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Die Schreie und das Brausen schienen nachzulassen und zu einem seltsamen Summen herabzusinken, als das grimmige, dunkle Gesicht sich in die sieben fiebrigen Gehirne schob und die stahlharten Gedanken beruhigend und befehlend sprachen:

Zwingt euch zur Ruhe - denkt nur an mich.

Die Männer stolperten mechanisch durch die lastende Dunkelheit des Tunnels, während ihre Gedanken nach der Rettungsleine von Vernunft und Ruhe griffen, die der Druide ihnen hinhielt. Die Wände des Ganges vibrierten unter den noch immer hörbaren Schreien, und das massive Gestein der Höhle grollte auf furchterregende Weise. Ein letztesmal erhoben sich die Stimmen der Banshies in fieberhafter Grellheit, wild kreischend in dem verzweifelten Bemühen, die vom mächtigen Geist des Druiden errichtete Mauer im Unterbewußtsein niederzureißen, aber die Mauer gab nicht nach, die Macht der Stimmen verbrauchte sich und erstarb zu einem toten Geflüster. Einen Augenblick später verengte sich der Gang wieder, und die Gruppe hatte den Korridor der Winde hinter sich.

Bis ins Mark erschüttert, die Gesichter schweißüberströmt, blieben die Männer dumpf stehen, als Allanon ein Zeichen gab.

Sie rüttelten ihre Gedanken mühsam in eine angedeutete Ordnung, entfernten das Seil von ihren Körpern und auch die Ohrenstöpsel.

Sie standen in einer kleinen Höhle, vor zwei riesigen Steintüren mit eisernen Klampen. Auch aus den Felswänden ringsum drang das seltsame grünliche Leuchten. Allanon wartete geduldig, bis alle sich erholt hatten, dann winkte er sie nach vorn.

Er blieb vor dem Steinportal stehen. Auf den schwachen Druck mit einer Hand öffneten sich die massiven Flügel weit. Die tiefe Stimme des Druiden war in der Stille nur ein Flüstern.

»Die Halle der Könige.«

Seit über tausend Jahren hatte niemand außer Allanon das verbotene Grabgewölbe betreten. Die ganze Zeit hindurch war es sonst unberührt geblieben - eine gigantische, kreisrunde Höhle mit glatten, polierten Riesenwänden; die Decke schimmerte in dem gleichen grünlichen Licht wie die Tunnels, die sie durchschritten hatten. An der gewölbten Wand der Riesenrotunda standen mit demselben trotzigen Stolz, den sie im Leben wohl auch gezeigt hatten, Steinstatuen der toten Herrscher, alle der Mitte der Kammer zugewandt, dem unheimlichen Altar, der sich in Form einer zusammengerollten Schlange dort erhob. Vor jeder Statue war der Toten Reichtum aufgehäuft, Kisten und Truhen voll kostbarer Steine und Metalle, Pelze, Waffen, allen Lieblingsgütern der Verstorbenen. In den Wänden unmittelbar hinter jeder Statue befanden sich die versiegelten rechteckigen Öffnungen mit den Überresten der Toten - Könige, ihre Familien, Dienerschaft. Inschriften über den verschlossenen Krypten meldeten die Geschichte der dort ruhenden Herrscher, häufig in Sprachen, die keiner der staunenden Wanderer kannte. Die ganze riesige Höhle war erfüllt von dem grünlichen Licht. Metall und Gestein schienen die Farbe zu schlucken. Auf allem lag Staub, eine dicke Schicht Steinpulver, die sich im Lauf der Jahrhunderte angesammelt hatte und jetzt in Weinen Wolken aufwallte, als die Schritte der Männer sie aufwühlten. Seit über tausend Jahren hatte niemand die Ruhe dieser uralten Höhle gestört, niemand an ihre Geheimnisse gerührt und es gewagt, die Türen zu öffnen, die die Toten und ihren Besitz schützten. Niemand außer Allanon.

Und nun...

Shea schauderte heftig, ohne es sich erklären zu können. Er durfte eigentlich nicht hier sein; er hörte eine ferne, schwache Stimme, die ihm das sagte. Die Halle der Könige war ein Grab - ein Grab für die uralten Toten, kein Ort für die Lebenden. Etwas faßte nach ihm, und er zuckte zusammen. Allanons Hand hatte seine Schulter berührt. Der Druide starrte ihn mit zusammengezogenen Brauen an und rief die anderen leise zu sich.

