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Balinor erkannte seine Chance augenblicklich. Ein kraftvoller Gegenstoß mochte den Angriff ganz zum Stehen bringen und den Feind zur Flucht zwingen. Er sprang auf und gab Janus Senpre oben auf der Außenmauer ein Zeichen. Augenblicklich öffneten sich die hohen Stadttore nach außen, und das berittene Regiment der Grenzlegion, bewaffnet mit kurzen Schwertern und langen Hakenpiken, galoppierte hinaus und bog scharf nach links ab, um dem freien Weg entlang der Stadtmauer zu folgen. Binnen weniger Augenblicke hatten die Reiter die linke Flanke der Verteidigungslinie erreicht, wo Acton und Fandwick das Kommando über die Soldaten führten. Man ließ eine Rampe hinab zur rauchverhüllten Ebene, und die von Acton geführten Reiter donnerten hinunter und ritten in weitem Bogen nach links.

Balinors Plan sah vor, dass das berühmte Regiment die Rauchwand umgehen und den Feind an dessen rechter Flanke überraschend angreifen sollte. Wenn die Nordländer sich dieser Attacke stellten, wollte Balinor ein Regiment von Fußsoldaten an der entblößten Frontseite des Gegners einsetzen und ihn zum Mermidon zurücktreiben. Sollte der Gegenangriff ins Stocken kommen, brauchten die beiden Regimenter aus der Stadt sich nur in den schützenden Rauch zurückzuziehen und über die Rampen auf die Klippe zurückzukehren. Es war ein gewagtes Spiel. Die Nordland-Armee besaß eine zahlenmäßige Überlegenheit von mindestens zwanzig zu eins, und wenn die Soldaten von Tyrsis abgeschnitten wurden, war ihr Schicksal besiegelt.

Kleine Trupps von Legionären waren an der linken Flanke bereits über die fahrbare Rampe hinabgeeilt und unternahmen einen kurzen Vorstoß gegen die feindlichen Reihen, um die einzige Verbindung des berittenen Regiments mit der belagerten Stadt aufrechtzuerhalten. Im Augenblick sah es so aus, als sei der Feind auf der linken Flanke völlig verschwunden, eingehüllt vom Rauch, der in dichten Wolken von den brennenden Fahrrampen in der Mitte der Abwehrlinie herabquoll.

Auf der rechten Abwehrflanke wurde mit großer Heftigkeit gekämpft. Nur ein leichter, dahintreibender Rauchschleier behinderte die Sicht der beiden Armeen an dieser Stelle. Der Angriff des Nordland-Heeres setzte sich deshalb hier unvermindert fort. Die Bogenschützen der Legion hatten die erste Angriffswelle dezimiert, aber die zweite Welle hatte den Fuß der Klippe erreicht und versuchte mit Hilfe von primitiven Sturmleitern die befestigten Höhen zu gewinnen. Reihen von Gnomen schössen Hunderte von Pfeilen in die Schanzen, um die Verteidiger lange genug niederzuhalten und den eigenen Sturmtruppen die Abwehrlinien der Stadt überwinden zu helfen. Die Bogenschützen der Legion schössen zurück, während ihre Kameraden eiserne Piken einsetzten, um die empor kletternden Feinde abzuwehren.

Es war ein langer, blutiger Kampf ohne Gnade. An einer Stelle brach ein besonders kampfstarker Trupp von Berg-Trollen durch die Abwehrlinie der Legion und erreichte die Klippe. Ein heftiges Gefecht entbrannte für kurze Zeit, als Ginnisson, das Gesicht so rot wie seine Haare, die mächtigen Trolle attackierte; im blutigen Kampf, Mann gegen Mann, vernichteten die Legionäre den kleinen Trupp und schlössen die Bresche wieder.

Auf der Krone der hohen Außenmauer standen vier alte Freunde bei Janus Senpre und verfolgten das grausige Schauspiel. Höndel, Menion Leah, Durin und Dayel waren in der Stadt zurückgelassen worden, um den Verlauf der Schlacht zu beobachten und Balinor bei der Koordinierung seiner Einsätze zu unterstützen. Die Rauchwolken behinderten den König in der Sicht erheblich, und nur Beobachter auf der hochragenden Mauer konnten den erforderlichen Überblick gewinnen, so dass er in die Lage versetzt wurde, im richtigen Augenblick die richtigen Einsatzbefehle zu geben. Der König verließ sich vor allem auf Höndels Urteilsvermögen, denn der schweigsame Zwerg war seit nahezu dreißig Jahren an den Grenzkriegen im Anar beteiligt gewesen.

