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»Aufhören, aufhören!« schrie Flick zornig. »Das hilft keinem, am allerwenigsten Shea. Allanon, ich habe auf der ganzen Reise nie etwas verlangt. Ich hatte kein Recht dazu; ich war aus eigenem Entschluß dabei. Aber jetzt besitze ich das Recht, weil Shea mein Bruder ist, vielleicht nicht dem Blut oder der Rasse nach, aber gewiß durch gleich starke Bande. Wenn Ihr Eure Macht nicht gebrauchen wollt, herauszufinden, wo er ist und was mit ihm geschehen sein mag, gehe ich mit Menion und suche Shea.«

»Er hat recht, Allanon.« Balinor nickte langsam und legte seine schwere Hand auf die Schulter des kleinen Talbewohners. »Was immer auch mit uns geschehen mag, diese beiden haben ein Recht, zu wissen, ob Shea noch eine Chance hat. Ich weiß, was es bedeutet, wenn wir entdeckt werden, aber ich sage, wir müssen dieses Risiko eingehen.«

Durin und Dayel nickten heftig. Der Druide warf einen Blick auf Höndel, um auch seine Meinung zu erkunden, aber der schweigsame Zwerg regte sich nicht und starrte nur in die schwarzen Augen des anderen. Allanon sah alle der Reihe nach an und schien ihre wahren Gefühle zu ergründen, während er an das Risiko dachte, während er den Wert des Schwertes abwog gegen den Verlust von zwei weiteren Mitgliedern der Gruppe. Er starrte zerstreut in die untergehende Sonne, als die Dämmerung langsam herabsank und sich mit dem Rot und Purpur des vergehenden Tages vermischte. Es war eine lange, harte Reise gewesen, und sie hatten dafür nichts vorzuweisen- nur den Verlust des Mannes, um den das Ganze unternommen worden war. Er nickte sinnend vor sich hin, dann blickte er wieder auf die anderen und sah ihre Augen plötzlich aufleuchten, weil sie glaubten, er stimme Flicks Forderung zu. Der hochgewachsene Wanderer nickte entschieden mit dem Kopf, ohne auch nur die Spur eines Lächelns zu zeigen.

»Wie ihr wollt. Ich werde tun, was ihr verlangt. Tretet zurück und sprecht mich nicht an, bis ich es euch sage.«

Die anderen wichen zurück, während er regungslos an seinem Platz stehen blieb, den Kopf gesenkt, die langen Arme verschränkt, die großen Hände im schwarzen Umhang vergraben.

Nur die fernen Laute des Abends waren in der zunehmenden Düsternis vernehmbar. Dann erstarrte der Druide, und ein weißes Leuchten breitete sich um seinen angespannten Körper aus, eine blendende Aura, vor der die anderen die Augen zusammenkniffen und sie dann mit den Händen bedeckten. Für einen Moment war das Leuchten überall, die dunkle Gestalt Allanons entzog sich dem Blick, im nächsten Augenblick blitzte es hell auf und war verschwunden. Allanon stand da wie vorher, regungslos vor der Dunkelheit, dann sank er langsam zu Boden, eine Hand auf die Stirn gepreßt. Die anderen zögerten nur kurz, dann mißachteten sie seinen Befehl und stürzten vor, befürchtend, er könne verletzt sein. Allanon blickte mißbilligend auf, erbost darüber, daß sie sich nicht an seine Anweisung hielten, aber dann sah er in den vorgebeugten Gesichtern tiefe Sorge. Er riß ungläubig die Augen auf, in plötzlichem Begreifen. Er war tief gerührt, und eine fremdartige Wärme breitete sich in ihm aus, als ihm klar wurde, welche Loyalität ihm diese sechs Männer von verschiedenen Rassen aus verschiedenen Ländern, mit verschiedenen Lebensweisen immer noch entgegenbrachten. Zum ersten Mal, seitdem sie Shea verloren hatten, spürte Allanon so etwas wie Erleichterung. Er raffte sich mühsam auf, ein wenig auf Balinors starken Arm gestützt, noch immer geschwächt von dem Bemühen, Shea zu finden. Er stand einen Augenblick still da, dann lächelte er schwach.

»Unser junger Freund lebt wirklich noch, wenngleich ich dieses Wunder nicht erklären kann. Ich habe seine Lebenskraft auf der anderen Seite des Gebirges gespürt, wahrscheinlich irgendwo in der Nähe des Flusses, der ihn zu den östlichen Ebenen geführt hat. Es waren andere bei ihm, aber ich konnte ohne gründliche Sondierung nicht erkennen, welche Absichten sie verfolgten.

Das hätte uns nun endgültig verraten und mich so geschwächt, daß ich praktisch nutzlos geworden wäre.«

»Aber er lebt, Ihr seid Euch dessen gewiß?« fragte Flick eifrig.

