter dem geschlossenen Tor der hohen Außenmauer starrte Balinor hinaus auf das ungeheure Spektakel. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine Stimme klang ruhig und fest, als er seine Meldegänger ausschickte, Acton und Fandwick an der linken, Messaline und Ginnisson auf der rechten Flanke zu verständigen. Sein Blick richtete sich sofort wieder auf die anrückende Armee. Hinter den hastig aufgeworfenen Schanzen warteten die Bogen- und Speerschützen der Legion gespannt auf sein Kommando. Balinor wusste, dass sie sogar diesen mächtigen Ansturm abschlagen konnten, aber zuerst mussten die fünf breiten Rampen zerstört werden, die langsam an die Klippe heranrollten. Er hatte vorausgesehen, dass man solche Geräte einsetzen würde, um das Plateau zu erklimmen, so, wie der Feind vorausgesehen hatte, dass Balinor die zur Stadt hinaufführende Straßenrampe zerstören würde. Die Vorhut der Nordland-Armee war auf fünfzig Meter an die Klippe herangekommen, und noch immer wartete der neue König von Callahorn ab.

Dann öffnete sich plötzlich der Boden unter den Füßen der anstürmenden Feinde, und große Löcher gähnten, als die Angreifer schreiend in den Ring getarnter Gruben um den Fuß der Klippe stürzten. Zwei von den gigantischen rollenden Rampen kippten in die riesigen Fallgruben, die Räder wurden abgesprengt, die Stämme barsten. Die erste Welle des feindlichen Angriffs kam zum Erliegen, und auf den Schanzen erhoben sich, als Balinor endlich das Zeichen gab, die Bogenschützen der Legion, um in die Reihen des plötzlich verwirrten Gegners zu schießen. Tote und Verwundete kollerten hilflos durcheinander und wurden niedergetrampelt, als die zweite Welle des Angriffs über sie hinwegbrandete.

Drei von den mächtigen Rampen waren den versteckten Gruben entgangen und rollten unbehindert auf die Schanzen zu. Die Bogenschützen der Legion feuerten einen Hagel brennender Pfeile auf die verwundbaren Holzrampen ab, aber Dutzende behender gelber Gestalten kletterten an den aufflammenden Gerüsten hinauf und löschten die Brände. Inzwischen waren auch die Bogenschützen der Gnomen in Stellung gegangen, und minutenlang überschütteten sich beide Seiten mit einem Regen von Pfeilen. Die ungeschützten Gnomen auf den Rampen wurden reihenweise niedergemäht. Überall stürzten schreiende Gestalten in die Tiefe. Die Verwundeten der Legion wurden von den niedrigen Schanzen vor weiteren Treffern geschützt und konnten behandelt werden. Aber die getroffenen Nordländer lagen hilflos auf freiem Feld, und Hunderte wurden getötet, bevor man sie in Sicherheit zu bringen vermochte.

Die drei unversehrten Rampen rollten noch immer auf den Fuß der befestigten Klippe zu, wenngleich eine von ihnen bereits in hellen Flammen stand und der dicke Rauch im weiten Umkreis die Sicht behinderte. Als die beiden anderen Rampen bis auf zwanzig Meter an die Schanzen herangekommen waren, gab Balinor erneut ein Zeichen. Man kippte riesige Kessel voll öl und schüttete den Inhalt in einem Sturzbach hinunter auf die anrollenden Rampen. Bevor die Gegner Gelegenheit fanden, auszuweichen, wurden brennende Fackeln in das öl geworfen, und die ganze Umgebung verschwand in einem Meer aus Flammen und wirbelndem, schwarzem Rauch.

Der Ansturm kam ins Stocken, als die nachrückenden Reihen vor der Flammenwand entsetzt zurückwichen. Die vordersten Reihen der Feinde verbrannten bei lebendigem Leib; nur wenigen gelang es, der Katastrophe zu entrinnen. Der Wind blies den schwarzen Rauch schräg über das freie Land nach Westen, und für eine längere Zeit waren die Mitte und die linke Flanke der beiden großen Armeen einander aus dem Blickfeld entschwunden, während die Verwundeten und Sterbenden hilflos inmitten der sie erstickenden Rauchschwaden lagen.