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Aber einen Augenblick später war es vorbei; schlagartig herrschte allumfassende Stille. Sie lastete über allem, bis aus der undurchdringlichen Schwärze klagende Schreie drangen, die bald zu gellendem, qualvollem Gebrüll auswuchsen. In Tyrsis war der Kampf zum Erliegen gekommen. Die Männer aus Nord und Süd verfolgten entsetzt, wie die Schädelträger gleich gestaltlosen Gespenstern zum Himmel aufschwebten, geschüttelt von unaussprechlicher Todesqual, sich verrenkend und kreischend. Sie hingen für Augenblicke über den Menschen, die vor Angst wie gelähmt waren. Dann zerfielen die geflügelten Wesen, ihre schwarzen Körper lösten sich in Asche auf. Sekunden später war nichts geblieben als die ungeheure, leere Schwärze, die sich mit gewaltiger Geschwindigkeit zu bewegen begann, in Richtung Norden davon fegend, sich zusammenziehend. Blauer Himmel tauchte auf, zuerst im Süden, dann im Osten und Westen, die Sonne überstrahlte das Land mit blendender Helligkeit. Staunend sahen die Sterblichen, wie die Schwärze sich zu einer einzelnen dunklen Wolke im Norden zusammenzog, regungslos über dem Horizont schwebte und dann in der Erde versank, um für immer zu verschwinden.

Die Zeit verrann, und Shea schwebte besinnungslos in einer riesigen, schwarzen Leere.

»Ich glaube nicht, dass er es überlebt hat.«

Eine Stimme drang von irgendwo weit her in sein Inneres. Seine Hände und sein Gesicht spürten plötzlich kaltes, glattes Gestein an der warmen Haut.

»Wartet, seine Augen zucken. Ich glaube, er kommt zu sich.«

Panamon Creel. Shea öffnete die Augen und sah sich auf dem Boden der kleinen Zelle liegen. An der Mauer flackerte eine Fackel und verbreitete trübes Licht. Er war wieder er selbst. Eine Hand umklammerte noch das Schwert von Shannara, doch die Kraft des Talismans hatte ihn verlassen, das seltsame Band, das sie für kurze Zeit zusammengehalten hatte, war zerrissen. Er schob sich mühsam auf Hände und Knie, aber ein tiefes, drohendes Grollen erschütterte den Boden, und er stürzte wieder hin. Kräftige Hände griffen nach ihm und verhinderten, dass er sich verletzte.

»Langsam, langsam, nur ruhig«, sagte Panamon Creel an seinem Ohr. »Lass dich ansehen. Komm, schau mich an.« Er drehte den kleinen Talbewohner herum, und ihre Blicke begegneten sich. In den Augen des Diebes flackerte ganz kurz ein wenig Angst auf, dann lächelte er. »Er ist in Ordnung, Keltset. Und jetzt weg von hier.« Er zog Shea hoch und ging mit ihm zur Tür. Keltset war schon auf dem Weg. Shea machte ein paar unsichere Schritte und blieb stehen. Irgend etwas hielt ihn zurück.

»Ich bin in Ordnung«, murmelte er.

Dann fiel ihm plötzlich alles ein - die Macht des Schwertes, durch seinen Körper flutend, seine inneren Visionen von der Wahrheit über sich selbst, der furchtbare Kampf gegen den Dämonen-Lord, der Tod Orl Fanes ... Er schrie auf.

Panamon Creel griff instinktiv nach ihm und drückte ihn an sich.

»Es ist gut, Shea, alles ist vorbei. Du hast es geschafft - du hast gesiegt. Der Dämonen-Lord ist vernichtet. Aber der ganze Berg scheint auseinanderfallen zu wollen. Wir müssen von hier weg, bevor über uns alles zusammenkracht.«

Das Grollen war immer stärker geworden, und von der Höhlendecke fielen Gesteinsbrocken herunter. Risse tauchten im Boden auf, alles schien zu schwanken. Shea sah Panamon an und nickte.

