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Es erschien Flick noch immer unfaßbar, daß sie wirklich hierhergelangt waren. Die Reise war endlos erschienen, die Gefahren hatte man nicht wirklich überwunden, sondern nur umgangen, um letztlich immer wieder auf neue zu stoßen. Aber hier standen sie nun trotzdem. Alles, was noch übrigblieb, war, die Klippen zu erklimmen und das Schwert zu ergreifen, keine einfache Aufgabe, aber auch nicht schwerer als alle anderen, die sie angepackt und bewältigt hatten. Er blickte hinauf zu den Burgbastionen, betrachtete kurz die in Abständen angebrachten Fackeln und wußte, daß der Feind die Mauern und das Schwert in ihrem Inneren bewachte. Er fragte sich, wer und was der Feind war. Nicht die Gnome oder Trolle, sondern der eigentliche Feind - das Wesen, das in eine andere Welt gehörte, aber auf irgendeine unerklärliche Weise in die hiesige eingedrungen war, um die Menschen, die sie bewohnten, zu versklaven. Er fragte sich verschwommen, ob er je den Grund für all das erfahren würde, was ihnen zugestoßen war, den Grund dafür, daß sie nun hier standen, auf der Jagd nach dem legendären Schwert von Shannara, über das keiner außer dem Druiden etwas wußte. Er spürte, daß die ganze Geschichte irgendwo eine Moral hatte, aber im Augenblick entzog sie sich ihm. Er wollte nichts anderes, als die Sache hinter sich bringen und lebendig davonkommen.

Sein Gedankengang endete abrupt, als Allanon sie an den steilen Felswänden entlangwinkte. Auch hier schien der Druide etwas zu suchen. Einige Minuten danach blieb er vor einem glatten Teil der Wand stehen, berührte eine Stelle im Gestein, und eine verborgene Tür öffnete sich zu einem Geheimgang. Allanon trat kurz hinein und kam mit Fackeln zurück, die er verteilte. Sie traten alle in den Gang, und die Steintür schloß sich lautlos hinter ihnen. In der Beinahe-Dunkelheit sahen sie undeutlich Steinstufen, die nach oben führten, kaum erkennbar im trüben Licht einer einsamen Fackel. Sie stiegen vorsichtig dort hinauf, und jeder entzündete seine Fackel an der Flamme. Allanon legte den Finger an die Lippen und stieg als erster die feuchten Stufen hinauf. Sein schwarzer Umhang blähte sich ein wenig, und sein Schatten füllte den ganzen, steil nach oben führenden Tunnel aus. Die anderen folgten ihm wortlos. Der Angriff auf die Druidenfestung hatte begonnen.

Die Treppe führte in einer endlosen Spirale hinauf, eine Wende nach der anderen, bis sie nicht mehr wußten, wie weit sie schon gekommen sein mochten. Die Luft im Gang wurde langsam wärmer und ließ sich besser atmen, die Feuchtigkeit an Wänden und Stufen schwand immer mehr. Ihre schweren Lederjagdstiefel scharrten leise auf dem Gestein, und die Schritte hallten dumpf durch das Gewölbe. Hunderte von Stufen und viele Minuten später erreichten sie das Ende des Tunnels, vor sich eine massive Holztür mit Eisenbeschlägen, eingelassen in den Fels. Allanon bewies erneut, daß er den Weg kannte. Eine einzige Berührung, und die Tür ging lautlos auf, so daß die Männer in eine große Kammer treten konnten, aus der viele Gänge hinausführten, alle von lodernden Fackeln gut erleuchtet. Ein schneller Blick in die Runde zeigte, daß niemand in der Nähe war, und Allanon versammelte die Männer um sich.

»Wir befinden uns direkt unter der eigentlichen Burg«, flüsterte er, während die anderen sich herandrängten. »Wenn wir den Raum, in dem das Schwert von Shannara ruht, ungesehen zu erreichen vermögen, können wir vielleicht ohne Kampf entkommen.«

»Irgend etwas stimmt nicht«, warnte Balinor kurz. »Wo sind die Wachen?«

Allanon schüttelte den Kopf, aber die anderen sahen die Besorgnis in Balinors Augen. Hier stimmte wahrhaftig etwas nicht.