»Durch diese Türen am anderen Ende der Halle gelangt man zur Aula«, sagte er und lenkte ihre Blicke auf das andere Ende der Rotunda. »Eine breite Steintreppe führt hinab zu einem großen See, gespeist von einer Quelle, die irgendwo tief im Innern des Gebirges entspringt. Am Fuß der Treppe, direkt vor dem See, steht der Scheiterhaufen, wo die hier begrabenen Monarchen eine gewisse Anzahl von Tagen aufgebahrt lagen, je nach Rang und Reichtum, vermutlich, damit ihre Seelen ins Jenseits zu entkommen vermochten. Wir müssen diese Höhle durchschreiten, um den Tunnel zu erreichen, der uns zur Drachenfalte auf der anderen Seite des Gebirges führt.« Er machte eine Pause und atmete tief. »Als ich das erstemal diese Höhlen durchschritt, vermochte ich mich vor den Augen der Wesen zu verbergen, die hier sind, um Eindringlinge zu vernichten. Für euch kann ich das nicht tun. In der Aula ist etwas, dessen Macht die meine übertreffen mag. Es konnte mich zwar nicht wahrnehmen, aber ich spürte es in den Tiefen des Sees. Unter der Treppe, neben dem See, führen schmale Gänge zum anderen Ende der Höhle und zu den Tunnels dahinter. Diese Gänge sind die einzigen Wege, die am See vorbeiführen. Was immer den Scheiterhaufen auch bewachen mag, es wird sich dort auf uns stürzen. Balinor, Menion und ich werden den linken Gang benützen, um das Wesen aus seinem Versteck zu locken. Wenn wir angegriffen werden, führt Höndel die anderen auf dem rechten Weg hinaus. Bleibt nicht stehen, bis ihr die Drachenfalte erreicht habt. Versteht ihr?«

Sie nickten langsam. Shea fühlte sich in einer Falle gefangen, aber es hatte jetzt keinen Zweck, darüber zu reden. Allanon richtete sich zu seiner vollen Höhe von sieben Fuß auf und grinste drohend. Seine großen Zähne blitzten. Der kleine Talbewohner fühlte sich von einer Kälte durchzuckt, die ihn wieder einmal daran erinnerte, wie gut es war, nicht zu den Gegnern des Mystikers zu gehören. Balinor zog mit einer schnellen Bewegung sein großes Schwert, daß die Klinge klirrte. Höndel war schon unterwegs durch die Halle, den schweren Streitkolben in der Hand.

Menion wollte folgen, zögerte aber und blickte zweifelnd auf die aufgehäuften Schätze an den Gräbern. Konnte es schaden, wenn er etwas mitnahm? Die Talbewohner und Elfen folgten Höndel und Balinor. Allanon beobachtete den Hochländer, die Arme verschränkt. Menion drehte sich um und sah ihn fragend an.

»Das würde ich an Eurer Stelle nicht tun«, warte ihn Allanon.

»Alles ist überzogen mit einer Substanz, die für die Haut lebender Wesen giftig ist. Berührt etwas, und Ihr seid eine Minute später tot.«Menion starrte ihn einen Augenblick ungläubig an, warf noch einen kurzen Blick auf die Schätze und schüttelte resigniert den Kopf. Er hatte die Höhle halb durchschritten, als er plötzlich auf einen Gedanken kam. Er zog zwei lange, schwarze Pfeile aus dem Köcher und trat an eine offene Truhe voller Goldstücke.

Vorsichtig rieb er die Metallspitzen der Pfeile am Edelmetall, wobei er darauf achtete, mit den Händen nichts zu berühren als die gefiederten Pfeilenden. Er grinste zufrieden und kehrte zu den anderen zurück. Was jenseits der Steintüren auch warten mochte, es würde Gelegenheit bekommen, seine Widerstandsfähigkeit gegen das Gift zu beweisen, das angeblich für jedes Lebewesen tödlich war. Die Gruppe drängte sich um Allanon, mit kalt blinkenden Waffen. Eine Stille legte sich über die Umgebung, gestört nur von den Atemzügen der acht Männer. Shea warf noch einen Blick zurück auf die Halle der Könige. Die Gruft wirkte unberührt, bis auf die Spur von Fußabdrücken im Staub. Eine dichte Wolke des Staubes schwebte in der Luft, durchwoben von dem grünlichen Licht, und begann langsam auf den Boden zurückzusinken. Mit der Zeit würden alle Spuren ihres Hierseins wieder ausgelöscht werden.

Auf Allanons Berührung hin öffnete sich das steinerne Portal, und die Männer traten lautlos hinaus in die Aula. Sie standen auf einer hohen Plattform, die zu einem breiten Alkoven führte und dann in breiten Stufen nach unten ging. Die Höhle dahinter war riesig, eine ungeheure, hohe Kaverne, die immer noch die volle, unveränderte Pracht ihrer groben, natürlichen Schöpfung durch die bedächtigen Hände der Natur zeigte. Von der hohen Decke hingen gezackte Stalaktiten, Steinzapfen, gebildet vom Wasser und den Steinablagerungen der Jahrtausende. Unter diesen Gebilden lag ein langer, rechteckiger See in Form eines Beckens, gefüllt mit tiefem, grünem Wasser, die Oberfläche glatt und glasartig.