»Dir geschieht nichts«, sagte Panamon. »Ich bringe dich hinaus. Keine Sorge.«

Schnell liefen die drei Männer hinaus in den Korridor. Der Felstunnel wand sich durch das Innere der Messerkante, die unebenen Wände waren von Rissen durchzogen. Immer größere Spalten taten sich auf, als das Grollen zunahm und die Wände zu zerfallen begannen. Der Berg bäumte sich auf. Die Erde drohte aufzuklaffen und den Berg zu verschlingen, geschüttelt von den donnernden Stößen, die aus dem Erdinnern heraufdrangen. Shea und seine beiden Begleiter eilten durch zahllose kleine Gänge und Kammern, ohne einen Ausgang zu finden. Mehrmals wurde der eine oder andere von herabstürzendem Geröll niedergerissen, aber sie vermochten sich immer wieder zu befreien. Große Felsblöcke stürzten krachend vor ihnen herab und versperrten den Weg, aber Keltset wälzte sie mit seiner ungeheuren Kraft beiseite. Shea verlor jedes Gefühl dafür, was mit ihnen geschah. Eine sonderbare Schwäche überfiel ihn, drückte ihn nieder und nahm ihm die letzte Energie. Als er glaubte, nicht mehr weiterzukommen, stützte ihn Panamon und half ihm über die Hindernisse hinweg.

Sie hatten ein besonders schmales Stück des Tunnels erreicht, der scharf nach rechts abknickte, als ein besonders heftiges, krampfhaftes Beben den sterbenden Berg schüttelte. Die ganze Tunneldecke klaffte auseinander und sackte herab. Panamon schrie verzweifelt auf und riss Shea vor sich nieder, bemüht, ihn mit seinem eigenen Körper zu decken. Keltset war augenblicklich zur Stelle und stemmte sich mit den riesigen Schultern gegen die Tonnenlast. Staub stieg in erstickenden Wolken auf. Panamon Creel zog den Talbewohner hoch und schob ihn an der sich gegen die Felsdecke stemmenden Gestalt des Riesen-Trolls vorbei. Shea hob den Kopf, als er über das Geröll kletterte, und die sanften Augen Keltsets erwiderten seinen Blick. Die Decke sank noch ein Stück herab, und Keltsets Gigantengestalt stemmte sich mit ganzer Kraft dagegen. Shea zögerte, aber Panamon packte ihn an der Schulter und zerrte ihn mit sich, hinaus durch die Biegung in einen breiteren Gang. Sie sanken auf einem Hügel von Felsbrocken und Staub zusammen und rangen nach Luft. Sie konnten Keltset sehen, der immer noch die zerbröckelnde Felsdecke mit seinen Schultern trug. Panarnon wollte aufstehen und in den Korridor zurücklaufen, aber ein mächtiges Knirschen ging durch das Berginnere, die Felsmassen malmten und kreischten, und der ganze Tunnel hinter ihnen stürzte donnernd ein. Tonnen von Gestein krachten herunter, der Weg hinter Panamon und Shea war verschüttet. Shea brüllte auf und warf sich gegen die Felsbarriere, aber Panamon riss ihn zurück.

»Er ist tot. Wir können ihm nicht mehr helfen.«

Shea starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

»Los - weg hier!« schrie der Dieb zornig. »Willst du, dass er umsonst gestorben ist? Los, sage ich!«

Er stieß Shea vor sich her durch den noch offenen Teil des Tunnels. Das dumpfe Grollen setzte sich fort, der ganze Berg vi brierte, und eine Reihe heftiger, rasch hintereinander folgender Erdstöße schleuderte die beiden Männer beinahe zu Boden. Sie wankten weiter. Shea lief wie ein Blinder, die Augen von Staub und Tränen verklebt. Es wurde immer schwerer, etwas zu sehen, und er blinzelte und kniff die Augen zusammen. Panamons keuchende Atemzüge rasselten an seinem Ohr, und er spürte im Rücken den eisernen Haken des Armstumpfes, der ihn vorwärtstrieb. Felssplitter fielen von Wänden und Decken und regneten auf seinen ungeschützten Körper herab, verletzten ihn und zerfetzten die Kleidung. Mit beiden Händen umklammerte er das leuchtende Schwert, das ihm jetzt nicht mehr von Nutzen war, außer als Beweis dafür, dass das, was sich zugetragen hatte, nicht die Ausgeburt einer Fieberphantasie war.