Allanon nickte. Die ganze Gruppe grinste sich an. Menion schlug Flick auf die Schulter und vollführte einen kleinen Freudentanz.

»Dann ist die Frage beantwortet«, sagte der Prinz von Leah strahlend. »Wir müssen zurück über die Drachenzähne, um ihn zu finden, hierauf ziehen wir nach Paranor, um das Schwert zu holen.« Sein Lächeln verschwand, sein Gesicht wurde lang, als Allanon entschieden den Kopf schüttelte. Die anderen starrten Allanon entgeistert an.

»Shea ist in den Händen einer Gnomen-Patrouille«, erklärte Allanon. »Er wird nach Norden gebracht, höchstwahrscheinlich nach Paranor. Wir könnten nicht zu ihm gelangen, ohne uns durch die bewachten Pässe der Drachenzähne erneut durchzuschlagen und ihm auf den von Gnomen durchstreiften Ebenen nachzuspüren. Wir wären Tage aufgehalten, wenn nicht länger, und man würde uns schnell auf die Spur kommen.«

»Es gibt keine Garantie, daß sie nicht schon über uns Bescheid wissen«, schrie Menion aufgebracht. »Das habt Ihr selbst gesagt.

Was nützt es Shea, wenn er in die Hände des Dämonen-Lords fällt? Was nützt uns das Schwert ohne seinen Träger?«

»Wir können ihn nicht im Stich lassen«, sagte Flick und trat wieder vor.

Die anderen sagten nichts, sondern warteten stumm auf Allanons Erklärung. Die Dunkelheit hatte das Bergland nun ganz eingehüllt, und die Männer konnten sich gegenseitig kaum noch erkennen; der Mond war hinter riesigen Gipfeln verborgen.

»Ihr habt die Prophezeiung vergessen«, mahnte Allanon geduldig.

»Der letzte Teil behauptete, einer von uns werde die andere Seite der Drachenzähne nicht sehen, aber als erster die Hand auf das Schwert von Shannara legen. Wir wissen, daß Shea damit gemeint war. Außerdem sagte die Prophezeiung, wir, die wir die andere Seite des Gebirges erblickten, würden das Schwert vor Augen haben, bevor zwei Nächte vergingen. Es hat ganz den Anschein, als sollte uns das Schicksal alle zusammenführen.«

»Das mag für Euch genügen, aber nicht für mich«, sagte Menion kalt, während Flick eifrig nickte. »Wie können wir auf etwas vertrauen, was uns ein Geist versprochen hat? Ihr verlangt von uns, daß wir Sheas Leben aufs Spiel setzen.«

Allanons Zorn schien wieder aufwallen zu wollen, dann bezähmte er aber sein aufbrausendes Temperament, sah die beiden ruhig an und schüttelte enttäuscht den Kopf.

»Habt ihr nicht von Anfang an einer Legende geglaubt?« fragte er leise. »Habt ihr nicht selbst gesehen, welchen Platz die Geisterwelt in eurer Welt von Fleisch und Blut, Erde und Gestein gefunden hat? Haben wir nicht von Anfang an gegen Wesen, erstanden aus dieser anderen Existenz, gekämpft, Wesen, die Kräfte besitzen, wie sie Sterblichen gewiß nicht gegeben sind? Ihr habt die Macht der Elfensteine erlebt. Weshalb wendet ihr euch nun von all dem ab, zugunsten von Dingen, die euch euer begrenzter Menschenverstand eingibt - ein Denkprozeß, der sich auf Fakten und Reize dieser Welt stützt, eurer materiellen Welt, unfähig, sich in eine Existenz zu versetzen, wo selbst eure grundlegendsten Erkenntnisse keinen Sinn in sich bergen?«

Sie starrten ihn stumm an und sahen ein, daß er recht hatte, zögerten aber immer noch, ihren Plan zur Auffindung Sheas fallenzulassen. Die ganze Reise war gegründet gewesen auf halben Träumen und alten Legenden, und plötzlich auf das Praktische umschwenken zu wollen, war im Grunde eine unsinnige Idee.

Flick hatte es an dem Tag, als er erstmals voll Furcht aus dem Shady Vale geflüchtet, aufgegeben, praktisch zu denken.

»Ich würde mir keine Sorgen machen, meine jungen Freunde«, sagte Allanon beruhigend und legte auf die Schulter von jedem eine schmale Hand. »Shea hat die Elfensteine bei sich, und ihre Macht wird ihn schützen. Vielleicht führen sie ihn auch zum Schwert, da sie darauf eingestimmt sind. Mit etwas Glück finden wir ihn in Paranor, zusammen mit dem Schwert. Alle Straßen führen jetzt zur Festung der Druiden, und wir müssen dafür sorgen, daß wir zur Stelle sind, um Shea zu helfen, so gut wir können.«