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«Ich muss an die Arbeit gehen. Es wird schwer sein, die Leute zum Reden zu bringen. Auch noch bei diesem Thema – Aberglauben. Aber es ist ganz erstaunlich, wie tief das alles noch sitzt. Es gibt da ein Dorf in Devonshire, wo der Pfarrer ein paar alte Granitblöcke entfernen musste, die vor der Kirche standen, weil die Leute darauf bestanden, bei jedem Todesfall nach einem alten Ritual um sie herumzumarschieren! Ganz merkwürdig, wie sich diese alten heidnischen Rituale erhalten.»

«Da können Sie schon recht haben», meinte Lord Whitfield. «Bildung, das ist es, was die Leute brauchen. Habe ich Ihnen schon erzählt, dass ich eine Bibliothek gegründet habe? Eine der schönsten Bibliotheken – »

Wieder drohte die Konversation in Richtung von Lord Whitfield abzudriften.

«Wunderbar», sagte Luke herzlich. «Gute Sache. Sie sind sich offenbar klar über den Hintergrund von Unwissenheit. Natürlich, von meinem Standpunkt aus brauche ich gerade das Altweibergeschwätz. Andeutungen von alten Ritualen wie zum Beispiel – »

Und dann folgte beinahe wörtlich eine Seite aus einem Werk, das Luke eigens für diesen Zweck konsultiert hatte. «Todesfälle bieten das beste Material», schloss er. «Begräbnisbräuche erhalten sich immer länger als alle anderen. Außerdem reden aus irgendeinem Grund Leute vom Dorf immer gern über Todesfälle.»

«Sie lieben Begräbnisse», stimmte Bridget vom Fenster her zu.

«Ich dachte, ich sollte das zu meinem Ausgangspunkt machen», fuhr Luke fort. «Wenn ich eine Liste der jüngsten Todesfälle in der Gemeinde hätte, zu den Verwandten ginge, mit ihnen ins Reden käme, zweifle ich nicht, dass ich bald irgendeine brauchbare Information kriege. Von wem könnte ich die Daten haben – vom Pfarrer?»

«Mr Wake würde sich sicher sehr dafür interessieren», meinte Bridget. «Er ist ein lieber Mensch und ein wenig Altertumsforscher. Er könnte Ihnen eine Menge sagen, glaube ich.»

Luke wurde es etwas bänglich, er hoffte nur, dass der Geistliche fachlich nicht so bewandert war, dass er ihn bloßstellen würde.

Laut sagte er:

«Gut. Sie wissen wohl nicht von Leuten, die im letzten Jahr gestorben sind und bei deren Familie eine Nachfrage lohnte?»

Bridget murmelte:

«Mal sehen! Also da war Carter, der Wirt von den ‹Sieben Sternen›, das schäbige kleine Wirtshaus unten am Fluss.»

«Ein besoffener Rohling», warf Whitfield ein.

«Dann Mrs Rose, die Wäscherin», fuhr Bridget fort. «Und der kleine Tommy Pierce – das war ein garstiger kleiner Junge, muss man sagen. Ah, und natürlich diese Amy – wie hieß sie nur gleich weiter?»

Ihre Stimme änderte sich eine Nuance, als sie den Namen aussprach.

«Amy?» wiederholte Luke.

«Amy Gibbs. Sie war hier Hausmädchen, dann ging sie zu Miss Waynflete. Bei ihr wurde eine gerichtliche Untersuchung angeordnet.»

«Warum?»

«Das ungeschickte Mädel verwechselte im Dunkeln ein paar Flaschen», erklärte Lord Whitfield.

«Sie glaubte, ein Hustenmittel zu nehmen, und dabei war es ein Hutfärbemittel», ergänzte Bridget.

Luke hob die Augenbrauen.

«Eigentlich eine Tragödie.»

Bridget sagte: «Es wurde darüber geredet, dass sie es absichtlich getan habe, wegen einem Krach mit einem jungen Mann.»

Sie sprach langsam – fast widerstrebend.

Eine Pause entstand. Luke fühlte instinktiv, wie etwas Unausgesprochenes in der Luft lag.

Er dachte:

Amy Gibbs? Ja, das war einer der Namen, die die alte Miss Pinkerton erwähnte.

Sie hatte auch einen kleinen Jungen genannt – irgendeinen Tommy –, von dem sie eine ziemlich schlechte Meinung hatte (die offenbar von Bridget geteilt wurde!). Und – ja, er war beinahe sicher, der Name Carter war auch gefallen.

Er erhob sich und sagte leichthin:

«Mir wird ja ganz unheimlich – als ob ich mich nur mit Kirchhöfen befasste! Hochzeitsbräuche sind auch interessant – aber schwieriger, auf unbefangene Weise zur Sprache zu bringen…»

«Das finde ich auch», sagte Bridget mit einem leichten Zucken der Lippen.

