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Die anderen hatten ihre Waffen und kleinen Rucksäcke aufgenommen und standen bereit, schattenhafte Silhouetten im schwachen Sternenlicht, feingezeichnete Bleistiftumrisse vor der Schwärze des Gebirges. Flick blickte nach Norden zu dem dunklen Wald, der das Tiefland hinter den Drachenzähnen bedeckte.

In seiner Mitte, emporragend wie Obeliske, waren die Klippen von Paranor, und auf ihrem Scheitelpunkt stand die Druidenfestung mit dem Schwert von Shannara. Das Ende der Suche. Flick blickte kurze Zeit ruhig auf die einsame Zinne, dann wandte er sich Menion zu. Der Hochländer nickte widerstrebend.

»Wir gehen mit dir.« Flicks Stimme war ein gedämpftes Flüstern in der Stille.

Die wirbelnden Wasser des reißenden Stroms tobten gegen die einengenden Mauern ihres Gebirgskanals, wüteten und hämmerten ihren Weg gen Osten, rissen Treibholz und Strandgut mit, das ihnen zur Beute geworden war. Sie fegten in großen Stromschnellen aus dem Gebirge hinab, glatt geschliffene Steinblocke und plötzliche Biegungen umbrodelnd, in weiten Schleifen dem stillen Zug friedlicher Flüsse entgegen, die sich in den hügeligen Landschaften über den Rabb-Ebenen verzweigten. In einem dieser kleinen, ruhigen Nebenflüsse wurde der mit dem Ledergürtel noch immer an den gesplitterten Baumstamm gebundene Mann schließlich auf einer Sandbank angeschwemmt, bewußtlos, fast ertrunken. Seine Kleidungsstücke waren zerfetzt und zerrissen, die Lederstiefel weggerissen, das nasse Gesicht aschfahl und blutverschmiert von der Wucht der Stromschnellen.

Er wurde wach und begriff endlich, daß er Land erreicht hatte. Er löste sich mit kraftlosen Händen von dem Baumstamm, kroch auf Händen und Knien ans Ufer und in das hohe Gras eines niedrigen Hügels. Wie im Reflex tasteten die zerschundenen Hände nach dem Lederbeutel an seiner Hüfte; zu seiner Erleichterung war er noch da, mit den Lederschnüren fest angebunden.

Einen Augenblick später verfiel er in einen tiefen, willkommenen Schlaf, zu Tode erschöpft.

Er schlief fest in der Wärme und Stille des Tages bis zum späten Nachmittag, als das abkühlende Gras, vom zunehmenden Wind in sein Gesicht geweht, ihn weckte. Da war noch etwas anderes auch, etwas in seinem nun ausgeruhten Gemüt, das ihn plötzlich vor Gefahr warnte. Aber er konnte seinen erschlafften Körper kaum halb aufrichten, als eine Gruppe von zehn oder zwölf Gestalten auf dem Hügelkamm über ihm auftauchte; sie blieben verwundert stehen, als sie ihn sahen, und rannten dann den Hang hinab. Statt ihn vorsichtig nach Verletzungen zu untersuchen, warfen sie ihn erneut zu Boden, rissen ihm die Arme hinter den Rücken und fesselten sie mit Lederschnüren, die in die ungeschützte Haut schnitten. Auch seine Füße wurden gefesselt, und endlich drehte man ihn auf den Rücken, so daß er seine Gegner sehen konnte. Seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich augenblicklich. Die knorrigen gelben Gestalten, in Waldbewohnerkleidung, bewaffnet mit kurzen Schwertern, waren nach Menions Beschreibung des Zwischenfalls erst Tage zuvor im Jade-Paß leicht wiederzuerkennen. Er blickte angstvoll in die scharfen Gnomenaugen, die einigermaßen erstaunt seine halb menschlichen, halb elfenhaften Züge registrierten, seine zerfetzte Südländer-Kleidung. Der Anführer bückte sich und begann ihn gründlich zu durchsuchen. Shea wehrte sich, erntete aber nur Schläge, und rührte sich endlich nicht mehr, als der Gnom den kleinen Lederbeutel mit den kostbaren Elfensteinen an sich nahm.

Die Gnome versammelten sich neugierig, als die drei blauen, in der warmen Sonne hell leuchtenden Steine in die Hand des Anführers purzelten. Es gab eine kurze Diskussion, von der Shea kein Wort verstand. Man entschied endlich, den Gefangenen und die Steine nach Paranor zu bringen und Höhergestellte zu informieren.

Die Gnomen zerrten den Gefangenen hoch, durchschnitten die Fesseln an seinen Füßen und trieben ihn nach Norden, gelegentlich mit Stößen, wenn er vor Erschöpfung langsamer wurde. Bei Sonnenuntergang, als auf der anderen Seite der Drachenzähne der Druiden-Führer einer kleinen, entschlossenen Schar sich bemühte, den Aufenthalt des Vermißten ausfindig zu machen, waren sie noch immer unterwegs nach Norden.