Der grauhaarige Jäger, der Südlandbewohner und die beiden Elfenbrüder starrten sorgenvoll auf das Panorama. An der rechten Abwehrflanke tobten die schwersten Kämpfe; die Nordländer, immer noch bemüht, die Höhen zu erreichen, bedrängten die Legion an dieser Stelle auf das gefährlichste. Die Grenzlegion hielt stand, aber es bedurfte allen Einsatzes, die heftigen Angriffe abzuwehren. Die Ebene unmittelbar unter dem Stadttor in der Mitte der Schanzen war eingehüllt von Rauchwolken der brennenden Rampen, die zu gewaltigen Haufen flammender Baumstämme zerfallen waren. An den Rändern des Rauchfeldes versuchten die Nordländer vergeblich, Ordnung in ihre Reihen zu bringen, um den zum Stillstand gekommenen Angriff wieder fortzuführen. Auf der linken Seite waren die Reiter der Legion aus der Deckung des wallenden schwarzen Rauches geprescht und begegneten erstmals ernsthaftem Widerstand.

Eine große Abteilung Gnomen-Kavallerie war an der rechten Angriffsflanke stationiert worden, um Manöver von ebender Art, wie die Verteidiger sie jetzt unternahmen, abzuwehren. Die Nordländer hatten sich darauf verlassen, einen Gegenstoß rechtzeitig erkennen zu können, und wurden so gänzlich überrascht. Die schlecht ausgebildeten Gnomen-Reiter stoben vor den angreifenden Legionären auseinander, und der Angriff auf die entblößte Flanke der Nordland-Armee gewann nun erst an Stoßkraft. Das legendäre Regiment schwärmte weit nach Norden aus, die Reiter senkten die Hakenpiken und bildeten eine drei Säulen tiefe Mauer, bevor sie gegen den verblüfften Feind anrannten. Acton führte seine Leute in einer genau geplanten Aktion, und der Vorstoß drang tief ein in die entblößte Flanke, so dass der Gegner bedrohlich ins Schwanken geriet. Während die kleine Gruppe auf der Mauer erwartungsvoll zusah, gruppierte der Feind auf seiner äußersten rechten Seite hastig um, aber Höndel gab Balinor unter ihm auf der Stelle ein Zeichen. Man ließ aus der Mitte der Verteidigungslinie eine zweite Rampe hinab, und an der Spitze eines zweiten Regiments tauchte Messaline auf. Die Soldaten stürmten zu Fuß hinunter zum rauchbedeckten Grünland. Eine Nachhut blieb am Fuß der fahrbaren Rampe zurück, während das zweite Regiment im Dunst verschwand. Balinor schloss seine Reihen wieder und gesellte sich zu seinen Freunden auf der großen Mauer, um das Ergebnis seines Gegenangriffs zu betrachten.

Dieser wurde perfekt ausgeführt. Gerade als die überraschte rechte Flanke des riesigen Nordland-Heeres schwenkte, um dem Angriff der berittenen Legionäre zu begegnen, brachen die Fußsoldaten Messalines aus dem Rauch in der Mitte der Abwehrlinie hervor. In einer eng zusammengedrängten Phalanx, mit einem Wald von Speeren zwischen den dicht an dicht stehenden Schilden, rückten die erfahrenen Legionäre gegen die Mitte des unvorbereiteten und verwirrten Feindes vor. Die Nordländer wurden zurückgetrieben wie Vieh, und bei jedem Schritt wurden Dutzende getötet oder verwundet. Die Reiter, die Acton führte, setzten auf der linken Seite nach. Der ganze rechte Flügel des Gegners brach zusammen, und die Entsetzensschreie wurden so schrill, dass selbst der heftige Angriff auf der rechten Verteidigungslinie ins Stocken geriet, denn die Nordland-Soldaten dort starrten immer wieder nach Westen, vergeblich bemüht, zu entdecken, was sich abspielte. Menion Leah auf der Mauer konnte kaum mehr an sich halten.

»Unglaublich! Die Legion treibt den Gegner wahrhaftig zurück! Der Feind ist geschlagen!«

»Noch nicht«, sagte Höndel halblaut. »Die eigentliche Nagelprobe kommt gleich.«

Der Prinz von Leah blickte wieder auf den Kampfplatz. Die Nordland-Armee wich noch immer vor der Attacke der Legion zurück, aber hinter den Linien des sich zurückziehenden Feindes regte sich neue Aktivität. So leicht gab sich die Armee des Dämonen-Lords nicht geschlagen; was ihr an Erfahrung und Ausbildung fehlte, machte sie durch ihre Größe weit. Schon machte sich eine riesige Einheit von berittenen Gnomen bereit, die auf dem Rückzug befindlichen eigenen Fußsoldaten aufzuhalten und der Attacke der Legionskavallerie zu begegnen. Die Gnomen nahmen unmittelbar nördlich von Actons Reitern Aufstellung; unterstützt von mehreren Reihen Bogenschützen und Katapulteuren gingen sie zum Angriff über. Hinter der feindlichen Armee hatte sich eine ungeheure Streitmacht hoher Gestalten, die von Kopf bis Fuß gepanzert waren, formiert und stieß durch die eigenen, wankenden Reihen vor zu den Fußsoldaten der Legion. Einen Augenblick lang starrten die Männer auf der Mauer prüfend hinunter, dann zuckten sie zusammen, als sich die gepanzerten Krieger plötzlich mit Piken und Schwertern durch die zurückflutenden eigenen Reihen einen Weg nach vorne bahnten, niederhauend, was sich nicht schnell genug zur Seite warf.