«Der böse Blick ist ebenfalls ein sehr interessantes Thema», fuhr Luke fort und gab sich alle Mühe, begeistert zu erscheinen. «Davon hört man auch oft in diesen weltabgeschiedenen Orten. Wissen Sie von irgendeinem Gerede dieser Art hier?»

Whitfield schüttelte den Kopf. Bridget sagte:

«Zu uns würde man kaum über solche Dinge sprechen –.»

Luke ließ sie kaum ausreden.

«Zweifellos muss ich mich da in andere soziale Kreise begeben, wenn ich etwas Brauchbares hören will. Ich gehe jetzt zur Pfarrei und will sehen, was ich dort erfahren kann. Nachher vielleicht ein Besuch in den – ‹Sieben Sternen›, so sagten Sie doch? Und wie ist’s mit dem kleinen Jungen von unangenehmem Wesen? Hinterließ er trauernde Verwandte?»

«Mrs Pierce hat einen Tabak- und Schreibwarenladen in der Hauptstraße.»

«Das ist ja großartig», sagte Luke. «Na, dann will ich mich mal auf den Weg machen.»

«Ich komme mit», sagte Bridget, «wenn es Ihnen recht ist.»

«Natürlich ist es mir recht.»

Er sagte es so herzlich wie möglich, fragte sich jedoch, ob sie wohl bemerkt hatte, dass er einen Augenblick gestutzt hatte. Er hätte es mit einem ältlichen geistlichen Herrn allein leichter gehabt – ohne die wache Beobachtungsgabe dieser jungen Dame.

Na ja, dachte er. Es kommt eben alles darauf an, dass ich überzeugend bin.

Bridget sagte:

«Würden Sie wohl einen Augenblick warten, Luke, ich muss mir nur rasch andere Schuhe anziehen?»

Luke – sein Vorname, so leicht ausgesprochen, verursachte ein seltsam warmes Gefühl in ihm. Doch wie hätte sie ihn sonst nennen sollen? Nachdem sie auf Jimmys Vorschlag, ihn als Vetter zu betrachten, eingegangen war, konnte sie ihn kaum Mr Fitzwilliam nennen. Er dachte plötzlich beunruhigt: Was sie wohl von der ganzen Sache hält?

«Ich bin fertig.»

Sie war so leise wieder ins Zimmer getreten, dass er sie gar nicht bemerkt hatte.

Sie sagte lächelnd:

«Sie brauchen mich, um den Weg zu finden.»

«Das ist sehr freundlich von Ihnen.»

Nach fünf Minuten kamen sie zur Kirche und dem danebenliegenden Pfarrhaus. Sie trafen den Pfarrer in seinem Studierzimmer.

Alfred Wake war ein kleiner, gebückter alter Mann mit sehr milden blauen Augen und von etwas zerstreutem, aber höflichem Wesen. Er schien erfreut, aber auch ein wenig überrascht über den Besuch.

«Mr Fitzwilliam wohnt bei uns in Ashe Manor», sagte Bridget, «und möchte Sie zu Rate ziehen im Hinblick auf ein Buch, das er schreibt.»

Mr Wake wandte ihm fragend seinen sanften Blick zu, und Luke stürzte sich in Erklärungen.

Er war nervös – aus doppelten Gründen. Erstens weil dieser Mann zweifellos viel größere Kenntnisse über Volkssagen und abergläubische Gebräuche hatte, als man so auf die Schnelle erwerben konnte. Und zweitens war er nervös, weil Bridget Conway daneben stand und zuhörte.

Es erleichterte ihn, zu erfahren, dass Mr Wakes besonderes Interesse römischen Ruinen galt; der Pfarrer gestand, dass er sehr wenig über mittelalterliche Volkssagen und Hexenaberglauben wusste. Er erwähnte das Vorhandensein verschiedener Erzählungen in der Geschichte von Wychwood, erbot sich, Luke jene Stelle auf dem Bergesrücken zu zeigen, wo der Hexensabbat stattgefunden haben sollte, bedauerte jedoch, ihm nicht mit besonderen Mitteilungen dienen zu können.

Luke erklärte sich etwas enttäuscht und begann dann, sich nach abergläubischen Vorstellungen im Zusammenhang mit Tod und Begräbnis zu erkundigen.

Mr Wake schüttelte sanft den Kopf.

«Ich glaube, ich wäre der letzte, von so etwas zu erfahren. Meine Gemeinde würde sich hüten, mir Derartiges zu Ohren kommen zu lassen.»

«Ja, natürlich.»

«Ich bezweifle jedoch nicht, dass es noch eine Menge Aberglauben gibt; diese dörflichen Gemeinden sind sehr rückständig.»