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»Die Belastung muß zu groß gewesen sein«, murmelte er und rieb sich die Stirn. »Nach dem Ende des Kontakts habe ich das Bewußtsein verloren. Es geht aber gleich wieder.«

»Wer war das Wesen?« fragte Flick, der sich sorgte, daß es wieder auftauchen könne.

Allanon schien über die Frage nachzudenken und starrte ins Leere, während sein verzerrtes Gesicht sich nur langsam entspannte.

»Eine verlorene Seele, vergessen von dieser Welt und ihren Bewohnern«, sagte er düster. »Er hat sich zu einem Dasein halben Lebens verurteilt, das die Ewigkeit überdauern mag.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Shea.

»Das ist im Augenblick nicht wichtig.« Allanon winkte ab.

»Die traurige Gestalt, mit der ich eben gesprochen habe, ist der Schatten Brimens, des Druiden, der einst gegen den Dämonen-Lord gekämpft hat. Ich sprach zu ihm vom Schwert von Shannara, von unserer Reise nach Paranor und der Bestimmung dieser Gruppe. Ich erfuhr wenig von ihm, ein Hinweis darauf, daß unser Schicksal nicht in naher Zukunft entschieden wird, sondern erst später — bei allen, bis auf einen.«

»Was meint Ihr?« fragte Shea zögernd.

Allanon stand müde auf, blickte ins Tal, als wolle er sich vergewissern, daß die Begegnung mit dem Geist Brimens vorüber war, dann wandte er sich den anderen zu.

»Es ist nicht leicht, das auszusprechen, aber ihr seid so weit gekommen, fast ans Ende eurer Reise. Ihr habt euch das Recht verdient, es zu erfahren. Der Schatten Brimens hat zwei Voraussagen über das Schicksal unserer Gruppe gemacht, als ich ihn aus der Zwischenwelt herauf rief, in die er verbannt ist. Er versprach, daß wir binnen zwei Tagen das Schwert von Shannara sehen würden. Er sah aber auch voraus, daß einer von uns die andere Seite der Drachenzähne nicht erreichen würde. Dabei soll er der erste sein, der die Hand auf das heilige Schwert legt.«

»Das begreife ich immer noch nicht«, sagte Shea stockend.

»Wir haben Höndel verloren. Vielleicht hat er ihn gemeint.«

»Nein, du irrst dich, junger Freund.« Allanon seufzte leise.

»Als er die zweite Prophezeiung aussprach, deutete der Schatten auf euch vier am Rand des Tales. Einer von euch wird Paranor nicht erreichen.«

Menion Leah kauerte lautlos zwischen den Felsblöcken an dem Weg, der zum Schiefer-Tal führte, und wartete auf das rätselhafte Wesen, das sie ins Gebirge verfolgt hatte. Auf der anderen Seite, verborgen in den schwarzen Schatten, lauerte der Prinz von Callahorn, das große Schwert in der Hand.

Menion umklammerte seine eigene Waffe und starrte ins Dunkel. Nichts rührte sich. Er konnte etwa fünfzehn Meter weit sehen, bevor eine Biegung des Weges hinter einem riesengroßen Felsblock den Pfad den Blicken entzog. Sie warteten schon eine halbe Stunde, und noch immer rührte sich nichts, trotz Durins Behauptung, ein Verfolger befinde sich hinter ihnen. Menion fragte sich, ob das Wesen, das sie beschattete, vielleicht einer der Abgesandten des Dämonen-Lords war. Ein Schädelträger konnte sich in die Luft erheben und die anderen erreichen. Der Gedanke erschreckte ihn, und er wollte Balinor ein Zeichen geben, als ein plötzliches Geräusch auf dem Weg seine Aufmerksamkeit erregte. Er preßte sich sofort an den Felsblock.

Die Geräusche einer Person, die langsam den Weg heraufstieg, waren deutlich zu hören. Wer es auch sein mochte, sie schien nicht zu ahnen, daß die beiden sich hier versteckt hatten, oder, schlimmer noch, sie gedachte sich nicht darum zu kümmern, denn sie unternahm keinen Versuch, ihr Näherkommen zu verschleiern. Sekunden später tauchte eine schattenhafte Gestalt auf dem Weg unter ihrem Versteck auf. Menion wagte einen kurzen Blick hinaus, und für Sekundenbruchteile erinnerte ihn die gedrungene Form an Höndel. Er packte das Schwert fester und wartete. Der Angriffsplan war einfach. Er gedachte, vor dem Eindringling hinauszuspringen und ihm den Weg zu versperren, während Balinor im selben Augenblick ihm den Rückweg abschneiden sollte.

Menion schnellte sich hinaus aus dem Versteck, das Schwert erhoben, um dem geheimnisvollen Verfolger gegenüberzutreten.

