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Jetzt war es vorbei damit. Menion biß sich in hilflosem Zorn auf die Unterlippe und setzte sein ruheloses Hin- und Herwandern fort.

Die anderen hatten sich am Fuß der Drachenfalte versammelt, die wenige Meter hinter ihnen endete. Durin und Dayel sprachen halblaut miteinander, die zarten Elfenzüge umdüstert von Sorge, die Blicke gesenkt. In der Nähe, an einen großen Felsblock gelehnt, ruhte sich Höndel aus, der, von Natur aus schon schweigsam, nun unzugänglich war. Schulter und Bein waren verbunden, sein Gesicht von dem Kampf mit dem Drachen zerschrundet. Er dachte kurz an seine Heimat, an die wartende Familie, und wünschte sich für einen Augenblick, das Grün von Culhaven noch einmal sehen zu können, bevor es zu Ende ging.

Er wußte, daß sein Land ohne das Schwert von Shannara und ohne Shea, es zu führen, von den Armeen aus den Nordländern überrannt werden würde. Höndel war nicht allein mit solchen Gedanken. Balinor dachte Ähnliches, den Blick auf den einsamen Riesen gerichtet, der in einem kleinen Hain abseits von den anderen stand und sich nicht bewegte. Er wußte, daß sie nun vor einer Entscheidung standen, die eigentlich keine war. Sie mussten ihre Unternehmen entweder aufgeben, umkehren und versuchen, ihre Heimatländer zu erreichen und vielleicht Shea zu finden, oder nach Paranor weitergehen und das Schwert von Shannara ohne den mutigen jungen Mann an sich bringen. Eine schwierige Wahl, die keinen befriedigen konnte, wie sie auch ausfallen mochte. Er schüttelte traurig den Kopf, als er an den bitteren Streit zwischen sich und seinem Bruder dachte. Er mußte seine eigene Entscheidung fällen, wenn er nach Tyrsis zurückkehrte - und sie würde nicht erfreulich sein. Er hatte mit den anderen nicht darüber gesprochen, und im Augenblick waren seine persönlichen Probleme von nachgeordneter Bedeutung.

Plötzlich fuhr der Druide herum und kam zu ihnen zurück, offenbar zu einem Entschluß gelangt. Das schwarze Gewand umwallte ihn, das scharfe, dunkle Gesicht wirkte selbst in diesem Augenblick der bitteren Niederlage entschlossen. Menion war im Gehen erstarrt, und sein Herz schlug heftig, als er auf die Konfrontation wartete, die bevorstand, denn der Hochländer hatte seine eigene Entscheidung getroffen und argwöhnte, daß sie anders ausgefallen sein mochte als die Allanons. Flick entdeckte den Auf lug von Furcht im Gesicht des Prinzen von Leah, sah dort aber auch einen unerschütterlichen Mut. Alle standen zögernd auf und traten zusammen, als die schwarze Gestalt herankam.

Ihre erschöpften, entmutigten Gemüter wurden plötzlich von einer wilden Entschlossenheit belebt, die Niederlage nicht hinzunehmen. Sie konnten nicht wissen, was Allanon beschlossen hatte, aber sie begriffen, daß sie zu weit gekommen waren und zu viel geopfert hatten, um jetzt aufgeben zu können.

Er stand vor ihnen, mit glühenden Augen, das umschattete Gesicht glich einer Granitwand von fundamentaler Kraft. Als er zu sprechen begann, tönten seine Worte eisig und scharf durch die Stille.

»Es mag sein, daß wir geschlagen sind, aber jetzt umzukehren, hieße, uns in unseren eigenen Augen zu entehren und nicht nur das, sondern auch jene zu enttäuschen, die sich auf uns verlassen.

Wenn wir von dem Bösen im Nordland besiegt werden sollen, von Wesen aus der Geisterwelt, müssen wir uns dem stellen. Wir können nicht zurückweichen und auf ein Wunder hoffen, das zwischen uns treten möge. Wenn der Tod kommt, soll er uns mit gezückten Waffen und dem Schwert von Shannara in unserer Hand finden!« Er stieß den letzten Satz mit solch eisiger Entschlossenheit hervor, daß sogar Balinor ein Prickeln der Erregung verspürte. Alle bewunderten stumm die unbezähmbare Kraft des Druiden und waren plötzlich stolz darauf, mit ihm zusammen zu sein, zu der kleinen Gruppe zu gehören, die er für dieses gefährliche und kostspielige Unternehmen ausgesucht hatte.

»Und was ist mit Shea?« sagte Menion plötzlich, ein wenig scharf vielleicht, als die durchdringenden Augen des Druiden sich auf ihn richteten. »Was ist aus Shea geworden, der überhaupt der Anlaß für diese Expedition gewesen ist?«

Allanon schüttelte langsam den Kopf.

