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Menion dachte wieder an Shea und fragte sich, was seinem Freund zugestoßen sein mochte. Sie hatten alle getan, was ihnen möglich gewesen war, aber es hatte nicht einmal gereicht, um das Leben eines einzigen Menschen zu retten, und nun wußte niemand, was für ein Ende ihm zuteil geworden war, allein in der Wildnis der Ostland-Grenzebenen auf sich gestellt. Shea war verschwunden, wahrscheinlich tot. Allanon hatte geglaubt, sie würden zusammen mit dem Schwert auch Shea finden, aber das Schwert war verloren, und von dem vermißten Erben gab es kein Lebenszeichen. Nun war auch Allanon dahin, getötet im Feuerofen der Druidenfestung, seinem alten Zuhause - oder wenn nicht getötet, dann gefangen, in Ketten in irgendeinem Verlies, so, wie sie in diesem Raum gefangen waren. Sie würden verhungern müssen oder einem schlimmeren Schicksal entgegensehen, und alles war umsonst gewesen. Er lächelte grimmig, als er ihr Schicksal bedachte, und wünschte sich wenigstens eine Gelegenheit, dem wahren Feind gegenüberzutreten, einen einzigen Hieb gegen den allmächtigen Dämonen-Lord zu führen.

Plötzlich veranlaßte ein warnendes Zischen des immer wachsamen Dayel die anderen zu erstarren, die Blicke auf die riesige Tür gerichtet, angestrengt dem Geräusch leiser Schritte auf den Stufen davor lauschend. Menion legte die Hand auf das Schwert von Leah in der Lederscheide am Boden und zog es lautlos heraus.

Balinor hatte sein Breitschwert schon gezückt. Sie traten alle mit schnellen Schritten an die Tür und bildeten einen Halbkreis.

Selbst der verwundete Durin raffte sich schwankend auf und hinkte zu seinen Freunden. Die Schritte erreichten den Treppenabsatz und hörten auf. Einen Augenblick lang herrschte bedrohliches Schweigen.

Dann öffnete sich plötzlich die massive Steintür, schwerfällig nach innen schwingend, und die eisernen Angeln knarrten nur leise, als sie das ganze Gewicht des Steinblocks tragen mußten.

Aus der Dunkelheit tauchten die angstvollen Züge Flick Ohmsfords auf, der mit gehetztem Blick seine gefangenen Freunde bereit zum Angriff sah. Der kleine Talbewohner trat zögernd ins trübe Licht des Turms, zum Teil überschattet von der hochgewachsenen schwarzen Gestalt hinter sich.

Es war Allanon.

Sie starrten ihn wortlos an. Schweißüberströmt, ein paar Schichten Asche und Ruß auf seiner Kleidung, trat er lautlos in ihre Mitte, eine Hand auf Flicks schmaler Schulter. Er lächelte über ihre Reaktion.

»Mir fehlt nichts«, sagte er.

Flick schüttelte immer noch ungläubig den Kopf darüber, daß Allanon ihn gefunden hatte.

»Ich habe ihn stürzen sehen«, erzählte er den anderen.

»Flick, mir fehlt nichts.« Allanon klopfte dem kleinen Talbewohner auf die Schulter.

Balinor trat einen Schritt näher, wie um sich zu vergewissern, daß das wirklich Allanon sei und nicht irgendeine unheimliche Erscheinung.

»Wir dachten, Ihr seid... verloren«, stieß er hervor.

Auf dem hageren Gesicht Allanons erschien das vertraute spöttische Grinsen.

»Das liegt nicht zuletzt an unserem jungen Freund hier. Er sah mich zusammen mit dem Schädelträger in die Grube stürzen und hielt mich für tot. Was er nicht wußte, ist, daß der Feuerofen eine Reihe von Eisensprossen besitzt, auf denen Arbeiter hinabsteigen und Defekte beheben können. Da Paranor jahrhundertelang das Heim der Druiden war, wußte ich von den Sprossen. Als ich spürte, wie das böse Wesen mich über das Geländer zog, griff ich danach und fing mich knapp unter dem Grubenrand ab. Flick konnte davon natürlich nichts sehen, und das Brüllen der Flammen übertönte meine Stimme, als ich ihn rief.« Er wischte sich Schmutz von der Kleidung. »Flick hatte das Glück, aus der Kammer zu entkommen, verirrte sich dann aber im Tunnellabyrinth. Durch den Kampf mit dem Schädelträger war ich geschwächt, so daß ich geraume Zeit brauchte, um mich hochzuziehen, auch wenn ich vor dem Feuer einen besonderen Schutz genieße. Ich machte mich auf die Suche nach Flick, der sich in den unterirdischen Gängen nicht zurechtfand, traf ihn endlich und erschreckte ihn halb zu Tode, als ich ihn ans Licht zog. Dann gingen wir euch nach. Aber jetzt müssen wir hier verschwinden und zwar schnell.«

»Das Schwert...?« sagte Höndel scharf.

