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Zu spät bedauerte er, zurückgeblieben zu sein und zugelassen zu haben, daß er von den anderen getrennt wurde. Nun saß er in den unergründlichen Korridoren inmitten Paranors in der Falle. Mit den anderen mochte inzwischen alles mögliche geschehen sein, dachte er bedrückt, und er fand sie vielleicht nie bei dieser Wanderung im Labyrinth. Er huschte weiter um eine Biegung, die Muskeln angespannt, und starrte vorsichtig ins Licht.

Zu seiner Überraschung sah er sich am Eingang zu einer runden Kammer, in die auch noch eine Reihe anderer Gänge führte. An der Wand brannte ein gutes Dutzend Fackeln. Er atmete erleichtert auf, als er sah, daß die Rotunda leer war. Dann begriff er, daß sich seine Lage nicht verbessert hatte. Die anderen Gänge sahen genau so aus wie jener, durch den er hierhergekommen war.

Es gab keine Türen, die in andere Räume hätten führen können, keine Treppen nach oben, keinen Hinweis darauf, welchen Weg er nun einschlagen sollte. Er schaute sich verwirrt um, verzweifelt bemüht, einen Gang vom anderen zu unterscheiden, aber seine Hoffnung schwand mit jedem Augenblick mehr. Schließlich schüttelte er bedrückt den Kopf. Er trat an die Wand, setzte sich müde und schloß die Augen, während er sich die bittere Wahrheit eingestand, daß er sich hoffnungslos verirrt hatte.

Auf Allanons Befehl hin waren die anderen zur Treppe gestürzt. Durin und Dayel waren ihr am nächsten gewesen, und da sie am schnellsten laufen konnten, waren sie schon auf halbem Weg die Stufen hinaufgestürmt, bevor die anderen mit dem Aufstieg auch nur begonnen hatten. Ihre biegsamen Elfenglieder trugen sie in schnellen, leichten Sprüngen hinauf. Höndel, Menion und Balinor hetzten ihnen nach, ein wenig behindert durch ihre schweren Waffen und ihr größeres Gewicht. Teilweise störten sie sich auch gegenseitig, als sie sich bemühten, auf der engen Wendeltreppe nicht übereinander zu stolpern. Es war ein wilder, ungehemmter Sturm nach oben, und in der allgemeinen Hast wurde Flick nicht einmal vermißt.

Durin stürmte als erster durch den Eingang und stolperte beinahe in die große Halle, gefolgt von seinem Bruder. Die Halle war überaus eindrucksvoll, ein riesiger, hoher Raum, die Wände ganz aus Holz, poliert, bis sie im gemischten gelben Licht lodernder Fackeln und dem rötlichen Schimmer der durch hohe, schräge Fenster hereindringenden Morgendämmerung prachtvoll glänzten. Die Täfelung war geschmückt mit Gemälden, mit gemeißelten und geschnitzten Figuren aus Stein und Holz auf Mosaikpodesten, mit langen, handgewebten Gobelins, die in Falten auf den schimmernden Marmorboden herabhingen. In verschiedenen Abständen gab es große Statuen aus Eisen und edlem Stein, Skulpturen aus einem anderen Zeitalter, über die langen Jahrhunderte hinweg in dieser zeitlosen Heimstatt bewahrt.

Sie schienen die schweren, geschnitzten Holztüren zu bewachen, die auf herrliche Weise mit Klinken aus kupferfarbenem Messing geschmückt waren. Ein paar davon standen offen, und in den Räumen dahinter konnte man dieselbe bewußt gestaltete Pracht sehen, strahlend beleuchtet, als hohe, offene Glasfenster den Sonnenschein in mächtigen Fluten hereinließen, frisch vom neuen Tag.

Die Elfenbrüder hatten wenig Zeit, die zeitlose Schönheit Paranors zu bewundern. Augenblicke nachdem sie die Treppe heraufgekommen waren, wurden sie von Gnomen-Wachen angegriffen, die von überallher zu kommen schienen, knorrige, gelbe Leiber, aus Verstecken hinter Türen, Statuen, den Wänden selbst schlüpfend. Durin begegnete dem Ansturm mit seinem langen Jagdmesser, und Dayel kam seinem Bruder zu Hilfe, schwang den großen Bogen als Waffe, rammte die Angreifer und stieß sie um, bis das kräftige Eschenholz mit einem Knall zerbrach. Einen Augenblick lang schien es, als sollten die beiden zerfetzt werden, bevor ihre kräftigeren Kameraden ihnen zu Hilfe eilen konnten.

Durin aber befreite sich und riß einer Ritterrüstung eine lange, gefährlich aussehende Pike weg, um die Gnome mit weit ausholenden Schlägen von seinem Bruder abzuwehren. Doch sie bekamen rasch Verstärkung und sammelten sich. Die Elfenbrüder waren an die Wand zurückgewichen, keuchend vor Anstrengung, bedeckt von Wunden und dem Blut ihrer Gegner. Die Gnome drängten sich zu einer Gruppe zusammen, die tödlichen Kurzschwerter erhoben, entschlossen, an Durins hin- und herfegender Pike vorbeizustürmen und die beiden Elfen in Stücke zu zerhacken. Mit einem wilden, gellenden Schrei stürmten sie los.