»Ich weiß nicht mehr als Ihr. Er wurde vom Bergfluß fortgespült zur Ebene. Vielleicht ist er am Leben geblieben, vielleicht auch nicht, aber wir können jetzt nichts für ihn tun.«

»Was Ihr vorschlagt, ist, daß wir ihn vergessen und das Schwert an uns zu bringen versuchen — ein nutzloses Stück Metall ohne den rechtmäßigen Träger!« schrie Menion aufgebracht.

»Nun, ich gehe keinen Schritt weiter, bis ich weiß, was mit Shea geschehen ist, selbst wenn das heißt, die Suche aufzugeben und nach ihm zu forschen, bis ich ihn finde. Ich lasse meinen Freund nicht im Stich!«

»Seid vorsichtig, Hochländer«, warnte die ruhige, spöttische Stimme Allanons. »Macht keine Dummheiten. Mir die Schuld an Sheas Verlust zu geben, ist sinnlos, denn ich vor allem wünschte ihm nichts Böses. Was Ihr sagt, entbehrt jeder Vernunft.«

»Genug weise Worte, Druide!« stieß Menion hervor und richtete sich höher auf. »Wir sind Euch wochenlang gefolgt, durch Dutzende von Ländern und Gefahren, ohne ein einzigesmal an Euren Befehlen zu zweifeln. Aber das ist zu viel für mich. Ich bin ein Prinz von Leah, nicht irgendein Bettler, der gehorsam tut, was man ihm befiehlt, und an niemanden denkt, als an sich selbst!

Meine Freundschaft mit Shea bedeutete Euch nichts, aber für mich war sie wichtiger als hundert Schwerter von Shannara. Geht beiseite! Ich suche meinen eigenen Weg!«

»Narr, Ihr seid weniger ein Prinz als vielmehr ein Dummkopf, wenn Ihr sprecht!« zischte Allanon. Sein Gesicht war zu einer Maske des Zorns erstarrt, die großen Hände ballten sich zu Fäusten.

Die anderen erblaßten, als die beiden sich in ungezähmter Wut anschrien. Dann, als sie spürten, daß eine körperliche Auseinandersetzung drohte, traten sie dazwischen, redeten hastig auf sie ein, versuchten sie zu besänftigen, aus Angst, ein Riß in der Gemeinschaft könne jede Aussicht auf Erfolg zunichte machen.

Flick allein hatte sich nicht geregt, denn seine Gedanken weilten immer noch bei seinem Bruder, und es ekelte ihn vor der Hilflosigkeit, mit der er den Dingen gegenüberstand. Als Menion das Wort ergriffen hatte, war ihm klargeworden, daß Menion auch seine eigene Meinung ausdrückte und daß ebenfalls er nicht weiterziehen würde, ehe er nicht wußte, was mit Shea geschehen war. Aber Allanon schien immer so viel mehr als alle anderen zu wissen, daß seine Entscheidungen stets richtig waren. Die Worte des Druiden ganz zu mißachten, schien falsch zu sein. Flick rang für Augenblicke mit sich selbst und versuchte zu erkennen, was Shea in dieser Lage getan, was er den anderen empfohlen hätte.

Dann wußte er plötzlich die Antwort, fast, ohne es selbst zu begreifen.

»Allanon, es gibt einen Weg«, sagte er abrupt, so laut, daß er die Stimmen der anderen übertönte. Sie starrten ihn alle an, erstaunt von seiner Entschlossenheit. Allanon nickte, um zu zeigen, daß er zuhörte. »Ihr habt die Macht, mit den Toten zu reden.

Wir haben es im Tal erlebt. Könnt Ihr nicht sagen, ob Shea noch am Leben ist? Eure Macht ist groß genug, die Lebenden zu entdecken, wenn Ihr die Toten wecken könnt. Ihr könnt sagen, wo er ist, nicht wahr?«

Alle richteten die Blicke auf den Druiden. Allanon seufzte schwer und starrte auf den Boden.

»Ich könnte es tun«, erwiderte er zu aller Erleichterung und Verblüffung, »aber ich werde es nicht tun. Wenn ich meine Macht gebrauche, um festzustellen, wo Shea ist, ob er noch lebt oder nicht, werde ich dem Dämonen-Lord und den Schädelträgern unsere Anwesenheit verraten. Sie wären aufmerksam gemacht und würden in Paranor auf uns warten.«

»Falls wir nach Paranor gehen«, warf Menion grimmig ein, worauf Allanon wütend herumfuhr. Wieder sprangen alle dazwischen.