»Fort - vor einiger Zeit weggebracht. Wir können später darüber sprechen. Es ist gefährlich für uns, noch länger hierzubleiben.

Die Gnome werden Verstärkung schicken, um Paranor zu halten, und der Dämonen-Lord wird andere von seinen geflügelten Dienern entsenden, um dafür zu sorgen, daß ihr ihm keine Schwierigkeiten mehr bereitet. Da das Schwert von Shannara noch immer in seinem Besitz ist und er euch in der Druidenfestung eingesperrt glaubt, wird er seine Aufmerksamkeit rasch den Plänen für eine Invasion der vier Länder zuwenden. Wenn er Callahorn und die Grenzländer schnell erobern kann, wird der Rest des Südlandes ohne Mühe seine Beute werden.«

»Dann kommen wir zu spät - wir haben verloren!« entfuhr es Menion.

Allanon schüttelte mit Nachdruck den Kopf.

»Wir sind nur ausmanövriert worden, nicht besiegt, Prinz von Leah. Der Dämonen-Lord sonnt sich in dem Glauben, er habe gesiegt, wir seien vernichtet und keine Bedrohung mehr für ihn.

Vielleicht können wir das gegen ihn nützen. Wir dürfen nicht verzweifeln. Kommt jetzt!« Er führte sie schnell hinaus, und einen Augenblick später lag die Turmkammer verlassen da.

18

Der kleine Trupp von Gnomen führte Shea bis zum Sonnenuntergang nach Norden. Der Talbewohner war erschöpft, als der Marsch begann, und als man endlich für die Nacht anhielt, brach er auf der Stelle zusammen und schlief, bevor die Gnome damit fertig waren, seine Füße zu fesseln. Der lange Marsch führte sie von den Ufern des unbekannten Flusses nach Norden in das Hügelland westlich des oberen Anar-Waldes an der Grenze zum Nordland. Das Fortkommen wurde immer schwieriger, als aus dem flachen Grasland der Rabb-Ebenen rauhe, steile Hügel wurden. Nach einiger Zeit mußte man mehr klettern als gehen, und einige allzu steile Anhöhen erforderten Umwege. Es war eine herrliche Landschaft, weite Wiesen, dazwischen kleine Wälder aus alten Bäumen mit breiten Kronen, deren Äste sich graziös im leichten Frühlingswind wiegten. Aber die Schönheit verschloß sich Shea, der sich nur darauf zu konzentrieren vermochte, einen Fuß vor den anderen zu setzen, angetrieben von seinen gnadenlosen Gegnern. Bei Einbruch der Nacht war die Gruppe tief im Hügelgebiet, und wenn Shea eine Landkarte hätte zu Rate ziehen können, wäre er dahintergekommen, daß sie genau östlich von Paranor ihr Lager aufschlugen. Aber der Schlaf übermannte ihn so schnell, daß er sich nur noch erinnern konnte, erschöpft ins Gras gesunken zu sein, bevor alles dunkel wurde.

Die Gnomen legten ihm Fesseln an und entzündeten dann ein Feuer für ihr bescheidenes Mahl. Ein Gnom mußte Wache halten, hauptsächlich nur aus Gewohnheit, da sie kaum glaubten, so tief in ihrer Heimat etwas befürchten zu müssen, und ein zweiter hatte auf den schlafenden Gefangenen zu achten. Der Gnomenanführer wußte immer noch nicht, wer Shea war, und auch die Bedeutung der Elfensteine entging ihm, wenngleich er intelligent genug war, zu dem Schluß zu kommen, daß sie von Wert sein mußten. Er hatte vor, den Gefangenen nach Paranor zu bringen und mit seinen Oberen über das Schicksal des jungen Mannes und der Steine zu sprechen. Vielleicht verstanden sie etwas von diesen Dingen.