Zu ihrem Schaden hatten die Gnome vergessen, auf die Treppe zu achten, für den Fall, daß die Elfen nicht allein sein mochten.

In dem Augenblick, als sie auf Durin und Dayel einstürmten, brachen die drei anderen Männer herein und stürzten sich auf die unvorbereiteten Angreifer. Die Gnome hatten dergleichen noch nicht erlebt. In der Mitte kam der große Prinz von Callahorn, dessen glänzendes Schwert mit solcher Heftigkeit eine Bahn durch die Gnome brach, daß sie übereinanderstürzten und ihr Heil in der Flucht suchten. Auf der einen Seite liefen sie dem niedersausenden Streitkolben des kampferfahrenen Zwerges entgegen, auf der anderen der schnellen Klinge des gewandten Hochländers.

Sie verharrten einen Augenblick und kämpften gegen die fünf Wahnsinnigen, dann schwankten sie kurz, verloren endlich den Mut und ergriffen endgültig die Flucht. Wortlos stürmten die fünf Krieger durch die Prachthalle, über die Verwundeten und Toten springend. Die wenigen Gnome, die noch standhielten, wurden rasch überwältigt und blieben in regungslosen, stillen Haufen übereinander liegen. Nach allem, was sie erlitten und verloren hatten, ließen die fünf Männer, die von der Gruppe noch übriggeblieben waren, sich den Sieg, den sie so verzweifelt gesucht hatten, nicht mehr nehmen.

Am Ende der Halle, die jetzt übersät war mit toten und verwundeten Gnomen, in der die Gobelins und Gemälde zerfetzt und zerschlissen waren, drängte sich ein letzter verzweifelter Trupp von Wachen vor hohen, geschnitzten Holztüren zusammen, die geschlossen und verriegelt waren. Die kurzen Jagdschwerter wie eine Mauer von Spießen erhoben, bereiteten die entschlossenen Gnome sich auf einen letzten Kampf vor. Die Angreifer unternahmen einen Ansturm auf die tödliche Mauer und versuchten, hinter den langen Schwertern Balinors und Menions durchzubrechen, aber die kampfgestählten Gnome schlugen den Angriff nach einigen Minuten bitteren Ringens ab.

Die fünf zogen sich erschöpft zurück, keuchend und schwitzend vor Anstrengung, lädiert und blutend. Durin sank schwerfällig auf ein Knie; ein Arm und ein Bein waren von Gnomenschwertern übel zugerichtet. Menion war an der Schläfe von einer Pike getroffen worden, und das Blut rann in einem breiten Streifen aus der Wunde. Der Hochländer schien die Verletzung nicht wahrzunehmen. Wieder griffen die fünf Männer an, erneut wurden sie nach hartem Kampf Mann gegen Mann abgeschlagen. Die Zahl der Gnome hatte sich fast um die Hälfte vermindert, aber die Zeit für die Männer lief ab. Von Allanon war nichts zu sehen, und die Gnome würden Verstärkung auf den Weg geschickt haben, um das Schwert von Shannara zu schützen, wenn es wirklich in der Kammer lag, die mit solcher Verzweiflung verteidigt wurde.

Dann stürmte Balinor plötzlich zur anderen Seite der Halle und riß eine hohe Steinsäule um, auf der eine metallene Urne befestigt war. Säule und Urne stürzten unter ohrenbetäubendem Krachen zu Boden, und das Echo hallte durch das Bauwerk. Der Stein hätte zersplittern müssen, aber die Säule blieb ganz. Mit Höndels Hilfe rollte Balinor den runden Rammbock zum Kampfkeil der Gnome und den verschlossenen Türen der Kammer dahinter. Die schwere Säule wurde mit jeder Umdrehung schneller und donnerte auf die hilflosen Wachen zu. Einen Augenblick lang zögerten die drahtigen, gelben Gestalten, die kurzen Schwerter in Bereitschaft, während die tonnenschwere Säule auf sie zurollte. Dann stoben sie auseinander. Trotzdem waren manche nicht schnell genug. Sie wurden erfaßt von der riesigen Walze, die in einem Regen von Stein- und Holzsplittern an die verschlossenen Türen krachte. Die Türen wankten und bogen sich unter dem Anstoß, das Holz knirschte, die Eisenbänder platzten, aber auf irgendeine Weise hielten die Türen dem Anprall doch noch stand. Einen Augenblick später jedoch sprangen sie auf, als das schwere Gewicht Balinors dagegenprallte, und die fünf Männer stürmten in den Raum, um das Schwert von Shannara an sich zu reißen.