»Den Gang, den wir nehmen, führt zu den Heizungsschächten und einer Hintertreppe zur Haupthalle. Sagt nichts mehr, bis wir dort sind, haltet die Augen offen!« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten zu einem der offenen Tunnels, eilig gefolgt von den anderen. Das flackernde Licht der Fackeln in eisernen Haltern warf .ihre Schatten an die steinernen Wände. Balinor zog sein Breitschwert, und die anderen folgten seinem Beispiel. Sie schlichen wachsam durch die uralten Tunnels - der Druide, die beiden Prinzen, der Talbewohner, die Elfenbrüder und der Zwerg -, alle angespannt von höchster Wachsamkeit, erfaßt von der Erregung am Ende einer langen Jagd. Größere Abstände zwischen sich, an den Wänden des Ganges dahinschleichend, die Waffen in Bereitschaft, Augen und Ohren offen für jede Andeutung von Gefahr, huschten sie weiter, höher hinauf, tiefer in das Innere der Druidenfestung.

Dann trat die Stille langsam in den Hintergrund, und man hörte ein gedämpftes Geräusch wie schweres Atmen, während es merklich heißer wurde. Der Gang endete, und eine Steintür mit Eisenklinke tauchte auf, die Umrisse durch grelles Licht aus der Kammer dahinter scharf gezeichnet. Das geheimnisvolle Geräusch wurde lauter und wurde erklärbar. Es war das pulsierende Summen von Maschinen, die in gleichmäßigem Rhythmus stampften. Die Männer näherten sich auf Allanons stummen Wink vorsichtig der geschlossenen Tür.

Als der riesige Druide die schwere Tür öffnete, drang den Ahnungslosen ein Schwall heißer Luft entgegen, die sengend in die Lungen drang und in der Magengrube hängenzubleiben schien.

Nach Atem ringend, zögerten sie kurz und traten dann widerwillig in den Raum. Der Raum war im Grunde nicht viel mehr als eine Art kreisförmiger Lauf gang über einer tiefen Grube, die weit über dreißig Meter ins Gestein hinabführte. Am Grund loderte ein gigantisches Feuer, das von einer unbekannten Quelle gespeist wurde und dessen orange- und dunkelrote Flammen den Schacht hinauf züngelten. Oben am Innenrand verlief nur der kleine Laufgang, etwa einen Meter breit, mit einem niedrigen Eisengeländer. Von Decke und Wänden leiteten Heizungsschächte die Wärme in andere Teile des Gebäudes. Ein unsichtbares Pumpensystem steuerte die vom offenen Schmelzofen erzeugte Wärmemenge. Jetzt, in der Nacht, war das Pumpensystem stillgelegt und die Hitze auf dem Laufgang noch erträglich.

Wenn die Blasebälge voll in Betrieb waren, hätte der Aufenthalt in der Kammer für jeden. Menschen den sicheren Tod bedeutet.

Menion, Flick und die Elfenbrüder blieben am Geländer stehen, um das System genauer zu betrachten. Höndel hielt sich im Hintergrund; ihm war unbehaglich in dem Felsbauwerk, und er vermißte die freien Wälder, mit denen er vertraut war. Allanon trat zu Belinor und sprach kurz mit ihm, blickte auf mehrere geschlossene Türen, die zu den Kammern führten, und deutete auf die offene Wendeltreppe, die zu den oberen Hallen der Burg führte. Schließlich schienen die beiden Männer sich zu einigen, sie nickten einander zu und winkten den anderen, nachzukommen.

Höndel war nur allzu froh darüber. Menion und die Elfenbrüder traten vom Geländer zurück, um sich ihm anzuschließen.

Nur Flick zögerte noch, auf seltsame Weise von dem Lodern in der Grube fasziniert. Als er den Kopf hob, um zur anderen Seite der Kammer hinüberzublicken, sah er die dunklen Umrisse eines Schädelträgers aus dem Nichts auftauchen.

Flick erstarrte. Das Wesen verharrte halb geduckt auf der anderen Seite, sein Leib war eine schwarze Masse selbst im Licht des Grubenfeuers, während die capeartigen Schwingen sich hinter ihm ein wenig wölbten. Die Beine waren krumm, und die Füße endeten in gefährlich aussehenden Krallen, die fähig schienen, das Gestein selbst zu zerfetzen. Tief eingezogen zwischen mächtigen Schultern, hatten Kopf und Gesicht entfernte Ähnlichkeit mit zerschrundeter Kohle. Die heimtückischen Augen richteten sich auf den sprachlosen Talbewohner, und ihre Tiefen lockten ihn näher an das rötliche Glühen, das in ihnen funkelte, eine offene Einladung zum Tod. Mit langsamen, schleppenden Schritten ging es um die Kammer herum, und sein Atem rasselte, als es dem angewurzelten Flick immer näherkam. Er wollte aufschreien, davonstürzen, alles, nur nicht bleiben, wo er war, aber die unheimlichen Augen hielten ihn fest. Er wußte, daß sein letztes Stündlein geschlagen hatte.