Er schrie ihm zu, er möge stehenbleiben. Die Gestalt vor ihm duckte sich und hob einen kräftigen Arm mit einem schweren, eisernen Streitkolben, der stumpf schimmerte.

Eine Sekunde später, als die Kampfbereiten einander anstarrten, sanken die Arme herab, und der Prinz von Leah rief außer sich vor Verwunderung: »Höndel!«

Balinor kam aus den Schatten und sah Menion vor Freude in die Luft springen, bevor er die kleinere, stämmige Gestalt umarmte. Der Prinz von Callahorn schob das Schwert erleichtert in die Scheide zurück, lächelte und schüttelte verwundert den Kopf über den jubelnden Hochländer und den sich wehrenden, murrenden Zwerg, den sie für tot gehalten hatten. Zum ersten Mal, seitdem sie aus dem Wolfsktaag durch den Jade-Paß entkommen waren, spürte Balinor, daß der Erfolg zum Greifen nahe schien und die Männer nun ganz gewiß in Paranor vor dem Schwert von Shannara stehen würden.

14

Der Morgen graute über den beherrschenden Graten und Gipfeln der Drachenzähne mit einer kalten, düsteren Entschlossenheit, die weder heiter noch willkommen war. Wärme und Helligkeit der aufgehenden Sonne wurden von niedrigen Wolken-formationen und dichtem Nebel, der sich zwischen den dräuenden Höhen niederließ und regungslos verharrte, völlig abgeschirmt. Der Wind fegte mit wilder Kraft über den nackten Fels, fauchte durch Schluchten und schroffe Abstürze, über Hänge und Grate, stürzte sich auf die dürftige Vegetation und glitt doch mit ungreifbarer Schnelligkeit durch das Gemisch aus Wölken und Nebelschwaden, um es auf unerklärliche Weise unberührt zu lassen. Das Geräusch des Windes war wie das tiefe Brausen des Meeres, das an freien Strand brandet, schwer und wogend, die nackten Gipfel mit einem eigenartigen Rauschen umtönend, das, war man nur lange genug davon eingehüllt, eine eigene Stille hervorrief. Vögel hoben und senkten sich mit dem Wind, ihre Schreie klangen zerstreut und dumpf. In dieser Höhe gab es nur wenige Tiere - vereinzelte Herden einer besonders zähen Gattung von Bergziegen und kleine, pelztragende Mäuse, die in den innersten Spalten der Felsen lebten. Die Luft war mehr als kühl; sie war bitter kalt. Schnee bedeckte die Höhen der Drachenzähne, und der Wandel der Jahreszeiten hatte wenig Einfluß in dieser Höhe auf eine Temperatur, die selten über den Nullpunkt stieg.

Es war ein tückisches Gebirge, riesig, hochragend und unglaublich massiv. An diesem Morgen schien es von einer seltsamen Erwartung erfüllt zu sein, und die acht Männer, die den kleinen Trupp aus Culhaven bildeten, wurden das Gefühl der Beunruhigung nicht los, das ihre Gedanken beschäftigte, als sie immer tiefer in das kalte Grau hineinstapften. Es war mehr als die bedrückende Prophezeiung Brimens oder selbst die Erkenntnis, daß sie bald versuchen sollten, die verbotene Halle der Könige zu durchschreiten. Irgend etwas wartete auf sie, etwas, das geduldig und verschlagen war, eine Lebenskraft, verborgen in dem nackten, felsigen Gelände, durch das sie zogen, erfüllt von rachsüchtigem Haß auf sie, auf der Lauer, während sie sich tiefer in das riesige Gebirge vorwärts kämpften, hinter dem das uralte Reich Paranor lag. Sie marschierten in einer unregelmäßigen Reihe nach Norden, auseinandergezogen als Silhouetten vor dem nebligen Hintergrund, eng in wollene Mäntel gekleidet, um sich vor der Kälte zu schützen, die Köpfe gesenkt. Die Hänge und Schluchten waren bedeckt mit Geröll und durchzogen von verborgenen Spalten, die das Fortkommen erschwerten. Mehr als einmal stürzte einer aus der kleinen Gruppe in aufstiebendem Geröll und Staub zu Boden. Aber das verborgene Ding zog es vor, nicht in Erscheinung zu treten; es begnügte sich damit, wissen zu lassen, daß es da sei, und darauf zu warten, daß dieses Wissen den Widerstand der acht Männer untergrub. Dann würden aus den Jägern Gejagte werden.

Es dauerte nicht lange. Beharrlich nagten Zweifel an ihren erschöpften Gemütern - Zweifel, die phantomgleich aus den Ängsten und tief verborgenen Geheimnissen der Männer aufstiegen.