In den frühen Morgenstunden, in der alles überdeckenden Stille der Dunkelheit, verborgen von den Schatten der dichten Wälder, die das beruhigende Licht von Mond und Sternen fernhielten, stand die Gruppe endlich vor den Klippen Paranors. Es war ein Moment, der für immer in ihrer Erinnerung eingeprägt sein sollte, als erwartungsvolle Augen hinaufsahen zu den steilen Felswänden, hinauf und vorbei an den hier zwergenhaft erscheinenden hohen Fichten und Eichen, die schlagartig aufhörten, als die Felsklippen begannen, noch weiter hinaufreichend zu dem Bauwerk von Menschenhand auf dem Scheitelpunkt - der Festung der Druiden. Die Festung war eine Art Burg, mit uralten Mauern aus Steinblöcken, aufsteigend zu spitzen Türmen und Spiralzinnen, die stolz in den Himmel hinaufragten. Unverwechselbar eine Festung, erbaut, um dem Ansturm selbst der mächtigsten Armee zu widerstehen. Das alte Heim und die Zuflucht der fast ausgerotteten Rasse von Menschen, genannt Druiden. Im Innersten dieser Bastion aus Stein und Eisen ruhte das Mahnmal an den Triumph des Menschen über die Kräfte der Geisterwelt, das Symbol für den Mut und die Hoffnung der Rassen in alter Zeit, vergessen im Lauf der Jahre, als Generationen dahingegangen und alte Legenden gestorben waren - das wunderhafte Schwert von Shannara.

Als die sieben Männer dastanden und die Druidenfestung betrachteten, gingen Flicks Gedanken zurück zu den Ereignissen, die stattgefunden hatten, seitdem sie bei Sonnenuntergang das Gebirge hinter sich gelassen hatten. Sie waren schnell durch das freie Grasland gezogen, das sie vom Wald um Paranor trennte, und hatten nach wenigen Stunden ohne Zwischenfall den dunklen Waldrand erreicht. Allanon unterrichtete sie dann darüber, was nun bevorstünde. Der Wald, sagte er, sei undurchdringlich, wenn man es nicht verstünde, die gefährlichen Hindernisse zu meiden, die der Dämonen-Lord geschaffen hatte, um jeden Versuch zu ersticken, die Druidenfestung zu erreichen. Wölfe streiften durch das ganze Waldgebiet, riesige, graue Bestien, die alles, was auf zwei oder vier Beinen lief, einholen und binnen Augenblicken zerreißen könnten. Nach den Wölfen, am Fuß der Klippen unter der Festung, befinde sich eine undurchdringliche Barriere von Dornengewächsen, überzogen mit einem Gift, für das es keine Heilung gebe. Aber der einfallsreiche Druide war vorbereitet.

Sie schritten eilig in den schwarzen Wald, ohne sich die Mühe zu machen, einen anderen als den direkten Weg zu suchen, geradewegs auf die Festung zu. Allanon forderte sie auf, ganz in seiner Nähe zu bleiben, wiewohl diese Warnung unnötig war.

Nur Menion schien es zu drängen, den anderen vorauszueilen, aber beim ersten Laut der räuberischen Wölfe kam auch er schnell zu den anderen zurück. Die großen, grauen Tiere griffen an, Minuten nachdem die Männer in den Wald eingedrungen waren. Ihre Augen in der Dunkelheit waren blutrot, die mächtigen Kiefer schnappten haßerfüllt. Aber bevor die Bestien die erschrockene Gruppe erreichen konnten, führte Allanon eine fremdartige kleine Pfeife an die Lippen und blies hinein. Ein Ton, so hoch, daß die Männer ihn nicht hören konnten, stoppte die fauchenden Wölfe augenblicklich; sie kehrten um, stießen klagende Laute aus und hetzten wimmernd davon, bis sie verschwunden waren.

Zweimal tauchten die Wölfe während der Wanderung noch auf, es war aber nicht zu erkennen, ob es dasselbe Rudel war oder ein anderes. Flick neigte zu der Ansicht, es müsse sich um andere Tiere handeln, nachdem er die Wirkung des Pfeiftons miterlebt hatte. Jedesmal stoben die Bestien furchtsam davon und ließen die Wanderer in Frieden. Man erreichte die Dornenbarriere ohne Schwierigkeiten. Die starrende Masse giftiger Stacheln vor ihnen erschien jedoch wahrhaft undurchdringlich, selbst für den vielseitigen Allanon. Wieder erinnerte er sie daran, daß dies das Heimatland der Druiden, nicht des Dämonen-Lords sei. Er führte sie nach rechts an der Barriere entlang bis zu einer Stelle, die ihm die richtige zu sein schien. Er schritt eine bestimmte Strecke von einer nahen Eiche ab, die Flick ganz wie jede andere Eiche vorkam, markierte am Boden vor dem dornigen Hindernis eine Stelle und bedeutete den anderen durch ein Nicken, daß hier der Zugang sei. Zu aller Verblüffung ging der schwarze Zauberer dann einfach auf die nadelspitzen Stacheln zu und verschwand in der Vegetation, nur um Augenblicke später unverletzt wieder aufzutauchen. Mit leiser Stimme erklärte er, daß die Barriere an dieser Stelle lediglich eine Täuschung und harmlos sei, ein geheimer Durchgang zur Festung. Es gebe noch andere, für menschliche Augen alle unsichtbar, wenn diese nicht wußten, worauf zu achten sei. Und so zog die Gruppe durch das Hindernis, entdeckte, daß die Stacheln wirklich harmlos waren, und stand endlich vor den Mauern Paranors.